Dr. Matthias Terlau, Rechtsanwalt und Partner, Osborne Clarke

Bei jeder Vorbereitung einer Hauptversammlung sollten sich die verantwortlichen Personen frühzeitig Gedanken über mögliche Stimmverbote machen. Dies gilt umso mehr, wenn Beschlussgegenstände auf die Tagesordnung aufgenommen werden sollen, bei denen knappe Mehrheiten zu erwarten sind oder bei denen es voraussichtlich auf die Stimmen einzelner Aktionäre besonders ankommen wird. Die Rechtsprechung hatte hier in den letzten beiden Jahren besonders die Stimmverbote bei Sonderprüfung und bei Bestellung eines besonderen Vertreters zu beurteilen. Solche Anträge stellen Minderheitsaktionäre bisweilen in der Hauptversammlung oder im Vorfeld der Hauptversammlung im Wege des Minderheitenantrags. Zulässig sind aber auch solche Sonderprüfungsanträge, die einzelne Aktionäre in der Hauptversammlung im Zusammenhang mit den turnusgemäß abzuhandelnden Entlastungsbeschlüssen stellen. Auch im Zusammenhang mit der Abwahl eines Versammlungsleiters wurde jüngst wieder ein Stimmverbot erörtert.

Sonderprüfungsanträge

In mehreren Entscheidungen haben die Gerichte sich mit verschiedenen Vorbeugungsstrategien für den Fall beschäftigt, dass ein Aktionär in der Hauptversammlung im Zusammenhang mit den Entlastungsbeschlüssen die Sonderprüfung über den relevanten Zeitraum, insbesondere zu „Vorgängen der Geschäftsführung“, beantragt. In diesem Fall sind nach dem Gesetz Vorstände und Aufsichtsräte, die gleichzeitig Aktien halten, mit diesen Aktien von ihrem Stimmrecht ausgeschlossen, wenn die Vorgänge mit der Entlastung des Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglieds oder mit einem Rechtsstreit zwischen diesem Mitglied und der Gesellschaft zusammenhängen. Das Stimmverbot gilt für alle Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder; es reicht aus, dass nur ein einziges Mitglied beider Organe an dem zu prüfenden Vorgang beteiligt war.

In der einen Entscheidung des OLG Brandenburg war offenbar im Rahmen der Squeeze-out-Hauptversammlung auf Betreiben der Minderheitsaktionäre erfolgreich eine Sonderprüfung beschlossen worden. In der darauf folgenden Hauptversammlung sollte dieser Beschluss zur Sonderprüfung wieder aufgehoben werden. Dazu hatte der Mehrheitsaktionär, der offenbar gleichzeitig Mitglied des Aufsichtsrats war, seine Aktien zwei Tage vor Ablauf der Anmeldefrist zur Hauptversammlung an eine andere Aktionärin übertragen. Diese hatte für die Aufhebung der Sonderprüfung gestimmt. Das Gericht sah hierin eine Umgehung des Stimmverbots, offenbar aus zwei Gründen: Zum einen erwähnt das Gericht die zeitliche Nähe der Übertragung der Aktien vor dem Anmeldestichtag (bei börsennotierten Gesellschaften mit Inhaberaktien wäre wohl auf den Record Date abzustellen) und zum anderen die Tatsache, dass die Aktien aufgrund des Squeeze-out-Beschlusses nach dessen Eintragung wieder an den Mehrheitsaktionär zurückfallen.

Bestellung eines besonderen Vertreters

Eine ganz ähnliche Konstellation lag der zweiten Serie der Unicredit-Entscheidungen des LG und OLG München zugrunde. Den meisten ist sicherlich die auch in den Medien sehr intensiv verfolgte Squeeze-out-Hauptversammlung der HVB im Juni 2007 noch gut in Erinnerung. Die Minderheitsaktionäre machten darin geltend, die Unicredit habe einen zu geringen Preis für die HVB bezahlt. Die Bestellung des besonderen Vertreters wurde seinerzeit gegen die Unicredit durchgesetzt, da diese hierbei im Juni 2007 einem Stimmverbot unterlag. Die nach Eintragung des Squeeze-out alleinige Aktionärin Unicredit wollte die Bestellung ein Jahr später wieder rückgängig machen. Sie wollte sich dabei zunutze machen, dass nach überwiegender Ansicht Stimmverbote im Fall von Alleinaktionären/-gesellschaftern gar nicht mehr oder nur noch sehr beschränkt anwendbar sind. Das OLG München pflichtete dem bei; das Stimmverbot wirke nicht fort und die Stellung des besonderen Vertreters werde nicht gegen Eingriffe des Alleinaktionärs geschützt. Der BGH hat die Entscheidung bestätigt.

In einem Fall des OLG Hamm ging es um das Stimmrecht einer Beteiligungsgesellschaft, an der auch ein Mitglied des von einer Sonderprüfung betroffenen Aufsichtsrats beteiligt war. Hier ist allgemein bekannt, dass ein Stimmverbot dann auf eine solche Drittgesellschaft durchschlägt, wenn das dem Stimmverbot unterliegende Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglied auf diese als herrschender Gesellschafter, als deren alleiniger Geschäftsführer oder sonst wie maßgeblichen Einfluss ausüben kann. Hier hatte aber das betroffene Aufsichtsratsmitglied rund sechs Wochen vor der Hauptversammlung mit sofortiger Wirkung sein Amt als allein zur Vertretung berechtigter Geschäftsführer der Drittgesellschaft niederlegt; diese wurde sodann durch seine Söhne vertreten. Das Gericht sah hier keinen Umgehungssachverhalt verwirklicht.

Aus dieser Rechtsprechung mag man nun Strategien zur Vermeidung oder nachträglichen Behebung von Sonderprüfungen oder der Bestellung besonderer Vertreter ableiten. In der Hauptversammlung empfiehlt es sich, die Zulässigkeit des Sonderprüfungsantrags zu prüfen, da das Stimmverbot nur bei zulässigen Anträgen Platz greift, wie das OLG Hamburg zu Recht feststellte.

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