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Anleihen sind auch Wertpapiere. Emittenten müssen dann und wann Anleihegläubigerversammlungen (AGVs) durchführen, z.B. wenn Anleihebedingungen geändert werden sollen. Wäre da nicht vorteilhaft, ebenfalls seine Anteilseigner zu kennen, um erforderliche Abstimmungsmehrheiten zusammenzubekommen?

Dickert: Ganz bestimmt. Allerdings mahlen da erst wieder die Mühlräder der Behörden. Zunächst einmal hat die Bundesregierung die Identifikationsmöglichkeit für Aktionäre geschaffen. Wenn die Infrastruktur nunmehr steht, dann wird es möglich sein, Anleger in allen Finanzinstrumenten zu identifizieren – sofern jeweils gewünscht.
Hecht: Die Vorteile in Bezug auf Anleihegläubiger sind doch praktisch identisch zu Aktionären. Da sehe ich jedoch auch eine Einschränkung: Die Mehrzahl der KMU-Anleihen etwa notiert im allgemeinen Freiverkehr der Börsen, also keinem organisierten Markt nach Definition. Das heißt, selbst im Frankfurter Scale, einem Auswahlsegment des Open Market, ist diese Identifikation momentan noch nicht durchsetzbar, obgleich wahrscheinlich durchaus möglich.
Dickert: Ich denke auch, dass jedwede Identifikation früher oder später möglich und auch gewünscht sein wird. Insofern wird es irgendwann kommen.

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Welche technologischen Neuheiten in dieser Beziehung sehen Sie da künftig – und welche wären aus Ihrer Sicht wünschenswert?

Hecht: Als IR-Agentur haben wir beispielsweise ein recht banales Problem bei den Share-IDs: Wir haben nicht zugleich auch die E-Mail-Adressen von allen Aktionären, selbst wenn sie nunmehr namentlich identifiziert worden sind. Es ist ein Medienbruch, wenn wir sie aufwendig und langwierig postalisch zu erreichen versuchen. Das passt nicht in die digitale Zeit und ist natürlich teurer.
Dickert: Mein größter Wunsch wäre zum einen, dass die zuvor beschriebene Umsetzung wirklich flächendeckend in Europa passiert, und zum anderen, dass die Möglichkeiten auf zusätzliche Märkte oder andere Finanzinstrumente erweitert werden. Für KMU ist die Veränderung schon jetzt ein gewaltiger Fortschritt, aber im Scale und in anderen europäischen Freiverkehrsmärkten – per definitionem eben keine Börsen – scharren die Emittenten bereits mit den Hufen, dass sie von diesen neuen Möglichkeiten künftig auch profitieren können.

Herr Dickert, Herr Hecht, ganz herzlichen Dank für Ihre Zeit und die interessanten Einblicke.

 

Autor/Autorin

Falko Bozicevic ist Mitglied des Redaktionsteams des GoingPublic Magazins sowie verantwortlich für das Portal BondGuide (www.bondguide.de)