Vertrauen ist essenziell, in jeder Lebenslage, ganz gleich ob im Privaten oder Beruflichen. Vertrauen ist eine weiche Währung. Dies gilt auch und gerade im Dialog mit dem Kapitalmarkt. Vertrauen in ein Unternehmen, in sein Management und die Produkte spielen für Institutionelle Investoren ebenso eine Rolle, wie Strategie und Innovationsfähigkeit. Dies zeigt auch das Edelman Trust Barometer, Special Report Institutional Investors 2019. Von Alexander Schmidt

Die Welt ist komplexer geworden und alte Gewissheiten scheinen sich aufzulösen – auf jeden Fall hat sich die geopolitische Großwetterlage massiv verändert. Das schlägt sich auch bei den Anlagestrategien nieder: 95% der befragten deutschen Investoren und Analysten bejahen, dass die sich ändernden politischen Rahmenbedingungen ihre Strategie beeinflussen; weltweit sind es immerhin 88%. Dabei sind es vor allem die Handelsspannungen, die als Risiko betrachtet werden: weltweit von 89%, in Deutschland wiederum 95%. Zu denken geben sollte den Unternehmen in diesem Kontext allerdings, dass mehr als jeder neunte deutsche Investor ihnen bescheinigt, dass sie sich der Risiken für ihr Geschäft nicht voll bewusst sind.

ESG – gewinnt zunehmend an Bedeutung

Der ESG-Komplex, wobei ESG für Environment, Social und Governance steht, gewinnt weiter an Bedeutung. So sagen 95% der deutschen und immerhin 89% der Investoren weltweit, dass sie ihr Abstimmungs- oder Anlageverhalten auf Basis möglicher Risiken in diesem Bereich verändert haben. Diese Veränderung hat in Deutschland bei 59%, weltweit sogar bei 63%, der Befragten innerhalb der letzten zwölf Monate stattgefunden. Hierbei sei ein kurzer Exkurs in Richtung USA erlaubt, wo die folgenden Statements den Trend bestätigen, der sowohl hierzulande als auch im Rest der Welt zu sehen ist.

Am häufigsten wurde der Aussage zugestimmt, dass die langfristige Wertentwicklung sowohl von der finanziellen Performance als auch von der Berücksichtigung und Einhaltung der ESG-Kriterien bestimmt wird. Darüber hinaus sind Firmen durchaus bereit, eine Anlage länger im Portfolio zu halten, wenn es sich dabei um ein nachhaltiges oder Impact Investment handelt.

Aktivistische Investoren können zu Partnern werden

Die Zahlen sprechen für sich, in Europa gab es 2018 laut Lazard Shareholder Activism Report 58 Kampagnen. Dies bedeutet gegenüber den Vorjahren einen weiteren Anstieg, 2017 waren es 52 und 2016 sogar nur 43, das heißt Unternehmen müssen damit rechnen, dass sie Ziel einer solchen Kampagne werden. Und doch merken in Deutschland 89% der befragten Institutionellen Investoren an, börsennotierte Gesellschaften seien nicht vorbereitet. Und die hiesigen Adressen sind auch zunehmend bereit, aktivistische Anleger zu unterstützen, wenn sie der Meinung sind, ein Wechsel in der Geschäftsstrategie oder in anderen Bereichen wie Governance sei notwendig und sinnvoll. Doch geht das Engagement der traditionellen Häuser weit darüber hinaus. Mehr als 96% gaben an, sie würden einen aktiveren Ansatz im Dialog mit ihren potenziellen Portfoliounternehmen verfolgen. Und dabei greifen sie zunehmend auf die Instrumente Aktivistischer Fonds zurück und verfolgen ähnliche Taktiken: Reden auf der Hauptversammlung, Stimmen gegen Vorschläge und häufiger sowie falls notwendig öffentlicher Dialog. Die Zeiten, in denen Kritik nur in Einzelgesprächen geäußert wurde, scheinen endgültig vorbei.

Investmentkriterien entwickeln sich weiter

97%  der deutschen „Long-only“-Investoren möchten, dass seitens der Unternehmen bei der Guidance noch stärker auf qualitative und zukunftsorientierte Angaben gesetzt wird. Dies sei essenziell bei der Bewertung eines aktuellen Investments oder für künftiges Engagement. Und immerhin 72%  geben an, dass Vertrauen, in das Unternehmen ebenso wie sein Management, einen wesentlichen Einfluss darauf hat, ob sie die Gesellschaft zum Kauf empfehlen oder selbst investieren. Weiterhin gewinnt ein nur schwer quantifizierbarer Faktor Bedeutung für Investmententscheidungen: die Unternehmenskultur. 68%, global 65%, der Befragten geben an, dass eine gesunde Unternehmenskultur wesentlich sei, ob sie einer Firma vertrauten. Dabei sind ebenso 68% in Deutschland der Meinung, dass ein Verhaltenskodex („Code of Conduct“) zur Steigerung des Vertrauens beiträgt.

Ein weiterer wesentlicher Faktor, sowohl hinsichtlich des Vertrauens in ein Unternehmen als auch bei der Investmententscheidung, ist Innovation: Für 95 Prozent ist sie wichtig, für 62% sogar sehr wichtig, wenn es um das Vertrauen geht, welches sie in ein potenzielles Investitionsziel haben. Ähnlich sind die Werte, wenn es um die Bedeutung von Forschung & Entwicklung, also Innovation, bei der eigentlichen Anlageentscheidung geht: 93%  sagen dies sei wichtig, 57% sagen sogar sehr wichtig.

Perfomance allein reicht nicht mehr

Die Ergebnisse der Studie zeigen ganz klar, dass gute Geschäftsergebnisse allein heute nicht mehr genügen. Dennoch bleiben sie eine notwendige Voraussetzung, damit Institutionelle Anleger Vertrauen in ein Unternehmen haben und investieren. Aus einer eher eindimensionalen Betrachtungsweise hinsichtlich einer Investmententscheidung wird eine mehrdimensionale, die beispielsweise auch den gesellschaftlichen Beitrag eines Unternehmens einbezieht. Dieser Trend dürfte sich in den kommenden Jahren noch verstärken.

 

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Autor/Autorin

Alexander Schmidt

Alexander Schmidt ist Head of Capital Markets Communications bei Edelman in Frankfurt.