HV Magazin: Wie haben Unternehmen dieser Entwicklung Rechnung getragen?

Irlenkäuser: Die Gesellschaften haben mittlerweile alle Mitarbeiter eingestellt, die ausschließlich mit der HV betreut sind – als Sachbearbeiter, und so führen sie sich auch auf. Das Thema Internet fasziniert mich seit Jahren und ich versuchte immer wieder, hier mit den Unternehmen ins Gespräch zu kommen. Doch die Mitarbeiter blocken Anregungen an allen Ecken und Enden ab. Sie scheuen einfach Risiken, neue Wege zu beschreiten. Und noch immer werden HVs insbesondere durch die Juristen bestimmt, was nicht unbedingt zu Innovationsfreude führt.

HV Magazin: Dem Thema Internet werden sich Gesellschaften künftig trotzdem nicht entziehen können.

Irlenkäuser: Das Interesse der AGs geht seit einigen Jahren dahin, die Aktionäre des Unternehmens dazu zu bewegen, nicht mehr persönlich an der Hauptversammlung teilzunehmen, sondern online abzustimmen. Diese Bemühungen werden gesponsert, z.B. durch Gewinnspiele. Durch diese Verschiebung hat die Internetübertragung an Relevanz gewonnen. Hier fehlt es aber oft noch am Handwerklichen. Sowohl im Versammlungsraum als auch online fehlt meistens das Opening für die Online-User. Der Online-Aktionär sitzt erwartungsfroh vor seinem Monitor und wird einfach in den Versammlungssaal zugeschaltet. Dass bei der Gildemeister-HV die Aktionäre vom Versammlungsleiter am Bildschirm begrüßt wurden, ist schon ein Novum. Während sich die Aktionäre vor Ort „warmgelaufen haben“, fehlen dem User Ambiente und Atmosphäre: Unternehmenspräsentationen zu Produkten, Märkten oder neuen Geschäftsfeldern gehen an ihm einfach vorbei. Und zum Schluss wird die Übertragung – wenn es gut geht, nach einem knappen Verabschiedungssatz – einfach abgeschaltet. Hier braucht es einen Moderator, der sich um die Aktionäre am Bildschirm kümmert und ihnen die Räumlichkeiten, Ausstellungen und Atmosphäre näher bringt.

HV Magazin: Herr Irlenkäuser, vielen Dank für das ausführliche Gespräch!

Das Interview führte Daniela Gebauer.

 

Zur Person: Klaus Irlenkäuser

Klaus Irlenkäuser ist seit Jahren kritischer Beobachter von Hauptversammlungen. Er gründete vor 44 Jahren seine eigene Agentur für Finanzkommunikation, „Irlenkäuser Communications“. Das Hauptgeschäft der Agentur lag seit 1985 in der Erstellung von Geschäfts- und sonstigen Unternehmensberichten. Zu den ersten Kunden zählte die Salzgitter AG/Preussag. Im Zuge einer ganzheitlichen Kommunikationsberatung kam er zur Analyse der Aktionärstreffen. Sein Augenmerk lag dabei immer auf der Verbesserung der Aktionärsfreundlichkeit von HVs. Er berichtete auf seinen Internetseiten regelmäßig von den großen deutschen Aktionärstreffen.

 

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