Nicola Bader, Geschäftsführerin, Bader & Hubl GmbH

Über zwei Jahre ist es bereits her, dass der Gesetzgeber den Rahmen der Beschlussfeststellung in der Hauptversammlung für börsennotierte Aktiengesellschaften neu geregelt hat. Die Möglichkeit einer verkürzten Beschlussfeststellung ist verlockend, aber nicht ohne Tücken. Was ist zu beachten? 

Geduldsprobe

Wer kennt sie nicht, die Situation am Ende einer jeden Hauptversammlung? Die Abstimmung ist erfolgt, die Pause für die Auszählung vielleicht mit einem kurzen Film überbrückt, und zwischen den Aktionären und dem warmen Buffet liegt nur noch die Ergebnisfeststellung.

Was nun folgt, ist nicht nur für die Aktionäre und Aktionärsvertreter eine Geduldsprobe. Der Versammlungsleiter verliest Beschluss für Beschluss Zahlenkolonnen, die sich bei längeren Tagesordnungen beinahe ins Unendliche zu erstrecken scheinen. Derweil verdampft das bereitgestellte Mittagessen zu einem weichen Einerlei.

Neben den abgegebenen gültigen Stimmen und dem Anteil des dadurch vertretenen Grundkapitals (siehe Infokasten) sind die JA- und NEIN-Stimmen, absolut und in Prozent, sowie beim Subtraktionsverfahren auch die Enthaltungen anzugeben.

Nur ohne Widerspruch

Der Gesetzgeber hat in § 130 Abs. 2 AktG nicht nur die erforderlichen Angaben einzeln aufgeführt und erweitert, sondern auch die Möglichkeit geschaffen, die Beschlussfeststellung für jeden Beschluss darauf zu beschränken, dass die erforderliche Mehrheit erreicht wurde. Das allerdings nur unter der Voraussetzung, dass kein Aktionär eine umfassende Feststellung verlangt.

Diese Eingrenzung macht es notwendig, dass der Versammlungsleiter die Hauptversammlung fragt, ob der vorgesehenen verkürzten Beschlussfeststellung widersprochen wird. Widerspricht auch nur ein Aktionär, so ist die umfassende Beschlussfeststellung notwendig.

Die tatsächliche Entscheidung für eine verkürzte Verkündung der Beschlussfassung fällt also erst während der Hauptversammlung. Will die Gesellschaft diese Möglichkeit nutzen, so muss sie einige Vorkehrungen treffen.

Ergebnisse auf Charts

Es ist gängige Praxis und erhöht die Akzeptanz bei Aktionären und deren Vertretern, die ausführlichen Ergebnisangaben parallel zur Verkündung als Chart(s) zu präsentieren. Sind die Rahmeninformationen hierfür noch im Vorfeld zu erstellen, so müssen die einzelnen Ergebnisangaben direkt nach der Abstimmung in den Chart eingepflegt werden. Um Zeitverlust und Übertragungsfehler zu vermeiden, sollte dies auf keinen Fall manuell erfolgen. Vielmehr sollte das in Layout und Inhalt vorbereitete Chart in das Abstimmungssystem des HV-Dienstleisters importiert werden, damit dort alle Zahlen nach der Auszählung einfließen können. Der Chart wird anschließend sehr einfach in die Unternehmenspräsentation eingebunden.

Im Übrigen freuen sich Banken- und Aktionärsvertreter über die Möglichkeit, die Ergebnistabellen als Handouts mitzunehmen, anstatt die Zahlenkolonnen selbst zu notieren. Die Investor-Relations-Abteilung nutzt das bereits zur Verfügung stehende pdf-Dokument zur Veröffentlichung auf der Internetseite der Gesellschaft.

Sich allein auf die Feststellung zu stützen, dass der jeweilige Beschluss die erforderliche Mehrheit erreicht habe, ohne den Aktionären zu ermöglichen, die Ergebnisse en detail auf der Präsentation mit zu verfolgen, ist nicht zu empfehlen. Zwar überwacht der Notar Abstimmung und Auszählung, dennoch könnte beim Aktionär ein vager Eindruck entstehen, nicht umfassend informiert zu sein. Gerade bei Beschlüssen mit einer notwendigen Dreiviertelmehrheit, Beschlüssen, die in der Generaldebatte kontrovers diskutiert wurden, oder Entlastungsbeschlüssen geben Zahlen eindeutigen Aufschluss über das Ausmaß der Akzeptanz.

§ 130 Abs. 2, Satz 2, Nr. 2 – Anteil des durch die gültigen Stimmen vertretenen Grundkapitals

Der Gesetzesentwurf zur Aktienrechtsnovelle 2012 sieht eine Änderung in § 130 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 vor, die klarstellen wird, dass sich der Anteil des durch die gültigen Stimmen vertretenen Grundkapitals auf das eingetragene und nicht auf das vertretene, also präsente Grundkapital bezieht. Dies bestätigt die mehrheitlich vertretene Meinung; die oft angewandte Praxis, beide Prozentsätze anzugeben, dürfte sich somit bald erledigt haben.

Ausführliche Ergebnistexte vorbereiten

Dennoch wird nicht auf jeder Hauptversammlung die vorgesehene verkürzte Beschlussfassung auch erfolgen können. In Falle eines Widerspruchs muss der Versammlungsleiter in der Lage sein, umgehend mit der Verkündung der Langfassung zu beginnen, was voraussetzt, dass ihm bereits zu diesem Zeitpunkt die ausführlichen Ergebnistexte vorliegen. Auch hier sind die notwendigen Maßnahmen bereits vor der Versammlung zu treffen. Texte für die Langfassung müssen abgestimmt und in das Abstimmungssystem eingepflegt werden. Nach erfolgter Auszählung werden Kurz- und Langfassung der Verkündungstexte ausgedruckt und dem Versammlungsleiter übergeben, der so unmittelbar auf einen Widerspruch reagieren kann. Denn bei turbulenten Hauptversammlungen zielt ein solcher nicht selten darauf ab, den Versammlungsverlauf zu stören und eventuelle Schwächen in der Vorbereitung offen zu legen.

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