Bei Sanierungskapitalerhöhung i.d.R. Prospekterfordernis
Generell wird man bei einer nennenswerten Sanierungskapitalerhöhung davon ausgehen müssen, dass die Erstellung eines Wertpapierprospekts erforderlich sein wird. Das Prospekterfordernis ergibt sich entweder bereits aus einem eventuellen öffentlichen Angebot der neuen Aktien. Selbst wenn nur einzelne Investoren die Sanierungskapitalerhöhung zeichnen, wird das Volumen der Kapitalerhöhung in der Regel dazu führen, dass für die Börsenzulassung der neuen Aktien die Erstellung eines Prospekts erforderlich ist.

Frankfurt Overview VI kleinerBaFin WpÜG-Befreiung
Insbesondere aus Sicht eines Sanierungsinvestors ist es wichtig, eventuelle WpHG-Pflichten (v.a. Stimmrechtsmitteilungen) aber vor allem auch die Pflicht zur Abgabe eines Pflichtangebots nach dem WpÜG bei Überschreitung der Kontrollschwelle von 30% der Stimmrechte an der börsennotierten Gesellschaft zu bedenken. Insbesondere bei einer Kapitalherabsetzung mit anschließender Kapitalerhöhung (etwa als Sachkapitalerhöhung aufgrund eines Debt-to-Equity Swap oder als Barkapitalerhöhung) kann leicht der Fall eintreten, dass einer der Zeichner der Sanierungskapitalerhöhung einen Stimmrechtanteil an dem Unternehmen von mehr als 30% erlangt. Das Erfordernis der Abgabe eines WpÜG-Pflichtangebots wäre allerdings mit einem erheblichen Kosten- und Vorbereitungsaufwand verbunden und würde die Bereitschaft vieler Investoren, sich als Sanierer zu beteiligen, vermutlich erheblich reduzieren, wenn nicht gar ausschließen.

Das WpÜG bietet daher in § 37 WpÜG in Verbindung mit § 9 Nr. 3 der WpÜG-Angebotsverordnung einen spezifischen Befreiungstatbestand von der WpÜG-Angebotspflicht an, wenn die Kontrolle über die Zielgesellschaft „im Zusammenhang mit der Sanierung der Zielgesellschaft“ erlangt wurde (sog. Sanierungsbefreiung). Voraussetzung für die Erteilung einer Sanierungsbefreiung sind in der BaFin-Verwaltungspraxis (1) die Sanierungsbedürftigkeit und (2) Sanierungsfähigkeit der Zielgesellschaft, sowie (3) ein Sanierungsbeitrag des die Kontrollschwelle überschreitenden Investors. Während sich die Sanierungsbedürftigkeit der Zielgesellschaft oft schon aus dem Vorliegen des eröffneten Insolvenzverfahrens ergibt und ein Sanierungsbeitrag des Investors in der Regel in der Teilnahme an der Kapitalerhöhung gesehen werden kann, ist die Sanierungsfähigkeit der Zielgesellschaft, d.h. die Tragfähigkeit des Sanierungskonzepts des Insolvenzplans, nach der derzeitigen Verwaltungspraxis der BaFin durch das Gutachten eines externen Sachverständigen, welches idealerweise den Anforderungen an Sanierungsgutachen nach IDW S 6 entsprechen sollte, nachzuweisen. Es empfiehlt sich immer, die Anforderungen der BaFin für den konkreten Fall frühzeitig abzustimmen, um im üblicherweise sehr zeitkritischen Sanierungsverfahren rechtzeitig auf die Wünsche der BaFin eingehen zu können.

Fazit
Der Insolvenzplan bietet sich insbesondere für börsennotierte Unternehmen an, statt einer Übertragenden Sanierung unter Liquidation der Gesellschaft eine Sanierung der Gesellschaft unter Aufrechterhaltung der Börsennotierung zu ermöglichen. Daher sollten sich insbesondere krisennahe oder in der Krise befindliche börsennotierte Unternehmen möglichst frühzeitig mit dem Thema Insolvenzplanverfahren beschäftigen.

Zu den Autoren: 
Peter Holst ist Anwalt (ab 1. Mai 2016 Partner) im Frankfurter Büro von Norton Rose Fulbright im Bereich Gesellschaftsrecht/M&A mit Schwerpunkt auf börsennotierte Gesellschaften. Denis Dräger ist als Rechtsanwalt im Frankfurter Büro von Norton Rose Fulbright tätig. Er berät kapitalmarktorientierte Unternehmen u.a. hinsichtlich Aktien- und Anleiheemissionen sowie der entsprechenden Börsenzulassungs-Folgepflichten.

Der Artikel ist eine Vorabveröffentlichung aus dem GoingPublic Magazin Special Kapitalmarktrecht 2016, das Ende April erscheint.

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