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Inflation ist wie Unkraut: Zu spät bekämpft, sprießt es immer mehr; werden hohe Preissteigerungen nicht frühzeitig mit Zinserhöhungen bekämpft, fressen sie bei Konsumenten die Kaufkraft und bei Unternehmen die Marge auf, was Wachstum, Investitionen und Beschäftigung hemmt. Inflation ist also der beste Dünger für eine Rezession. Für Unternehmer und Gründer ist die Lage eine große Herausforderung.

Konkret bedarf es nun zahlreicher und drastischer Zinserhöhungen seitens der EZB. Doch wenn man betrachtet, welche schuldenfinanzierten Staatsausgaben in der Eurozone angesichts der Energiekrise und der Kompensation für Kaufkraftverluste zu stemmen sind, wird gefragt: Wer soll das praktisch bezahlen, wenn nicht die EZB mit weiter günstigen Zinsen? Kann sie also ihren klaren Auftrag zur Inflationsbekämpfung gar nicht mehr erfüllen?

Mildernde Umstände kann die EZB für sich nicht in Anspruch nehmen. Sicher – ein wirtschafts- und strukturschwaches, rohstoff- und exportabhängiges Europa verkraftet die harte Zinsknute weniger als die USA. Auch muss sich die EZB im Gegensatz zur Federal Reserve um viele schutzbefohlene Länder kümmern, die finanziell angeschlagen sind, damit – so wird behauptet – nicht die nächste Schulden- bzw. Eurokrise droht.

Diese Killerargumente werden aber mittlerweile zu inflationär gebraucht. Die EZB kann nur der Retter in größter Not sein, aber nicht permanent eingreifen. Sie darf keine alternative Wirtschafts- und Finanzpolitik betreiben – ansonsten fehlt der Anreiz der Eurostaaten, moderne Industriestandorte mit Wachstumspotenzial aufzubauen. Dann wird die Eurozone längerfristig durch innere Strukturschwächen, Reform- und Innovationsverweigerung schleichend geschädigt. Wenn das Leistungsprinzip aufgegeben wird, ist Europa früher oder später nicht mehr wettbewerbsfähig und wird von den Vereinigten Staaten und von China endgültig abgehängt.

Es ist also zu hoffen, dass die EZB zu einer strikten Inflationsbekämpfung zurückkommt. Damit hat sie jüngst begonnen, es muss aber konsequent weitergehen. Das verursacht sicherlich vorübergehend Schmerzen – ohne diese wird es für die europäische Konjunktur jedoch ein langandauerndes Siechtum geben.

Finanzierung rechtzeitig sichern

Für den mittelfristigen Ausblick bedarf es derzeit Geduld, bis sich zeigt, wie entschlossen die nächsten Schritte der EZB sein werden und was auf die bislang größte Zinserhöhung ihrer Geschichte folgen wird. Auch jetzt liegen Leitzins und Inflation noch knapp acht Prozentpunkte auseinander. Es ist jedoch nicht von der Hand zu weisen, dass die globale Lage eine Ausnahmesituation darstellt und dass die Energiekrise das Inflationsgeschehen verstärkt.

Es stehen derzeit unterschiedliche Maßnahmen zur Debatte, um sich hinsichtlich der Inflation und der Energiefragen einer wirksamen Lösung anzunähern. In einem solchen Umfeld stellt sich für Unternehmer die Frage, wie man das eigene Unternehmen am besten aufstellt und durch die andauernde Phase steigender Zinsen führt.

Wenn nun nach gut zehn Jahren die Zinsen weiter steigen, sind Unternehmer sicherlich gut beraten, ihre Kreditfazilitäten schnell zu verlängern und auch höhere Zinssätze für längerfristig fixierte Finanzierungen in Kauf zu nehmen, um durch die bevorstehende Rezessionsphase zu kommen – denn auf den Zinsanstieg folgt ein Szenario, welches für die Unternehmensfinanzierung herausfordernd ist. Entsprechend wird es, wenn überhaupt, in der nächsten Zeit nur sehr wenige Börsengänge geben; wahrscheinlicher sind in diesem Umfeld eher Umplatzierungen oder Rettungsaktionen bis hin zu Verstaatlichungen.

Auf der Anlageseite rücken Anleihen mindestens in Form von kurzlaufenden Zinspapieren wieder in den Blick, während sich die Entwicklung an den Aktienmärkten vorerst schwierig gestalten dürfte.

Auf alle Fälle wird es den Unternehmern viel Geschick abverlangen, ihre Unternehmen durch diese Zeiten zu navigieren. Für viele Unternehmenslenker und insbesondere junge Gründer ist das nach Jahrzenten des Wirtschaftswachstums die erste Bewährungsprobe.

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Autor/Autorin

Nico Baader

Nico Baader ist Vorstandsvorsitzender der Baader Bank und leitet das Unternehmen in der zweiten Generation. Er verantwortet die Bereiche Market Making, Strategie, Recht, Personal & Betriebsorganisation, Treasury, IT, Kommunikation und Capital Markets.