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Christoph Schöndube, Analyst, Independent Research GmbH

Die Medizintechnik-Branche gilt als besonders innovativ, wachstumsstark und zukunftsträchtig. Medizintechnikprodukte umfassen dabei ein großes Spektrum, das von kardiologischen Implantaten über künstliche Linsen bis hin zu Prothesen und Röntgengeräten reicht. Treiber der zukünftigen Entwicklung sind vor allem der demografische Wandel in der Bevölkerung sowie der Ausbau des Gesundheitssystems in den Schwellenländern. Insbesondere Deutschland hat sich aufgrund seiner langen Tradition im Bereich Medizintechnik eine gute internationale Wettbewerbsposition verschafft.

Hohe Nachfrage nach medizintechnischen Produkten
Bei der Nachfrage nach Gesundheitsleistungen und somit auch bei medizintechnischen Produkten ist weltweit eine kräftige Expansion zu beobachten. Der Großteil des Nachfragepotenzials entfällt auf ambulante und stationäre Dienstleister der Gesundheitsversorgung. Die Nachfrage nach medizintechnischen Produkten ist eng korreliert mit der Gesundheitsnachfrage. Die Größe des Marktes bestimmt sich dabei nicht nur nach der zu versorgenden Bevölkerungszahl, sondern auch durch die Höhe der nationalen Ausgaben für Gesundheit. Diese hohen Ausgaben sind insbesondere in reichen Volkswirtschaften zu beobachten und in der Vergangenheit stetig und zum Teil auch stärker als das Bruttoinlandsprodukt gestiegen. Zurückzuführen ist dieser Umstand vor allem auf den demografischen Wandel, infolgedessen auch eine Zunahme chronischer Krankheiten und gestiegene Multimorbidität im hohen Alter zu beobachten ist. Zudem stellt „Gesundheit“ volkswirtschaftlich betrachtet ein superiores Gut dar, was bedeutet, dass die Nachfrage nach Gesundheitsleistungen überproportional zur Einkommensentwicklung steigt, da Gesundheit einen immer größeren Stellenwert einnimmt.

Schwellenländer verfügen über die besten Wachstumsperspektiven
Das Volumen des weltweiten Medizintechnikmarktes wird laut einer Studie von Espicom Business Intelligence für 2012 auf rund 300 Mrd. USD geschätzt. Das durchschnittliche jährliche Wachstum betrug in den Jahren von 2006 bis 2010 7,9%. Bis 2017 wird ein durchschnittliches jährliches Wachstum von 7,1% auf rund 430 Mrd. USD erwartet. Das im Vergleich zur Vergangenheit leicht schwächere Wachstum resultiert dabei vor allem aus der verhaltenen Entwicklung in der Eurozone auf Grund der konjunkturellen Unsicherheiten infolge der Staatsschuldenkrise. Die besten Wachstumsperspektiven werden nach wie vor für die wachstumsstarken Schwellenländer in Asien, Lateinamerika sowie Zentral- und Osteuropa gesehen.

Zurückzuführen ist dies auf eine verbesserte Infrastruktur sowie auf ein steigendes Einkommen, was insgesamt eine bessere medizinische Versorgung der Bevölkerung ermöglicht. In Russland und der Türkei ist beispielsweise mit weiterhin guten Absatzchancen zu rechnen, da hier das Gesundheitssystem bzw. die Gesundheitseinrichtungen weiter modernisiert werden. Auch in China wird verstärkt in neue Krankenhäuser investiert. 2011 gab die Regierung bekannt, über 100 Mrd. USD in den Gesundheitssektor zu investieren. In den USA, dem weltweit größten Markt für Medizintechnikprodukte (Volumen 2012e: 120 Mrd. USD; Weltmarktanteil: 40%), ist von einem moderaten Wachstum auszugehen. Haupttreiber ist hier der zunehmende Anteil älterer Menschen in der Bevölkerung. Allerdings sind in den USA Budgetkürzungen im Rahmen der Haushaltskonsolidierung möglich.

Quelle: Independent Research GmbH

Deutschland hat eine starke Marktstellung inne
Auch in Deutschland, dem drittgrößten Medizintechnikmarkt, ist mit einem moderaten Wachstum zu rechnen. Hier stieg vorläufigen Berechnungen des Fachverbands für Medizintechnik Spectaris zufolge 2012 der Gesamtumsatz um 4% auf 22 Mrd. EUR. Der Auslandsumsatz hatte dabei mit 15 Mrd. EUR den größeren Anteil. Die hohe Nachfrage nach deutscher Medizintechnik im Ausland ist somit ein Indiz für die Innovationskraft der deutschen Medizintechnikunternehmen, die überdurchschnittlich in Forschung und Entwicklung investieren. So liegt die F&E-Quote bei rund 9% und ist damit ungefähr doppelt so hoch wie der Durchschnitt der Gesamtindustrie. Entsprechend hoch ist der Umsatzanteil innovativer Produkte, der rund ein Drittel beträgt. Die hohen Ausgaben in diesem Bereich können somit auch in Zukunft dazu beitragen, die Position deutscher Medizintechnikunternehmen zu festigen.

Attraktive deutsche Medizintechnikunternehmen
Mit Blick auf ein hohes Engagement in den wachstumsstarken Schwellenländern sowie eine hohe Innovationskraft sind in Deutschland die Unternehmen Drägerwerk und Carl Zeiss Meditec zu nennen. Beide Konzerne erwirtschaften bereits jetzt 20% bzw. 30% des Umsatzes in der Region Asien-Pazifik. Zudem bestätigen beide Unternehmen gemessen an ihrer F&E-Quote von 7% bzw. 8% die hohen Investitionsbemühungen in die Entwicklung innovativer Produkte. Auch zukünftig sind die Konzerne bestrebt, verstärkt diesen Trends nachzugehen. So kündigte Drägerwerk an, weiterhin stark in die Forschung und Entwicklung zu investieren, während Carl Zeiss Meditec die Präsenz in den Schwellenländern verstärken will. Vor diesem Hintergrund dürften beide Unternehmen ihre Marktpositionen festigen bzw. ausbauen. Der Dialysekonzern Fresenius Medical Care, eines der am Umsatz gemessen größten deutschen Medizintechnikunternehmen, ist bereits Marktführer in seinem Segment und damit ein gutes Beispiel für eine global herausragende Positionierung.

Quelle: Independent Research; Bloomberg; Kurse vom 20.11.2012

Ausblick
Die Medizintechnik hat ein hohes Innovationspotenzial und wird somit auch in Zukunft attraktive Wachstumschancen bieten. Die Nachfrage nach medizinischer Versorgung wird vor allem in den Entwicklungs- und Schwellenländern wie z.B. China und Indien stark ansteigen. Entscheidend neben dem Bevölkerungswachstum ist hier vor allem das Einkommenswachstum, denn in den unteren Einkommensbereichen nimmt der Anteil der Gesundheitsausgaben aufgrund der hohen Elastizität mit steigendem Einkommen überproportional zu. Doch auch in den Industrieländern wird durch die zunehmend alternde Bevölkerung sowie durch ein steigendes Gesundheitsbewusstsein die Nachfrage nach Gesundheitsprodukten weiter steigen.

Dieser Artikel ist erschienen in der Sonderbeilage Medizintechnik 2012 des GoingPublic Magazins 12/2012.

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