Petra von Strombeck, Vorstand, Lotto24 AG

Eine Einigung beim zähen Ringen um einen neuen Glücksspielvertrag ist in Sicht. Schon lange fordern EU und private Anbieter eine Liberalisierung des Marktes, der milliardenschwer ist. Davon könnte die Tochtergesellschaft des Lottoanbieters Tipp24 SE profitieren. Im Zuge eines Spin-offs soll Lotto24 sich vom Mutterkonzern trennen. Im Gespräch mit dem GoingPublic Magazin erläutern die beiden Vorstände Petra von Strombeck und Magnus von Zitzewitz die Hintergründe der Transaktion und wie sie sich auf dem deutschen Markt positionieren wollen.

GoingPublic: Frau von Strombeck, Herr von Zitzewitz, erläutern Sie doch bitte kurz die Hintergründe für das Spin-off.
von Strombeck: Tipp24 hat rund neun Jahre erfolgreich staatliche Lotterien in Deutschland vermittelt. Durch das Internetverbot des Glücksspielstaatsvertrags war Tipp24 gezwungen, das deutsche Vermittlungsgeschäft aufzugeben und Assets an eine Minderheitsbeteiligung in Großbritannien zu veräußern. Es könnte sein, dass Tipp24 Schwierigkeiten hätte, nach der Liberalisierung des deutschen Lotteriemarkts von einigen Aufsichtsbehörden Genehmigungen für den Onlinelottovertrieb zu erhalten, da die deutschen Regulatoren dieses Geschäft von Tipp24, das auf einer staatlichen Lizenz in Großbritannien beruht, als rechtwidrig ansehen. Daher hat sich Tipp24 für den Spin-off des Deutschlandgeschäfts entschieden, um der Lotto24 AG einen von rechtlichen Auseinandersetzungen unbelasteten Neustart zu ermöglichen.

Magnus von Zitzewitz, Vorstand, Lotto24 AG

GoingPublic: Warum haben Sie sich für eine Notierungsaufnahme im Prime Standard entschieden?
von Strombeck: Tipp24 ist selbst im Prime Standard notiert und hat viele institutionelle Investoren, für die es ungünstig wäre, wenn Lotto24 nicht ebenfalls im Prime Standard notiert wird. Zudem wollen wir unseren Aktionären ein hohes Maß an Transparenz bieten. Daher fiel unsere Wahl auf dieses Segment.

GoingPublic: Wie soll die Transaktion ablaufen?
von Strombeck: Tipp24 schüttet eine Sachdividende in Form einer Aktie von Lotto24 für jede Tipp24-Aktie an seine Aktionäre aus. Diese Dividende ist rechnerisch 2,50 EUR wert. Dadurch werden die Gesellschaften rechtlich vollständig getrennt. Zusätzlich hat die Lotto24 eine Kapitalerhöhung durchgeführt: Die Tipp24 SE hat Bezugsrechte für neue Lotto24-Aktien an ihre Aktionäre übertragen, die dann die Kapitalerhöhung mit einem Volumen von bis zu 15 Mio. EUR zeichnen konnten. Davon waren 10 Mio. EUR durch eine Finanzierungszusage der Günther Holding, einem Großaktionär von Tipp24, gesichert.

GoingPublic: Wozu soll der Erlös aus der Kapitalerhöhung verwendet werden?
von Strombeck: Dieser Erlös dient vorrangig der Geschäftserweiterung. In den ersten Jahren werden wir viel in Marketing investieren. Für den Fall, dass wir aus regulatorischer Sicht doch noch in eine Warteposition kommen sollten, können wir diese Zeit überbrücken, bis die Erlaubnis in allen Bundesländern vorliegt.

GoingPublic: Wie sehen Sie die Zukunft des Lotteriemarktes in Deutschland?
von Strombeck: Der deutsche Lotteriemarkt ist im Vergleich zu anderen europäischen Ländern unterentwickelt. Hier gibt es sehr großes Aufholpotenzial. Die Pro-Kopf-Lotterieausgaben sind hierzulande viel niedriger als im restlichen Europa. Während der Markt international gewachsen ist, schrumpfte er in Deutschland zusehends aufgrund von Verboten und neuen Regeln. So wurde 2008 die Online-Lotterievermittlung verboten. Wir erwarten jedoch für das zweite Halbjahr die Deregulierung des deutschen Marktes. Dabei rechnen wir unter anderem mit einer hohen Migration von Offline- zu Online-Spielern. Da das Onlinespiel viele Vorteile für den Kunden hat, könnte sich das Marktvolumen von momentan 6,5 Mrd. EUR bis ins Jahr 2020 nahezu verdoppeln.

GoingPublic: Wann genau rechnen Sie denn mit der Deregulierung des deutschen Marktes?
von Zitzewitz: Zum 1. Juli sollen die neuen Gesetze, die momentan ratifiziert werden, in Kraft treten. Dafür bedarf es der Zustimmung von 13 der insgesamt 16 Bundesländer. Die wesentlichen Grundpfeiler sind zum einen die Aufhebung des Internetverbots und zum anderen die Wiederzulassung der gewerblichen Spielevermittler, zu denen auch Lotto24 gehört. Damit wäre der Grundstein gelegt. Allerdings bleiben ein paar Fragezeichen. Hierzu zählt das Thema Erlaubnisse. Insgesamt brauchen wir 34 verschiedene Erlaubnisse, um national tätig zu werden. Hierfür sind aber noch keine klaren Kriterien festgelegt. Natürlich gehen wir davon aus, die Erlaubnisse zu erhalten, es kann jedoch bis zu zwölf Monate dauern, bis alles vorliegt.


Quelle: Lotto24 AG/MECN

 

GoingPublic: Sie gehen davon aus, dass durch die bevorstehende Liberalisierung des Marktes und die Wiederzulassung der Online-Lotterievermittlung ein erhebliches Wachstumspotenzial entsteht. Wie will sich Lotto24 auf diesem Markt positionieren?
von Strombeck: Wir werden das Vermittlungsgeschäft im deutschen Markt wieder aufnehmen. Wir setzen also unser Geschäft da auf, wo Tipp24 im Jahr 2000 angefangen hat. Wir sind damit eine Art „Start-up mit Rückenwind“.

GoingPublic: Wenn der Markt so viel Nachholbedarf hat, wo ist die Konkurrenz? Welche Vorteile hat Lotto24 diesen Unternehmen gegenüber?
von Zitzewitz: Einer der wesentlichen Wettbewerber ist der Deutsche Lotto- und Toto-Block, der für rund 90% des heutigen Lotteriemarktes steht und für den wir als Vermittler tätig werden wollen. In der Vergangenheit haben sich auch große Medienhäuser wie RTL auf diesem Gebiet versucht, konnten sich aber nicht behaupten. Im Onlinebereich war Tipp24 Marktführer, und diese Position wollen wir auch wieder erreichen. Lotto24 profitiert dabei von einer sehr guten Ausgangslage. Wir bauen auf dem bereits als erfolgreich bewiesenen Geschäftsmodell von Tipp24 auf. Dieses Wissen, das über mehrere Jahre angesammelt wurde, nehmen wir in die neue Gesellschaft mit. Zudem können wir auf eine funktionierende Infrastruktur zurückgreifen.

GoingPublic: Frau von Strombeck, Herr von Zitzewitz, vielen Dank für das interessante Gespräch.

Das Interview führte Maximiliane Worch.

 

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