DIRK CornerLag um das Jahr 2000 die Auflage von Anlegermagazinen wie Börse Online oder Euro am Sonntag noch bei rund 250.000, wird inzwischen nur ein Zehntel der Exemplare verkauft. Dafür haben die drei großen unabhängigen Finanzportale zusammen rund 7 Mio. Nutzer monatlich, Aktiengruppen auf Facebook kommen auf 20.000 Mitglieder, und während der Börsenhandelszeiten sind auf der Plattform Guidants laufend rund 10.000 Trader aktiv. Es haben sich aber nicht nur die Medien, über die sich Anleger informieren, stark verändert, sondern auch Formate und Quellen. Von Edda Vogt

Von den 4,3 Mio. Aktionären, die es laut DAI in Deutschland gibt, entscheiden knapp 60% nach Schätzungen des Derivateverbands selbstständig über ihre Geldanlage.

Über wen reden wir?

Der typische Selbstentscheider ist männlich, zwischen 40 und 50, wohnt in Westdeutschland, hat einen Hochschulabschluss, verfügt über ein eigenes Nettoeinkommen zwischen 2.000 und 3.000 EUR, nutzt ein Smartphone, macht Online-Banking, liest Newsletter, aber keine Blogs, und ist teilweise in den sozialen Netzwerken aktiv. Das lässt sich aus den AGOF-Daten für boerse-frankfurt.de, dem Anlegerportal der Deutschen Börse, schließen, die auf 200.000 repräsentativen Nutzern monatlich basieren und von anderen Website-Betreibern bestätigt werden.

Nahezu gleich stark vertreten sind aber auch Anleger zwischen 20 und 30 sowie über 60 Jahren. Erwartungsgemäß nutzen die Jüngeren Social-Media-Angebote auch für Börseninformationen, während sich die Älteren vor allem am PC mit ihrem Depot befassen. Konstant unter 10% bleibt dagegen seit Jahrzehnten der Anteil an Frauen.

Online zuerst – Herausforderung: die Mobilisierung

Laut einer Studie des CFA Institutes aus dem Jahr 2016 vertrauen deutsche Anleger ihrer eigenen Internetrecherche mehr als Finanzberatern. Auch gegenüber Print hat das Internet schon lange die Nase vorn. Unabhängige Portale, digitale Verlags- und TV-Angebote, Websites der Discount-Broker und Börsen bieten Anlegern schon lange eine Fülle an Informationen: Kurs- und Stammdaten, News, Marktberichte, Ad-hocs, Analysen, Jahresergebnisse …

Doch was ist relevant? Einer Studie der Uni Leipzig zufolge setzen Anleger vor allem auf Journalisten und externe Analysten als Quellen für ihre Entscheidung; weniger auf Unternehmensergebnisse und kaum auf die Informationen aus den IR-Abteilungen.

Und das zunehmend von unterwegs: 46% der 3,5 Mio. Besuche von boerse-frankfurt.de im Dezember 2017 geschahen auf mobilen Geräten – davon 16% auf der mobilen Ausgabe der Website und 30% in der App.

Foren, Blogs & Co. ­– Herausforderung: Fragmentierung

Aktienforen sind seit der Jahrtausendwende etabliert. Allerdings wirken sie inzwischen von außen mehrheitlich wie kleine Biotope für vermeintlich „heiße Tipps“.

Dazugekommen sind reichweitenstarke Blogs, wie boersenblogger.de – inzwischen umfirmiert zu marktEINBLICKE – oder die auf Nebenwerte spezialisierte Seite boersengefluester.de.

Aber auch Social-Media-Kanäle werden zumindest bei Privatanlegern immer relevanter. Die Anzahl der Follower von @boersefrankfurt auf Twitter stand Anfang Februar bei 41.000 – ein rasantes Wachstum. Schaut man sich die Follower genauer an, sind das weiterhin viele Multiplikatoren aus der Financial Community, Journalisten, andere Unternehmen, aber auch sehr viele Anleger – denn warum sonst beschäftigt man sich mit den Meldungen einer Börse, wenn nicht aus professionellen Gründen?

Aber auch auf der Instagram-Seite klingt die Fanliste von @boersefrankfurt häufig mit daytrader, bull, investment, boersenguru im Online-Namen nicht nur nach Spaß.