Von Dr. Günther M. Bredow, LL.M., Partner, und Dr. Mirko Sickinger, LL.M., Partner, Heuking Kühn Lüer Wojtek

Zahlreiche Unternehmen haben Unternehmensanleihen emittiert, die jetzt jedoch an den Mittelstandsmarktsegmenten zum Teil deutlich unterhalb ihres Nennwertes gehandelt werden. Diese Situation bietet Chancen, das Bilanzbild des Emittenten durch ein Anleiherückkaufprogramm zu verbessern und die Zinslast zu senken.

Je nach Anleihebedingungen existieren unterschiedliche Wege des Rückkaufs, im Ergebnis ist ein Rückkauf nach allgemeinem Zivil- und Gesellschaftsrecht ohne weiteres zulässig, mindestens in Form eines freiwilligen Erwerbsangebots. Insbesondere die Beschränkungen des § 71 AktG für den Rückerwerb eigener Aktien sind nach ganz herrschender Meinung nicht entsprechend auf den Erwerb eigener Anleihen anwendbar.

Beim Rückkauf durch den Emittenten erwirbt ein Unternehmen Forderungen gegen sich selbst. Nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen würde dies zur Konfusion (Erlöschen der Forderungen) und einem außerordentlichen steuerpflichtigen Ertrag führen. Die Konfusion tritt jedoch bei in Globalurkunden verbrieften Anleihen nicht sofort ein, da es sich um Inhaberschuldverschreibungen gem. § 793 BGB handelt. Diese Forderungen ruhen bis zur erneuten Begebung oder Entwertung der Anleihen. So lange muss der Emittent die eigenen Anleihen wie fremde Wertpapiere bilanzieren und kann so den Zeitpunkt des Entstehens eines außerordentlichen Ertrages selbst bestimmen.

Anleiherückkauf durch Mehrheitsgesellschafter

Der Erwerb von Forderungen durch einen Gesellschafter vermeidet allgemein eine Konfusion auf Ebene der Gesellschaft. Bei Anleihen besteht diese Notwendigkeit im Hinblick auf deren Verbriefung regelmäßig allerdings nicht, solange die Wiederausgabe noch in Betracht kommt.

Nach dem Erwerb kann der Mehrheitsgesellschafter die Anleihen – ggf. nach Wertaufholung – wieder veräußern oder auch in die Gesellschaft einbringen. Durch einen Verkauf der Anleihe am Markt erzielt der Mehrheitsgesellschafter ggf. steuerpflichtige Einkünfte aus Kapitalvermögen.

Die Einbringung ist rechtlich die Leistung einer Einlage mit der Folge, dass auf Ebene des Emittenten Fremdkapital zu Eigenkapital wird. Auf Ebene des Gesellschafters findet lediglich eine anteilige Wertsteigerung seiner Beteiligung statt, die von der Höhe seiner Beteiligungsquote abhängt. Eine etwaige Fremdfinanzierung für den Ankauf der Anleihe bleibt bei ihm bestehen, ebenso wie eine private Steuerbelastung bei Wertaufholung der Anleihe vor Einbringung.

Verbot der Marktmanipulation

Kapitalmarktrechtlich haben Rückkaufprogramme das Verbot der Marktmanipulation zu beachten, das auch in den Segmenten für Mittelstandsanleihen gilt. Wegen ihrer kursstabilisierenden Wirkung kommen Rückkaufgeschäfte grundsätzlich als Marktmanipulation in Betracht.

Für im regulierten Markt notierte Aktien existiert eine sog. „Safe-Harbour-Regelung“ (Verordnung EG 2273/2003). Werden die dort aufgestellten Anforderungen erfüllt, liegt keine Marktmanipulation vor. Ob diese Regelung auf Rückkäufe von Anleihen entsprechend anwendbar ist, muss noch als offen bezeichnet werden.

Die Safe-Harbour-Regelung sieht allerdings ohnehin eine Begrenzung des Erwerbs auf täglich höchstens 25% des durchschnittlichen täglichen Handelsumsatzes vor. Diese Begrenzung dürfte dazu führen, dass sich ein Rückkaufprogramm über einen längeren Zeitraum, ggf. sogar über mehrere Monate, erstreckt und daher unattraktiv wird. Alternativ kommt die Abgabe eines öffentlichen Rückerwerbsangebots in Betracht. Eine Marktmanipulation scheidet hier aufgrund der Öffentlichkeit des Angebots von vornherein aus. Diese Transparenz kann gleichzeitig kursstabilisierend wirken. Außerdem kann der Angebotszeitraum frei gewählt werden, die Handelsbegrenzung der Safe-Harbour-Regelung gilt hier nicht.

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