Prof. Dr. Dirk Schiereck (links) und Christian Thamm

Von Prof. Dr. Dirk Schiereck, Leiter des Fachgebiets Unternehmensfinanzierung, und Christian Thamm, Research Assistant, Technische Universität Darmstadt

Das Engagement von Aktionärsaktivisten hat in den letzten zwölf Jahren in Deutschland stark zugenommen. Gründe hierfür sind die gesteigerte Transparenz und das erhöhte Vertrauen insbesondere von ausländischen Aktionären in den deutschen Kapitalmarkt. Aktivisten fördern den Dialog unter den Aktionären, und ihre Beteiligungen führen in der Regel zu einer messbaren Steigerung des Unternehmenswertes. Zu fürchten braucht sich aber niemand vor den Aktivisten. Die Spielregeln des deutschen Aktienrechts geben einen klaren Rahmen vor.

Was sind aktivistische Aktionäre?

Aktivistische Aktionäre nehmen Einfluss auf Aktiengesellschaften durch aktives Monitoring des Managements. Ihre Beteiligungen liegen meist unter 10% der stimmberechtigten Aktien. Signifikante Einflussnahme ist ihnen deshalb vor allem dann möglich, wenn sich Aktivisten mit anderen Aktionären verbünden. Ihre Bedeutung für eine intensive Corporate Governance gewinnen aktivistische Aktionäre auch, weil Hauptversammlungen oft nur von weniger als 50% der Aktionäre besucht werden – also elementare Aktionärsrechte und -pflichten von einem großen Teil der Aktionärsgemeinde gar nicht wahrgenommen werden. Aktivismus sollte primär auf die Steigerung des Unternehmenswertes gerichtet sein. Die Gruppe der Berufskläger gehört somit nicht zu den Shareholder Activists.

Rückblick

Vor dem Jahr 2000 spielte der Aktionärsaktivismus in Deutschland keine große Rolle. Bis 1995 mussten Stimmrechtsbeteiligungen unterhalb 25% gar nicht offengelegt werden. Es hätte sich für einen aktivistischen Minderheitsaktionär schon schwierig gestaltet, überhaupt Informationen zu anderen Minderheitsaktionären zu erhalten. Heute ist die Aktionärsstruktur partiell per Mausklick verfügbar, die Transparenz ist gestiegen, die Kosten des Monitoring sind gesunken. Gesunken ist auch die Einflussnahme der Banken in Hauptversammlungen und Aufsichtsräten, die über Eigenbeteiligungen, Depotstimmrechte sowie als Kreditgeber lange Jahre als wichtigster Kontrolleur agierten.

Die Anzahl der Beteiligungen von potenziell aktivistischen Aktionären hat erheblich zugenommen und ihren vorläufigen Höhepunkt 2007 erreicht. Bei etwa einem Viertel der Beteiligungen kommt es zu einer öffentlichen Auseinandersetzung zwischen Aktivist und Management. In einem Teil dieser Fälle, insbesondere bei kleineren und mittelgroßen Gesellschaften, ist nach außen hin kein Konflikt wahrnehmbar, der Minderheitsaktionär erwirkt jedoch einen Aufsichtsratssitz.

Aktionärsaktivisten beteiligen sich in der Regel an gesunden Firmen mit positiver Eigenkapitalrendite, aber schwachem Aktienkurs. Gesunde Firmen mit nachvollziehbarem Geschäftsmodell bieten einem Aktivisten bessere Exit-Aussichten. Allerdings verfolgt nicht jeder Aktivist per se eine kurzfristige Anlagestrategie mit baldigem Exit. So ist Guy Wyser-Pratte, mit alleine in Deutschland über zehn Einzelbeteiligungen einer der bekanntesten Aktivisten, seit mittlerweile neun Jahren bei der Kuka AG aktiv. Seit 20 Jahren Tui-Aktionär ist der Fondsmanager Hermes, Verwalter unter anderem der Pensionsgelder der British Telecom und in Deutschland vertreten durch Hans-Christoph Hirt. Zuletzt machte Hirt durch den Austausch des Infineon-Aufsichtsratsvorsitzenden Klaus Wucherer von sich reden.

Aktienkurse reagieren auf Shareholder Activism in der Regel positiv

Aktienkurse reagierten in der Vergangenheit auf die Meldung, dass ein Aktivist sich beteiligt, und insbesondere dann, wenn er eine aktivistische Strategie ankündigte, positiv mit Kurssprüngen von im Durchschnitt etwa 7%. Beteiligte sich ein Aktivist und blieb passiv, so kam es immer noch zu einer messbaren, positiven Kursreaktion von knapp 2%. Zu diesem Ergebnis kommt die Auswertung von 253 potenziell aktivistischen Beteiligungen in Deutschland. Der Median (Mittelwert) der Beteiligungen liegt bei 17,2 (94,4) Mio. EUR. Dies entspricht 5,1% (7,2%) der ausstehenden stimmberechtigten Aktien.

Studien zu Shareholder Activism auf dem US-amerikanischen Kapitalmarkt vertreten die These, dass sich die abnormale Rendite durch die Fähigkeit der Aktivisten erklären lässt, eine Übernahme der Zielgesellschaft durch einen dritten Bieter herbeizuführen („put a company into play“). Für Deutschland ist eine Erklärung der Kurssteigerungen anhand dieser These schwierig. Kaum eine deutsche Aktiengesellschaft, die zum Ziel von Aktionärsaktivismus geworden ist, wurde auch zum Ziel einer Übernahme. Eine Ausnahme bildet die Demag Cranes AG, wo es zu einer solchen Übernahme kam, nachdem sich die Aktivisten Cevian Capital und Centaurus Capital hierfür eingesetzt hatten. Des Öfteren kommt es jedoch zu Aktienrückkäufen.

Hohe Hauptversammlungspräsenz von großem Interesse

Das deutsche Aktienrecht sieht die Hauptversammlung nach den §§ 118ff. Aktiengesetz als zentrales Willensbildungsorgan der Aktiengesellschaft vor. Entsprechend ist die Hauptversammlung mit einem umfassenden Katalog an Aktionärsrechten ausgestattet. Eine niedrige HV-Präsenz stellt eine Bedrohung für die Corporate-Governance-Qualität der Gesellschaft dar, da sie zu Zufallsmehrheiten führen kann. Auf eindrucksvolle Art bewiesen hat die CeWe Color AG, wie aktive Investor-Relations-Arbeit zu einer Steigerung der Präsenzquote führen kann, wenn Shareholder Activism das Management gefährdet. Lag die HV-Präsenz 2006 noch bei unter 38%, so wurde sie 2007 auf knapp 87% gesteigert, nachdem bekannt geworden war, dass mehrere aktivistische Aktionäre gegen Aufsichtsrat und Vorstand opponieren.

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