Von Dr. Oliver Maaß und Wolfgang Troidl, Rechtsanwälte, Heisse Kursawe Eversheds, München

Die Ausübung von Aktionärsrechten ist oftmals an den Nachweis eines bestimmten Aktienbesitzes gebunden. Das Aktiengesetz stellt dabei unterschiedliche Anforderungen an Inhalt und Form des Nachweises. Systematisch unterscheiden lassen sich Nachweispflichten als Voraussetzung für die (außergerichtliche) Wahrnehmung von Aktionärsrechten, insbesondere vor, während und nach der Hauptversammlung, sowie deren gerichtliche Durchsetzung. 

Dr. Oliver Maaß (links) und Wolfgang Troidl
Dr. Oliver Maaß (links) und Wolfgang Troidl

Nachweis des Anteilsbesitzes

Zur Durchsetzung von Aktionärsrechten im Zusammenhang mit der Hauptversammlung (HV) ergeben sich in Bezug auf das Verlangen der Einberufung einer HV nach § 122 AktG oder zur Ergänzung der Tagesordnung im Sinne des § 124 AktG Nachweispflichten analog § 142 Abs. 2 Satz 2 AktG. Danach müssen Anteile mindestens drei Monate vor der HV gehalten werden, um eine Antragsberechtigung zu schaffen. Während einer HV gewährt § 137 AktG demjenigen die Vorfahrt bei der Abstimmung über Wahlvorschläge für den Aufsichtsrat, der in der HV einen Anteilsbesitz in Höhe von 10% nachweisen kann.

Der Nachweis eines (Mindest-)Aktienbesitzes trifft auch denjenigen Aktionär, der seine Rechte und Interessen gerichtlich durchsetzen möchte. Natürlich folgt die Nachweispflicht dem Grundsatz, dass derjenige, der ein Recht behauptet, sich als Berechtigter legitimieren können muss. Weitergehend verfolgen die Nachweispflichten auch das Ziel, dass auf diese Weise einem möglichen Missbrauch des Antragsrechts durch räuberische Aktionäre mit Kleinstbeständen vorgebeugt werden soll, die sich etwa das aufwändige Prozedere einer Sonderprüfung aus eigennützigen Motiven zunutze machen wollen. Den Hintergrund und Zweck des Mindestquorums im Freigabeverfahren hat das OLG Nürnberg anlässlich des Squeeze-outs der Minderheitsaktionäre der TA Triumph-Adler AG zuletzt mit der Verfahrensbeschleunigung, Bekämpfung missbräuchlicher Aktionärsklagen sowie dem Ausschluss von Trittbrettfahrern umrissen.

Seit Längerem gilt die Nachweispflicht in § 142 (Bestellung von Sonderprüfern) sowie in § 147 (Geltendmachung von Ersatzansprüchen) und § 148 (Klagezulassungsverfahren) AktG. Den in den §§ 142 und 148 enthaltenen Antragsrechten ist dabei gemeinsam, dass sie nur Aktionären zustehen, deren Anteile bei der Antragstellung zusammen 1% des Grundkapitals oder den anteiligen Betrag von 100.000 EUR ausmachen; hingegen verlangt § 147 Abs. 2 AktG sogar 10% des Grundkapitals oder den anteiligen Betrag von 1 Mio. EUR. Daneben haben in jüngerer Zeit weitere Nachweispflichten durch das Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG) Eingang in das Aktiengesetz (§§ 246a Abs. 2 Nr. 2, 319 Abs. 6 Satz 3 Nr. 2) und das Umwandlungsgesetz (§ 16 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2) gefunden, und zwar in Gestalt eines Freigabetatbestands. Danach kann das Gericht einem Freigabeantrag der Gesellschaft – mit dem Ziel der Eintragung bestimmter Maßnahmen in das Handelsregister trotz Anfechtung der zugrundeliegenden Hauptversammlungsbeschlüsse – bereits dann stattgeben, wenn der klagende Aktionär nicht binnen Wochenfrist nach Zustellung des Freigabeantrags durch das Gericht einen Mindestaktienbesitz im Nennbetrag von 1.000 EUR nachweist. Den Anteilsnachweis muss der Aktionär im Gegensatz zu den §§ 142, 147 und 148 AktG zudem „durch Urkunden“ erbringen.

Inhaltliche Anforderungen

Am Beispiel des gerichtlichen Antrags auf Bestellung eines Sonderprüfers gemäß § 142 Abs. 2 Satz 2 AktG lassen sich die inhaltlichen Anforderungen an den Nachweis des entsprechenden Aktienbesitzes näher darstellen: Danach müssen Antragsteller nachweisen, dass sie (a) die das Quorum erfüllenden Aktien seit mindestens drei Monaten vor dem Tag der (den ablehnenden Beschluss fassenden) Hauptversammlung im Besitz haben und (b) bis zum Abschluss des gerichtlichen Verfahrens halten werden.

In der Praxis wird der Nachweis der Berechtigung üblicherweise durch eine Bestätigung der Depot führenden Bank geführt. Entsprechende Depotbescheinigungen lauten dabei beispielsweise wie folgt:

„(…) gerne bestätigen wir Ihnen, dass wir für Sie seit mehr als drei Monaten vor dem Tag der Hauptversammlung [Datum] Aktien der Beispiels AG in Ihrem Depot bei uns verwahren: [Stückzahl, WKN/ ISIN]. Sie haben uns mitgeteilt, dass Sie die Aktien bis zur Entscheidung über die gerichtliche Bestellung eines Sonderprüfers halten werden. Wir haben Ihren Bestand deshalb mit einer entsprechenden Verfügungssperre versehen.“

Darüber hinaus wird teilweise verlangt, die Depotbestätigung müsse weitergehend eine Verpflichtungserklärung der Bank enthalten, wonach diese das Gericht von einer Verringerung des Aktienbestands unverzüglich in Kenntnis setzen wird. Daneben besteht weiterhin die Möglichkeit, den Nachweis durch eine Hinterlegung der Aktien zu führen. In diesem Fall ersetzt die Hinterlegungsbescheinigung des Amtsgerichts oder der Gesellschaft die Bankbestätigung.

Nach einer Entscheidung des OLG Hamm werden an den Urkundennachweis im Gegensatz zum Depotauszug strenge Anforderungen gestellt. Foto: VRD/fotolia.de

Formalien beachten

Insbesondere der urkundliche Nachweis des Aktienbesitzes im Rahmen des Freigabeverfahrens war bereits mehrfach Gegenstand obergerichtlicher Rechtsprechung. So entschied jüngst das OLG Hamm, dass an diesen Urkundennachweis strenge Anforderungen zu stellen sind. Im Gegensatz zur Depotbescheinigung, die eine objektive Bedeutung besitzt, „die dem unmittelbaren Beweis nahekommt“, genügen andere Wissenserklärungen Dritter hier nicht. Insbesondere kann der Nachweis nicht allein durch Vorlage eines Teilnehmerverzeichnisses geführt werden, das den Antragsgegner als Aktionär aufführt. Ebenfalls unzulässig soll die Erbringung des Nachweises nach den §§ 421 ff. ZPO sein, die eine Vorlegung entsprechender Urkunden durch den Gegner (also die Gesellschaft) regeln. Ausgeschlossen ist damit beispielsweise, dass der Nachweis dadurch geführt wird, dass der Gesellschaft (mit Namensaktien) aufgegeben wird, einen aktuellen Auszug aus dem Aktienregister vorzulegen. Da sich überdies der Nachweis auf eine Besitzzeit von der Einberufung der Hauptversammlung bis zur Zustellung des Antrags im Freigabeverfahren erstrecken muss, wäre ein solcher Auszug als Momentaufnahme ohnehin ungeeignet.

Die Entscheidung des OLG Hamm markiert zudem den vorläufigen Endpunkt in der Diskussion über die Frage, ob der Nachweis entbehrlich wird, weil der Aktienbesitz unstreitig ist. Dies ist nach dem OLG Hamm nicht der Fall, vielmehr muss der Nachweis auch dann erbracht werden, wenn die Gesellschaft den Aktienbesitz nicht bestreitet. Bis auf Weiteres empfiehlt sich jedoch aus Sicht der Gesellschaft, den Aktienbesitz mit Nichtwissen zu bestreiten, zumal er sich vom Zeitpunkt der Anmeldung zur Hauptversammlung bis zur Zustellung des Freigabeantrags verändert haben kann.

Fazit

Es gibt unterschiedliche Anforderungen an den Nachweis von Anteilsbesitz und dessen Höhe sowie unterschiedliche Halte- und Anspruchsfristen, je nachdem ob außergerichtlich, insbesondere in Zusammenhang mit Hauptversammlungen, oder gerichtlich Aktionärsrechte geltend gemacht werden sollen. Eine detaillierte Einzelfallprüfung ist unabdingbar, wenn verhindert werden soll, dass Ansprüche aus Nachlässigkeit oder mangelnder Kenntnis der Form- und Fristerfordernisse verloren gehen, obwohl sie vielleicht materiell voll berechtigt sind.

 

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