Eine Frage der Organisation
Die Gründung des in Ratingen bei Düsseldorf ansässigen Unternehmens geht auf das Jahr 1995 zurück. Nach einer anfänglichen Ausrichtung auf Call Center-Lösungen konzipiert und vermarktet InVision seit 2005 Software-Anwendungen zur effektiven Personaleinsatzplanung in verschiedenen Unternehmensbereichen. Die über 120 Mitarbeiter entwickeln und vertreiben branchenübergreifende Workforce Management (WFM)-Applikationen, die auf komplexen mathematische Algorithmen basieren. InVision deckt die gesamte WFM-Wertschöpfungskette ab – von der Bedarfsermittlung bis hin zur finalen Analyse und Steuerung. Mit Hilfe der Software können Unternehmen unter Berücksichtigung zahlreicher Nebenbedingungen wie tariflich geregelter Arbeitszeiten, Mitarbeiterpräferenzen, Qualifikationsanforderungen und Budgetrestriktionen ihren Personaleinsatzplan bestimmen lassen. Im Unterschied zur manuellen Planung bietet die Software eine Optimierung auf Knopfdruck, wobei insbesondere Phasen der Über- bzw. Unterdeckung reduziert werden. Nach Angaben von InVision amortisiert sich die Investition für den Kunden bereits innerhalb von sechs bis zwölf Monaten, da dieser Produktivitäts- und Zufriedenheitszuwächse unter den Mitarbeitern sowie eine höhere Effizienz im Personaleinsatz gegenüberstehen.

Strategische Positionierung
Typisch für einen Softwareanbieter gliedern sich InVisions Erlöse auf die drei Segmente Lizenzen, Wartung und Dienstleistungen auf. Mit einem Anteil am Gesamtumsatz von 57 % dominierte 2006 das Lizenzgeschäft, d.h. der eigentliche Verkauf der Software, die Einnahmeseite. Der Preis für den Kunden bemisst sich nach dem Umfang des gewählten Softwarepakets, den Funktionalitäten und der Zahl der Nutzer. Das Wartungsgeschäft beinhaltet u.a. Softwareupdates und sichert InVision planbare, jährlich wiederkehrende Erlöse in Höhe von durchschnittlich 15 % der ursprünglichen Lizenzsumme. Zu den Dienstleistungen zählen kundenspezifische Anpassungen der Software, die teilweise auch von Partnern erbracht werden. Da mit steigender Mitarbeiterzahl und Komplexität der Geschäftsaktivitäten der Bedarf an WFM-Anwendungen zunimmt, ist es naheliegend, dass sich vorrangig Großkonzerne wie die Deutsche Telekom, Vodafone, BMW und Adidas auf der Kundenliste der Rheinländer wiederfinden. Historisch bedingt nutzen knapp 70 % von InVisions Kunden WFM-Software für ihre Call Center-Aktivitäten, der Rest teilt sich auf die Bereiche Logistik und Backoffice auf. Vorstandschef Peter Bollenbeck beabsichtigt, gerade in diesen zwei Bereichen den Vertrieb zu stärken. Zudem sollen neue Anwendungsgebiete wie die Produktion und der Außendienst erschlossen werden.

Wachstum beschleunigt sich
Ausgehend von einem sich dynamisch entwickelnden Markt für WFM-Software ist es InVision zuletzt erneut gelungen, schneller als der Gesamtmarkt zu wachsen. Eine Unterbrechung von dieser Regel stellte bislang nur das Jahr 2005 dar, in dem der Umsatz auf Vorjahresniveau stagnierte und ein Verlust von 1,3 Mio. Euro anfiel. Hierfür war eine Umstrukturierung im Vertrieb und eine Ausweitung des Geschäftsmodells – weg von einem reinen Call Center-WFM-Angebot hin zu unternehmensweit einsetzbaren WFM-Lösungen – verantwortlich. 2006 zeigten sich erste Früchte dieser Maßnahmen. So fiel der Anstieg bei den margenstarken Lizenzerlösen mit über 100 % besonders kräftig aus. Darüber hinaus erreichte die EBIT-Marge den auch im Software-Bereich sehr akzeptablen Wert von 18,2 %. Im laufenden Jahr sollte sich die Profitabilität in folge stark steigender Umsätze weiter in Richtung 25 % erhöhen. Der von 1,0 auf 0,1 Mio. Euro deutlich reduzierte Fehlbetrag im traditionell defizitären ersten Quartal ist dafür ein erster wichtiger Beleg. Angesichts des hohen Lizenzanteils erscheinen mittelfristig sogar Margen von bis zu 30 % realisierbar.

InVision – Geschäfts- und Kennzahlen

2005

2006

2007e

2008e

Umsatz*

6,4

10,7

17,1

25,5

Nettoerg.*

-1,3

1,4

3,0

4,8

EpS

-0,58

0,63

1,34

2,15

KGV max.**

-65,3

60,6

28,3

17,7

*) in Mio., sämtliche Angaben in Euro; Quelle: Eigene Schätzungen, Going Public Research
**) auf Basis der Preisspanne


Börsengang und Mittelverwendung
Das vom 13. bis zum 14. Juni laufende öffentliche Angebot umfasst bis zu 1,077 Mio. Aktien, die zu zwei Drittel aus einer Kapitalerhöhung und zu einem Drittel aus dem Besitz der InVision Holding GmbH stammen, an der die drei Gründer Peter Bollenbeck, Matthias Schroer und Armand Zohari zu jeweils 1/3 beteiligt sind. Diese würden auch nach einer möglichen Ausübung der Mehrzuteilungsoption mit 51 % die Mehrheit an der Gesellschaft halten. Die Preisspanne wurde auf 32 bis 38 Euro festgelegt, womit die gesamte Emission ein Volumen von bis zu 40,9 Mio. Euro aufweist. Neben dem Ausbau des Vertriebs und der Kapazitäten in der Beratung sollen die eingenommenen Gelder in die technische Weiterentwicklung der Produkte und die Internationalisierung des Geschäfts fließen. Bislang ist das Unternehmen in zehn europäischen Ländern, den USA und Südafrika vertreten. Auch kleinere Akquisitionen von lokalen Wettbewerbern oder Vertriebspartner erscheinen denkbar.

Bewertung
Am oberen Ende der Spanne wird dem Unternehmen eine Marktbewertung von 85 Mio. Euro zugebilligt. Auf Basis unserer 2007er Prognosen würde das Papier bei 38 Euro mit einem KGV von 28 und einem KUV von 5 gehandelt. In 2008 würden sich die entsprechenden Kennzahlen aufgrund des starken Wachstums auf 17,7 (im KGV) und 3,3 (im KUV) ermäßigen. Im Vergleich zu anderen spezialisierten Software-Anbietern mit hohen Lizenzanteilen wie SAF und utimaco – beide Aktien weisen für 2008 Gewinnmultiples von ca. 17 auf – lässt sich kein IPO-Abschlag erkennen.

Fazit
Der 2005 vollzogene Strategiewechsel scheint sich nunmehr dank der im Software-Bereich typischen Skaleneffekte über stark steigende Umsätze und Ergebnisse zu amortisieren. Das erfahrene Management kann dabei nicht nur auf die Dynamik der Zahlen, sondern auch auf die technologische Reife der eigenen Produkte verweisen, wodurch sich InVision im wachstumsstarken WFM-Markt von seiner Peer Group abgrenzt. Aufgrund der ambitionierten Bewertung und des nach wie vor kritischen Umfelds für Small- und MidCap-IPOs raten wir zu einer Zeichnung allenfalls am unteren Ende der Preisspanne.

Marcus Wessel

InVision – Emissionsparameter
WKN

585 969

Erstnotiz

18. Juni

Zeichnungsfrist

13. bis 14. Juni

Bookbuildingspanne

 32 bis 38 Euro

MarketCap

71,5 bis 84,9 Mio. Euro

Marktsegment

Geregelter Markt (Prime Standard)

Emissionsprospekt

ja

Emissionsvolumen

0,715 Mio. Aktien aus KE, 0,22 Mio. von Altaktionären

zzgl. 0,14 Mio. Aktien Greenshoe von Altaktionären

Emissionsvolumen 34,4 bis 40,9 Mio. Euro

Konsortium

WestLB (Lead), M.M. Warburg (CO-Lead)

Free Float

48,1 %

Internet

www.invision.de

Autor/Autorin