Der Gesetzgeber hat nun, unter Ausschöpfung des Zeitrahmens für die nationale Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie, den ersten Entwurf des Umsetzungsgesetzes veröffentlicht. Das ARUG II stellt, zusammen mit den ebenfalls kürzlich vorgelegten Neuerungen zum ­Deutschen Corporate Governance Kodex (siehe Seiten 30-31, Anm. d. Red.), ein größeres Änderungsprogramm dar, welches zwar 2019 verabschiedet sein, aber zum Schutz der ­Emittenten mit Übergangsfristen erst ab 2020 zum Tragen kommen wird. Von Ingo Wolfarth

Der Fokus dieses Artikels liegt auf den vom Gesetzgeber mit „know-your-shareholder“

Gastautor Info Wolfarth von Computershare.
Gastautor Ingo Wolfarth von Computershare

betitelten Regelungen des Aktiengesetzes, die im Folgenden mit „AktG-E“ bezeichnet werden. Die Teile „say-on-pay“ und ­„related-party-transactions“ bedeuten nicht nur inhaltlich und strategisch einen hohen Umsetzungsaufwand, sondern auch eine umfangreiche Berichterstattung aufseiten der Emittenten. Aus organisato­rischer Sicht sind die Folgen aber relativ überschaubar: auf der HV ein paar ­Beschlüsse mehr. Sie sollen – ebenso wie die neuen Verpflichtungen für institutionelle Anleger und Stimmrechtsberater sowie ­Regelungen in anderen Gesetzen als dem Aktiengesetz – daher hier nicht behandelt werden.

Was soll sich für die ­Emittenten ändern?

§ 67 Abs. 1 AktG-E ergänzt das Aktien­register um eine elektronische Adresse, sie wird expliziter Adressbestandteil. Das ist noch kein Allheilmittel, da es ja keine Pflicht zum Besitz einer elektronischen ­Anschrift wie einer E-Mail-Adresse gibt, dürfte aber doch mittelfristig zu beacht­lichen Erfolgen bei Versandaktionen aus dem Aktienregister führen. Die Erlangung von elektronischen Adressen war bisher nur über Aufrufe, oft unterstützt durch ­Gewinnspiele, zu erreichen und auch langfristig zu halten. Der Gesetzgeber hat sich mit dem Wording „elektronische Adresse“ nicht nur auf die E-Mail-Adresse festgelegt, es könne auch ein elektronisches Postfach gemeint sein, was bei Namensaktien ­relativ wenig Sinn ergibt. Vielleicht lässt sich im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens hier eine Verdeutlichung der Vorstellung des Gesetzgebers einfügen.

§ 67 Abs. 2 AktG-E aktualisiert das Register dahingehend, dass der Eingetragene nicht zwangsläufig gegenüber der Gesellschaft als Aktionär gilt. Der Eingetragene wird aber Träger von Rechten und Pflichten, z.B. der Weiterleitung an den tatsächlichen Aktionär. Im Prinzip stellt das eine Klar­stellung des Gelebten dar. Die sich in der Praxis gelegentlich zu stellende Frage, ob wegen eines nicht nachgekommenen ­Auskunftsverlangens bzw. einer nicht ­erfolgten Offenlegung eines Register­eintrags Aktien nun einem Stimmrechtsverlust unterliegen, wird eindeutiger geregelt, da zusätzlich eine „Androhung des Stimmrechtsverlusts“ vorangehen muss. Eine zwar etwas weniger scharfe Waffe für den Emittenten, aber auch ein erhöhter ­Anreiz für die Eintragung.

Die neuen §§ 67a bis 67f AktG-E rücken die Pflichten zur Information über Hauptversammlung und Kapitalmaßnahmen ­nahe an den „Namensaktien-Paragrafen“ 67 AktG. Ein weiteres Zeichen des Gesetzgebers, hier mehr Nähe zwischen den ­Gattungen zu schaffen. Emittenten werden verpflichtet, Informationen über HV und Kapitalmaßnahmen elektronisch an die ­Intermediäre zu übermitteln (vornehmlich für Inhaberaktien), soweit die Informationen nicht direkt den Aktionären mitgeteilt werden (Namensaktien). Aus der Formulierung des Gesetzgebers geht bislang nicht eindeutig hervor, ob auch die Namens­aktionäre elektronisch zu informieren sind. Man sollte meinen, dass dem so ist, es sollte aber im Text klargestellt werden. Denn liest man die §§ 125 AktG-E (HV-­Einberufung mitteilen), 121 Abs. 4 AktG-E (Pflicht zur Bekanntmachung der Einberufung) und die neuen Regelungen in § 67a Abs. 1 (elektronische Übermittlung der ­Einberufung), § 67a Abs. 2 (elektronische Übermittlung an ein europäisches Medienbündel – was ist eigentlich mit Investoren in „Übersee?“) und § 67b Abs. 1 AktG-E (unverzügliche elektronische Übermittlung durch Intermediär, Mitteilung der ­Internetseite genügt), erkennt man die ­Abkehr des Gesetzgebers von schriftlichen Einladungen. Bisher ist der elektronische Versand von HV-Unterlagen zwar bereits möglich, sofern man eine diesbezügliche Satzungsermächtigung hat, bei Namensaktien benötigt man aber noch das Einverständnis des Aktionärs und eben dessen E-Mail-Adresse, was der „Aktivierung“ der Aktionäre bedarf und durchaus mit ­Anstrengungen verbunden ist. Mit Gewinnspielunterstützung erreichen umtriebige Emittenten 10% bis 20% ihrer Aktionäre. Hier sind zwar vorwiegend die Privataktionäre gemeint, die nicht das Stimmschwergewicht auf Hauptversammlungen darstellen, aber eben alle einzeln angeschrieben werden müssen. Der Versand geht schwer ins Geld, und Nachhaltigkeit erfordert ­heute auch eine andere Vorgehensweise.