Auch der Münchner Waferhersteller Siltronic hat seinen für Freitag geplanten Börsengang auf unbestimmt verschoben. Man wolle erst eine Beruhigung der Finanzmärkte abwarten. Man halte jedoch an seinen Börsenplänen fest, so Unternehmenschef Wilhelm Sittenthaler in einer Presseerklärung. In den letzten Handelstagen hat der TecDax rund 10 % nachgegeben, was insbesondere technologieorientierte Investoren zur Zurückhaltung getrieben hätte. Dieser Aussage widerspricht allerdings, daß das Unternehmen bei Investoren auf „großes Interesse gestoßen“ sei, wie Siltronic gleichfalls bekannt gab.

Wie auch immer, der Vorgang ist bezeichnend. Von April 2003 an stiegen die Kurse fast ununterbrochen 11 Monate am Stück. Mit ewig langer Verzögerung trauten sich dann auch deutsche Unternehmen endlich, Börsenpläne anzukündigen, während andernorts – Asien und Nordamerika – das IPO-Geschäft schon seit Sommer 2003 wieder brummt. Das Land der Dichter und Denker grübelt manchmal einfach zu lange.

Bei X-FAB stimmte reichlich wenig, von der IPO-Pressekonferenz bis zur Emissionsbewertung. Bei Siltronic blieb die problematische Branchenzugehörigkeit ein Malus und ebenfalls die Emissionsbewertung. Man kann potentiellen Anlegern kaum verübeln, daß ein Kurs-Umsatz-Verhältnis von fast 2 einen Bewertungsdiscount vermissen läßt. Der Verweis auf bereits börsennotierte Unternehmen aus dem Halbleitersektor ist obsolet, da sich diese größtenteils einmal mehr in einer Überschwangphase befinden. Der Ratschlag, auch von GoingPublic, wenn überhaupt, Siltronic dann nur am unteren Ende der Bookbuilding-Spanne zu zeichnen und die Termine mit dem Zusatz „voraussichtlich“ zu versehen, entbehrte also nicht einer gewissen Vorahnung.

Also doch, wie letzte Woche an dieser Stelle gemutmaßt: Nicht ein High Tech-Unternehmen, sondern eines aus einer konservativen, defensiven Branche wird den IPO-Auftakt machen. Zur Auswahl stehen unter anderem die Postbank (die just heute nochmals ihre Pläne demonstrativ bekräftigte), Hapag-Lloyd, MIFA oder Auto Teile Unger. Nach den beiden Fehlzündungen bleibt zu hoffen, daß der deutsche IPO-Markt nicht auf ewig in seiner seit Ende 2002 verfallenen Paralyse verharrt. Auf jeden Fall aber müssen Börsenkandidaten und ihre Entourage die Bedeutung des Begriffs „Bewertungsdiscount“ verstehen lernen – besser zumindest als X-FAB und Siltronic.

Die GoingPublic Kolumne erscheint wöchentlich in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

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