Das Thema Nachhaltigkeit spielt nicht nur in der allgemeinen Diskussion, sondern auch in der Immobilienwirtschaft eine zunehmend bedeutendere Rolle. Dabei lassen sich in Anlehnung an den Zentralen Immobilien Ausschuss (ZIA) drei unterschiedliche Ebenen des Nachhaltigkeitsmanagements unterscheiden: Die Portfolio-, die Gebäude- sowie die Elemente-/Anlagenebene.

Die übergeordnete Portfolioebene befasst sich mit der Identifikation von guten und schlechten Nachhaltigkeitsperformern auf der Unternehmens-, Portfolio-, bzw. Fondsebene. Bewertet wird die Nachhaltigkeitsentwicklung hier vor allem anhand von Schlüsselkennzahlen – sogenannten Key Performance Indicators/KPIs – oder einem eigenen Unternehmensreporting (z.B. GRI).

Die Gebäudeebene versucht die Nachhaltigkeit einer einzelnen Immobilie anhand einer ganzheitlichen Objektbewertung zu evaluieren. Für in diesem Sinne nachhaltige Gebäude hat sich dabei im Branchenjargon die Bezeichnung „Green Buildings“ oder „Grüne Gebäude“ herausgebildet. Für deren Evaluierung existieren mittlerweile mehrere miteinander konkurrierende, nationale Zertifizierungssysteme wie das britische BREEAM (Building Research Establishment Environmental Assessment Method)-, das amerikanische LEED (Leadership in Energy and Environmental Design)- sowie das deutsche DGNB-Zertifikat der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen.

Die letzte Ebene schließlich befasst sich mit der Nachhaltigkeitsentwicklung von einzelnen Elementen und Anlagen bei Immobilienobjekten. Ausschlaggebend ist hier vor allem deren individuelle technische Qualität.

Green Buildings

Zentral für die Immobilienwirtschaft ist insbesondere die Gebäudeebene. Nach wie vor ist es umstritten, ob und inwieweit Grüne Gebäude wirklich einen Wettbewerbsvorteil bei der Vermarktung von Immobilien darstellen. Denn die Zertifizierung nach einem der oben genannten Standards verursacht zunächst zusätzliche Kosten von rund 1 bis 2% der Baukosten. Laut einer Studie der Deutschen Hypothekenbank aus dem Jahre 2012 stehen diesen dann bis zu 16% höhere Verkaufspreise gegenüber. Allerdings ist die empirische Datenbasis für diese Aussage noch sehr dünn.

Dr. Wilhelm Breuer
Dr. Wilhelm Breuer

Unzweifelhaft ist allerdings, dass zertifizierte Green Buildings insbesondere aufgrund ihrer höheren Effizienz bei der Energie- und Wassernutzung gegenüber konventionellen Gebäuden zu einer Verringerung der Nebenkosten führen. Diese geringere „zweite“ Miete eröffnet Spielraum für höhere „erste“ Mieten und wirkt sich damit ceteris paribus positiv auf die Bewertung aus. Ob diese dann auch am Investmentmarkt durchsetzbar ist, ist empirisch schwer zu belegen. Allerdings werden zertifizierte Immobilien gerade an den Top-Standorten zunehmend bedeutender, da vor allem (internationale) Konzerne auch aufgrund des vom Kapitalmarkt ausgehenden Drucks zu einer nachhaltigen Unternehmensführung mehr und mehr dazu übergehen, nur noch Grüne Gebäude anzumieten. An den Topstandorten bieten somit zertifizierte Immobilien im Wettbewerb um Mieter und Investoren entscheidende Differenzierungspotenziale gegenüber Konkurrenten. So ist es nicht verwunderlich, dass sich nach Erkenntnissen der Maklergesellschaft Jones Lang LaSalle Green Buildings vor allem auf die sechs deutschen Topstandorte konzentrieren: Von den insgesamt 4,2 Mio. qm zertifizierter Immobilien in Deutschland liegen rund 12% in Frankfurt am Main, dahinter folgen Hamburg, Köln, München, Berlin und Düsseldorf mit je 3 bis 4%. Allerdings machen Grüne Gebäude insgesamt nur etwa 5% des gesamten deutschen Flächenbestandes aus.

Von den 550 zertifizierten Grünen Gebäuden, die der Makler BNP Paribas Real Estate in Deutschland im Rahmen einer Studie gezählt hat, sind die Hälfte Büroimmobilien. Dies ist nicht verwunderlich, da (internationale) Konzerne vor allem Büroflächen anmieten. 17% entfallen auf Einzelhandelsflächen, 15% auf Logistik- und lediglich 7% auf Wohnflächen. Der relativ geringe Wohnanteil gegenüber anderen Immobiliennutzungsarten ist ebenfalls nicht verwunderlich, da dort der Widerstand der Mieter gegen Mieterhöhungen aufgrund deren hoher Preissensibilität erfahrungsgemäß besonders groß ist.

Green Buildings und Nachhaltigkeit in der Kapitalmarktkommunikation

Das Thema Nachhaltigkeit spielt bei den börsennotierten Immobilienunternehmen primär auf Unternehmens- sowie Gebäudeebene (Green Buildings) eine große Rolle. Zum einen geht vom Kapitalmarkt zunehmender Druck zu nachhaltiger Unternehmensführung und Reporting auf Unternehmensebene aus. Ein Meilenstein im internationalen Reporting war 2011 die branchenspezifische Ergänzung des GRI-3.1.-Berichtsrahmens der Global Reporting Initiative (GRI). GRI Construction & Real Estate Sector Supplement (CRESS) ist für Unternehmen bestimmt, die in Immobilien investieren, Immobilien entwickeln, bauen oder verwalten sowie Unternehmen, die in Infrastruktur investieren, diese entwickeln und bauen. Der europäische Verband der börsennotierten Immobilienwirtschaft EPRA hat zudem 2011 auf CRESS basierende, eigene Best Practice Recommendations on Sustainability Reporting (BPRSP) herausgebracht.

Dabei fokussieren sich die BPRSR auf den ökologischen Themenbereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung, da EPRA diesen als besonders wichtig für börsennotierte Immobiliengesellschaften identifiziert hat. 2012 hat zudem der ZIA den ZIA-Branchenkodex veröffentlicht. Basierend auf Überlegungen des Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK) setzt dieser auf Selbstverpflichtungen der Immobilienunternehmen sowie clusterspezifische Ergänzungen. In zehn Grundsätzen wird die jährliche Berichterstattungspflicht als Kernelement herausgestellt und eine Berichterstattung anlehnend an GRI bzw. GRI CRESS empfohlen. Eine Konkretisierung erfolgte 2013 mit dem ZIA-Leitfaden zur Einführung von Nachhaltigkeitsmessungen im Immobilienportfolio.

Nach einer Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) aus dem Jahr 2013 erfüllen drei von 68 börsennotierten Immobilien-AGs bereits eine Nachhaltigkeitsberichterstattung nach den Leitlinien des GRI CRESS. Weitere 15 berichten teilweise sehr ausführlich über Corporate Sustainability auf ihren Websites und im Geschäftsbericht.

Zum anderen steigt die Zahl der Aktieninvestoren, die von den Unternehmen Investments in zertifizierte Immobilien erwarten. Wenn auch insgesamt die Zahl der Investoren überwiegt, die primär auf die finanzwirtschaftliche (anfängliche) Rentabilität der Immobilien achten, so nimmt doch der Anteil an Investoren zu, die bereit sind, bei Investments von Immobilien-AGs in Grüne Gebäude auch höhere Kaufpreise der Unternehmen zu akzeptieren, wenn sich dadurch die langfristige, „nachhaltige“ Mietprognose verbessert. Dies gilt speziell für Büroimmobiliengesellschaften, da Büroimmobilien ohne grüne Zertifizierung – wie bereits ausgeführt – speziell in den Topstandorten zukünftig deutlich schwerer zu vermarkten sein werden als konventionelle. Dementsprechend spielt auch die aktive Kapitalmarktvermarktung von Investments in Grüne Immobilien bzw. Zertifizierungen eine bedeutende Rolle gerade bei AGs mit hohem Büroimmobilienanteil wie etwa der Alstria Office REIT AG, DO Deutsche Office AG (ehemals: Prime Office AG) oder der Hamborner REIT AG.

Modewelle oder „nachhaltige“ Entwicklung?

Die Ausführungen haben gezeigt, dass Grüne Gebäude sowie eine nachhaltige Unternehmensführung im Immobiliensektor keine Modewelle sind, sondern wichtige Differenzierungspotenziale sowohl am Immobilien- als auch am Kapitalmarkt bieten. Es handelt sich um eine „nachhaltige“ Entwicklung, in die sich eine Investition offenbar lohnt. Von einer Modewelle kann somit keine Rede sein.

Autor/Autorin