Transformationsprozess in ein börsennotiertes Unternehmen

Ein Börsengang ist nicht nur eine Transaktion – er ist vielmehr eine Transformation von einem familiengeführten privaten in ein börsennotiertes Unternehmen, das im Rampenlicht der Öffentlichkeit steht. Nicht alle Unternehmen sind „IPO-ready“, also fit für eine Börsennotierung. Der Börsengang ist eine Herausforderung und ein Wandel auf verschiedenen Ebenen im Unternehmen – ein Prozess, den viele Unternehmen mit einem ganzheitlichen und gut strukturierten IPO Readiness Assessment starten und begleiten. Der Einsatz ist in personeller, zeitlicher und finanzieller Hinsicht hoch, ungenügende Vorbereitung und schlechtes Timing können das Projekt gefährden. Daher ist die sorgfältige Prüfung, ob die Kapitalmarktfinanzierung die Geschäftsstrategie überhaupt fördert, der erste Schritt. Eigentümer und die Geschäftsleitung wollen sich aus erster Hand informieren, die kritischen Punkte und Pfade besser verstehen und erfahren, welche Aspekte wichtig für einen starken Auftritt im Kapitalmarkt sind. So kann die Kapitalmarktfitness in allen Bereichen – etwa Strategie, Strukturen, Steuern, Finanzen, Systeme, Funktion und Corporate Governance – rechtzeitig vor der heißen Platzierungsphase hergestellt werden.

Frühzeitige Vorbereitung der Kapitalmarktfitness

Der Transformationsprozess startet in vielen Fällen frühzeitig – idealerweise 24 Monate vor dem geplanten Börsengang mit einem IPO Readiness Assessment. Wichtig für Familienunternehmen ist die Etablierung des Emittenten und seiner Unternehmensstruktur. Es müssen rechtzeitig neue, börsenfähige Strukturen angedacht und entwickelt, ggf. familienfremde und kapitalmarkterfahrene Top-Manager ausgewählt sowie eine Familiencharta für die nicht mehr unmittelbar in die Unternehmensführung involvierte Familie formuliert werden. Bei der Herstellung der börsenfähigen Rechtsform und Eigenkapitalstruktur muss abgesichert werden, dass dies durch steuerneutrale Umstrukturierungen erfolgen kann. Das Optionenspektrum im europäischen Kapitalmarkt ist dabei vielfältig und birgt gegenseitige Abhängigkeiten in verschiedenen Bereichen. Dazu zählt die Wahl der jeweiligen börsenfähigen Rechtsform (z.B. AG und Sonderformen der AG, N.V., S.A. und S.E.) und des Sitzlandes (Holding im In- oder Ausland). Zudem werden Zielsetzungen in Bezug auf die möglichen Board Systems – monistisch oder dual – diskutiert. Die Auswahl des richtigen Aktientyps im Hinblick auf das zukünftige Stimmrechtsgefüge und die Freiräume des Satzungsdesigns der gewählten Rechtsform zählen ebenfalls zu den Gestaltungsfeldern, die den Einfluss der Familie nach dem Börsengang erhalten. Zudem gilt es, Anforderungen des landesspezifischen Corporate-Governance-Kodex und der individuellen steuerlichen Optimierungspotenziale auf Eigentümer-, Unternehmens- und Transaktionsebene zu berücksichtigen.

Voraussetzung für die Vorbereitung des Familienunternehmens auf den Börsengang sind die Platzierungsfähigkeit der gewählten Struktur des Börsenkandidaten und die Wechselwirkung mit anderen Bereichen. Ein ganzheitliches IPO Readiness Assessment unterstützt dabei von Beginn an.

1Quelle: Universität St. Gallen und EY, 2019; familybusinessindex.com    

Dieser Artikel erschien zuerst in der April Ausgabe des GoingPublic Magazins.

Autor/Autorin

Dr. Martin Steinbach
Partner, Head of IPO and Listing Services in Deutschland at Ernst & Young (EY) | Website

Dr. Martin Steinbach ist Partner und IPO-Leader bei EY. Er verantwortet seit April 2011 den Bereich IPO und Listing Services in Deutschland, Österreich und der Schweiz.