Plischke-Abb-1Schätzungen des Statistischen Bundesamtes zufolge werden bei geringerer Gesamtbevölkerung im Jahr 2050 etwa 50% der Menschen in der Bundesrepublik Deutschland älter als 48 Jahre sein und die Lebenserwartung wird auf 90 Jahre im Mittel ansteigen. Der demografische Wandel ist im Gegensatz zur Wettervorhersage absolut berechenbar, das soll heißen, die Demografen wussten schon im letzten Jahrtausend, dass z.B. 2011 die Zahl der Neuzugänge am Arbeitsmarkt geringer sein würde als die Zahl der Abgänge aus dem Arbeitsmarkt. Das ist 2011 auch so eingetreten.

Wir wissen, dass unsere Gesellschaft zukünftig wesentlich weniger junge Menschen in Arbeit haben wird und für die älteren Mitbürger mehr Versorgungsleistungen zu erbringen sind. Zukünftig müssen deshalb neben der Sicherstellung der Versorgung alle sozialen und wirtschaftlichen Entscheidungen an die Erfordernisse des demografischen Wandels angepasst werden.

Der Erhalt von sozialer Einbettung in eine sich wandelnde technisierte Gesellschaft ist dabei besonders wichtig. Deutschland ist ein Standort, der viel seiner Wertschöpfung durch die Entwicklung und weltweite Vermarktung von Hochtechnologie erreicht, dies muss auch mit weniger zur Verfügung stehenden jüngeren Menschen erhalten werden. Betroffen von den ersten ernsten Auswirkungen des demografischen Wandels sind die heute 50-Jährigen. Diese sind zwar heute sehr oft die Entscheider in unserer Wirtschaft, doch an das eigene Leben im Alter denken noch wenige. Selbst ist man ja nicht alt! Alt per Definition von vielen Menschen sind diejenigen, die 15 Jahre älter sind als man selbst.

Ressourcen effizient nutzen

Wenn die Ressourcen knapper werden, sollte man anfangen, die vorhandenen besser zu nutzen und neue zu gewinnen. Jetzt ist es notwendig, aktiv und entschlossen für den Erhalt der Innovationsfähigkeit zu investieren. Das heißt: die jungen Menschen wesentlich besser durch die Ausbildungszeiten Kindergarten, Schule, Berufsbildung, Hochschule, Weiterbildung zu geleiten. Sitzenbleiber oder junge Menschen, die in Deutschland zu wenig qualifiziert für einen Beruf sind – wie so oft noch von Betrieben beklagt wird –, darf es zukünftig nicht mehr geben. Neben den Jungen ist das wirtschaftliche Potenzial der Älteren zu berücksichtigen. Nach der Berentung/Pensionierung haben wir Deutsche heute oft noch eine Zeitspanne von zehn Jahren in bester Gesundheit und geistiger Fitness, bei gleichzeitig meist gesicherter Existenz. Viele Menschen hätten Ressourcen, um sie in der Gesellschaft einzubringen. Diese brach liegenden Schätze gilt es besser zu nutzen.

Die Vision

„Innovationsquelle Alter“ ist die Vision, die Stärken der europäischen Wirtschaft mit den Herausforderungen des demografischen Wandels zu verknüpfen und die dadurch entstehenden Entwicklungspotenziale zu nutzen. Ziel im technischen Bereich sollte es sein, Deutschland und Europa als Weltmarktführer im Einsatz und Export von Technologien zu etablieren, die es ermöglichen, ein möglichst langes, qualitativ hochwertiges und selbstständig organisiertes Leben in sozialer Einbettung zu führen. Innovationsbereiche sind alle notwendigen Felder, die für den Erhalt der Lebensqualität im Alter bedeutsam sind. Konkret betrifft das:

  • die (altersgerechte) Gestaltung und Entwicklung moderner Kommunikations- und Informationstechnologie,
  • die demografiegerechte Infrastrukturentwicklung,
  • den Erhalt von (Auto-)Mobilität,
  • die Entwicklung und Bereitstellung effektiver Therapien und medizinisch-technischer Geräte,
  • Konzepte zur Förderung des Verständnisses zwischen den Generationen,
  • die generationengerechte Personalentwicklung in Betrieben,
  • die Etablierung und Validierung neuer Wohnformen.

In Europa wurde 2007 die Forschungsförderung für ambiente Unterstützungstechnologien im Wohnumfeld (Ambient Assisted Living, AAL) etabliert, doch der Marktzugang ist noch in weiter Ferne. Entscheidend für die Innovationsfähigkeit ist es nun, den effektiven Transfer der wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Industrie, zum Handwerk und zum Dienstleistungssektor zu etablieren. Hier gilt es die rechtlichen, finanziellen und strukturellen Rahmenbedingungen zu schaffen und ggf. nicht mehr zeitgemäße Strukturen zu reformieren.

„Gesundheit im Alter“ als Ziel kann besser mit einer Umbesinnung von der heutigen Reparaturmedizin hin zu einer ganzheitlichen und individualisierten Präventionsmedizin gelingen. Gesundheitsprävention nützt wenig, wenn sie den Menschen nicht als Ganzes betrachtet. Ob zum Beispiel die Trennung der Zuständigkeit für Gesundheitsprävention in ein privates und ein berufliches Umfeld mit unterschiedlichen Verantwortlichkeiten von Kranken-, Renten- und der gesetzlicher Unfallversicherung weiterhin Sinn macht, ist zukünftig zu diskutieren.

Fazit

Die Folgen des demografischen Wandels sind klar vorausberechenbar. Die Umsetzung scheitert noch zu sehr an der mangelnden Wahrnehmung dieser Tatsachen in der Bevölkerung und zu zögerlicher Umsetzung der nötigen Schritte in Politik und Wirtschaft. Den unvermeidbaren demografischen Wandel und die damit zusammenhängenden Herausforderungen sollten die Politik und die Wirtschaft vielmehr als „Innovationsquelle Alter“ sehen. Es gibt Chancen, die es zu nutzen gilt. Der demografische Wandel wird uns in Deutschland ökonomisch früher und schwerer belasten als der Klimawandel, dementsprechend sollten die Anstrengungen mit Blick auf die aktive Gestaltung des demografischen Wandels wesentlich mehr Priorität erhalten.

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