Würdigung

Allerdings, und nun kommen wir wieder zurück zu der Vorabplatzierung, ist ebendiese geeignet, im Vorfeld einer Transaktion die „Aktie knapp zu machen“. Die generierte Nachfrage vermindert oder eliminiert gar das Platzierungsrisiko und macht die Kapitalerhöhung sicher. Als weiterer Vorteil könnte sich erweisen, dass Free Float und Liquidität der Aktie künftig deutlich zulegen. Damit steigt freilich die Attraktivität der Aktie; auch Altaktionäre würden davon profitieren.

So weit so gut. Nun dürfte es jedoch eine ganze Reihe an Aktionären geben, die im Rahmen der Bezugsrechtsemission gerne weitere Aktien zeichnen würden. Die Gewährung eines Überbezugs bei Bezugsrechtsmaßnahmen ist seit nunmehr einigen Jahren in der Praxis fast zum Standard geworden – hervorgerufen ursprünglich durch den Wunsch Wertpapierprospekte zu vermeiden. Die Erfahrungen kann man als durchweg positiv beurteilen. Sofern der Bezugspreis als einigermaßen attraktiv einzustufen ist, sind Überbezugsemissionen in der Lage, ein Vielfaches des Bezugsrechtsvolumens an Nachfrage zu generieren. Dafür gibt es in der Praxis eine Vielzahl an erfolgreichen Transaktionen.

Die Frage sei erlaubt: Hätten die Anteilseigner nicht ein Vorrecht gegenüber fremden Investoren zur Zeichnung neuer Aktien? Für die Beantwortung dieser Frage ist letztlich die Bewertung der Gesellschaft der entscheidende Aspekt. Nehmen wir die Surteco AG, die im November 2013 eine Übernahme und deren Finanzierung im Rahmen einer Bezugsrechtsemission bekanntgab. Die Pre-money-Bewertung der Surteco AG war außerordentlich attraktiv: KBV: <1; EK-Verzinsung 7%; Dividendenrendite 2,5%. Die vereinbarte Unternehmensakquisition war ein Quantensprung und verbesserte die Marktstellung der Gesellschaft dramatisch. Kurz: Die Aktie, die seit geraumer Zeit an der Börse ein Schattendasein gefristet hat und bei einer Marktkapitalisierung unter Eigenkapital lustlos vor sich hindümpelte, war reif für eine Wiederentdeckung. Bereits während der Kapitalmaßnahme sprang der Kurs von 18 (=Bezugspreis) auf 24 EUR (November 2013); im März touchierte die Aktie die 30-EUR-Marke.

Damit ist die Surteco-Transaktion ein ganz besonderer Fall. Altaktionäre freuen sich einerseits über eine sensationelle Performance ihrer Aktie, andererseits hat man ihnen keinen Überbezug offeriert. Dies wäre jedoch angezeigt gewesen. Die Gesellschaft war dramatisch unterbewertet. Es bleibt zu hoffen, dass bei künftigen Kapitalmaßnahmen Aktionärsinteressen wieder besser berücksichtigt werden.

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