Aus dem langen und extremen US-Präsidentschaftswahlkampf ging entgegen der Prognosen Donald Trump siegreich hervor. Wichtig an dem Wahlergebnis mit einem Wählerruck hin zu den Republikanern ist, dass diese auch die Kontrolle über den US-Senat behalten. Ebenso bleiben die Mehrheitsverhältnisse im Repräsentantenhaus gleich.

Dr. David Kelley
Dr. David Kelley. Foto: J.P. Morgan Asset Management

Trumps Sieg baut darauf, dass er auf die allgemeine Unzufriedenheit der Wähler setzte – und diese sogar weiter geschürt hat. Während weite Teile der Wahlkampagne auf beiden Seiten vorwiegend negativ bestimmt waren, brachten Trumps populistische Botschaften von Steuersenkungen, Waffenrechten und einer konservativen religiösen Agenda, verbunden mit Widerstand gegen Handelsabkommen und die illegale Einwanderung, letztlich den Sieg.

Die Märkte hatten mit einem Sieg Clintons gerechnet, was eine Fortsetzung des Status Quo dargestellt hätte. Trumps Sieg hat nun dagegen die globale Unsicherheit gesteigert – einerseits droht die Gefahr eines Handelsstreits, andererseits ist nicht klar, welche Teile seiner ambitionierten Agenda aus Steuersenkungen, erhöhten Verteidigung- und Infrastrukturausgaben sowie der Reform des Gesundheitssystems umgesetzt werden können.

Die globalen Finanzmärkte reagierten auf das Wahlergebnis mit einer vorhersehbaren „Risk-off“-Reaktion: Die globalen Aktienmärkte und der Ölpreis fielen, Gold und US-Staatsanleihen stiegen. Ebenso wie der US-Dollar gab der mexikanische Peso nach.

Für Anleger ist jedoch weniger die Frage, wie die Märkte reagiert haben, sondern inwieweit sich der langfristige Ausblick durch die US-Wahlen verändert. Ein paar wichtige Punkte können bereits jetzt festgehalten werden:

1. Die US-Wirtschaft, die Präsident Trump erbt, ist in ziemlich guter Form. Das reale Wirtschaftswachstum hat in den letzten Monaten weiter Fahrt aufgenommen, während die Arbeitslosenquote mit 4,9% nahe der volkswirtschaftlichen Definition von Vollbeschäftigung liegt. Die Gewinne im S&P 500 haben sich von dem von Ölpreis und Dollarkurs ausgehenden Einbruch von 2015 erholt und die Inflation ist nach wie vor moderat. Darüber hinaus zeigt die Weltwirtschaft gemessen am globalen Einkaufsmanager-Index für das verarbeitende Gewerbe, der im Oktober ein Zweijahreshoch erreichte, wieder Anzeichen von Dynamik. All das wäre – die politische Unsicherheit einmal ausgeblendet – für Aktien positiv und negativ für Anleihen.

2. Die Unsicherheit und Volatilität, die nach der US-Wahl folgt, wird vorerst die Wahrscheinlichkeit einer Zinserhöhung der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) im Dezember reduzieren – obwohl die Fed ihre Optionen sicherlich offen halten will, bis sie den Markt und die wirtschaftlichen Folgen des Wahlergebnisses einschätzen kann.

3. Auch wenn die Ergebnisse der letzten Nacht wie ein republikanischer Siegeszug wirken, könnten die tatsächlichen Veränderungen in der Politik weit weniger dramatisch ausfallen, als von Donald Trump in seiner Kampagne vorgesehen. Einerseits besteht eine große Kluft zwischen Trumps Agenda und derjenigen von vielen „etablierten“ Republikanern, so dass sich diese durchaus unfundierten Steuersenkungen oder Ausgabenerhöhungen widersetzen könnten. Darüber hinaus werden der neue Präsident und der Kongress wahrscheinlich nur langsam mit der Auflösung von Handelsabkommen oder dem „Affordable Care Act“ beginnen, bis bessere Alternativen gefunden werden.

Schließlich ist anzumerken, dass sich – wie bereits in anderen Teilen der Welt in diesem Jahr – die Wähler eher für einen Wechsel anstatt das Festhalten am Status Quo entschieden haben. Politiker neigen dazu, auf das zu reagieren, was die Wähler wollen, anstatt ihnen zu geben, was sie brauchen. Auch wenn die Trump-Agenda sicherlich nicht in vollem Umfang umgesetzt werden wird, ist es wahrscheinlich, dass die Mitglieder des Kongresses einigen von Trumps Vorschlägen zur Steigerung der Ausgaben in Zusammenhang mit niedrigeren Steuern, Reduzierung der illegalen Einwanderung oder Einführung von Zöllen zustimmen werden. Wenn sie dies tun, wird dies auch weitere Inflation in einer Volkswirtschaft schüren, die sich bereits aufheizt. Langfristig gesehen birgt eine steigende Staatsverschuldung, die notwendig ist um Trumps Initiativen zu finanzieren, zudem offensichtliche Gefahren.

Die reflexartige Reaktion der Anleger in Anbetracht des US-Wahlausgangs war, globale Aktien zu verkaufen und in Staatsanleihen zu investieren. Jedoch könnte mittelfristig eine sich aufheizende Wirtschaft, die durch expansive Fiskalpolitik angefeuert wird, dazu beitragen, dass Aktien doch besser abschneiden könnten als Staatsanleihen.

In der langfristigen Betrachtung täten Investoren allerdings gut daran sicherzustellen, dass sie breit diversifiziert sind, und auch außerhalb der USA in Aktien und Anleihen investieren sowie alternative Anlagen berücksichtigen. Vor dem Hintergrund der Brexit-Abstimmung und der US-Wahlen zeigt sich, dass Populismus eine lohnende politische Strategie ist – ob es sich langfristig als gut für die wirtschaftliche Entwicklung erweist, ist allerdings eine ganz andere Frage.

Diese Informationen stammen aus dem Global Market Insights Strategy Team for J.P. Morgan Asset Management.

Titelbild: assetseller/www.fotolia.de

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