Philipp Melzer, Partner und Rechtsanwalt, CMS Hasche Sigle Partnerschaft von Rechtsanwälten und Steuerberatern
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Die Deutsche Börse AG hat im Rahmen des Eigenkapitalforums 2011 verkündet, ein neues Segment für Unternehmensanleihen zu schaffen, das 2012 starten soll. Hierdurch soll Unternehmen die Möglichkeit gegeben werden, Fremdkapital über Unternehmensanleihen im neu zu schaffenden „Prime Standard für Anleihen“ an der Frankfurt Wertpapierbörse zu generieren. Die Zielgruppe dieses neuen Segments sollen hauptsächlich größere Unternehmen, gleich ob börsennotiert oder nicht, mit einem geplanten Emissionsvolumen von über 100 Mio. EUR sein. Die Stückelung soll zwingend 1.000 EUR pro Anleihe betragen. Der Prime Standard für Anleihen soll sowohl über eine Notierung der Anleihe im regulierten Markt als auch über eine Notierung im Open Market zugänglich sein. Über den Open Market soll auch Unternehmen, die nicht nach IFRS bilanzieren, der Zugang zum Prime-Standard-Segment für Anleihen möglich gemacht werden.

Dem Vernehmen nach soll die Veröffentlichung der „Teilnahmebedingungen“ durch die Deutsche Börse unmittelbar bevorstehen. Diese werden, wie z.B. früher die Bedingungen des Neuen Marktes, privatrechtlichen Charakter in dem Sinne haben, dass sie ein vertragliches Rechtsverhältnis zwischen der Frankfurter Wertpapierbörse einerseits und dem Emittenten sowie dem Mitantragsteller (mehr hierzu weiter unten) begründen. Zustandekommen wird ein solcher Vertrag durch Stellung eines Antrags und dessen Annahme durch die Frankfurter Wertpapierbörse.

Prospekthaftung der emissionsbegleitenden Bank?

Analog § 32 Abs. 2 Börsengesetz ist der Antrag zur Aufnahme in das Prime Standard Segment für Anleihen gemeinsam mit einem zum Handel an einer inländischen Börse zugelassenen Kredit- bzw. Finanzdienstleistungsinstitut mit einem haftenden Eigenkapital von mindestens 730.000 EUR zu stellen. Dies führt für die Fälle, in denen die Anleihen im Open Market notiert werden, allerdings nicht dazu, dass die emissionsbegleitende Bank als Mitantragsteller die Verantwortung für die Richtigkeit und die Vollständigkeit des der Anleiheemission zugrunde liegenden Wertpapierprospekts zu übernehmen hat. Denn § 5 Abs. 4 Satz 2 des Wertpapierprospektgesetzes (WpPG), wonach auch das Institut, „mit dem der Emittent zusammen die Zulassung der Wertpapiere beantragt“, die Prospektverantwortung durch eine entsprechende Erklärung im Prospekt zu übernehmen hat, ist auf Fälle der Zulassung von Wertpapieren zum regulierten Markt beschränkt.

Im Falle, dass eine Anleihe im regulierten Markt zugelassen wird, findet § 5 Abs. 4 Satz 2 WpPG direkte Anwendung, d.h. dass die emissionsbegleitende Bank als Mitantragsteller die volle Prospekthaftung trifft. Ausweichen ließe sich der Prospekthaftung allenfalls in der Form, dass der Wertpapierprospekt in einem im EU/EW-Ausland angesiedelten Staat gebilligt wird, der eine dem § 5 Abs. 4 Satz 2 WpPG vergleichbare Regelung nicht kennt. Dies ist unter anderem in Österreich oder Luxemburg der Fall. Eine Billigung des Wertpapierprospekts in einem im EU/EW-Ausland angesiedelten Staat ist allerdings nur dann möglich, wenn in diesem Staat entweder ein öffentliches Angebot der Anleihen erfolgt oder die (zusätzliche) Zulassung zum Handel an einem regulierten Markt. Auch ohne Verantwortlichkeitsübernahmeerklärung im Prospekt kann jedoch auch in einer solchen Konstellation nicht mit letzter Sicherheit ausgeschlossen werden, dass den Mitantragsteller aufgrund der Antragstellung und möglicher weiterer Umstände der Transaktionsgestaltung ein Prospekthaftungsrisiko trifft. Unter dem Gesichtspunkt einer möglichen Prospekthaftung scheint daher der Weg über den Open Market in den Prime Standard für Anleihen der für die transaktionsbegleitende Bank vorteilhaftere.

Fazit

Damit das Transparenzniveau aller das Gütesiegel „Prime Standard“ tragenden Anleihen gleich hoch ist, werden die Teilnahmebedingungen (insbesondere hinsichtlich der Finanzberichterstattung) an die im Open Market notierten Prime-Standard-Anleihen Transparenzanforderungen stellen, die mit denen vergleichbar sind, die für die im regulierten Markt notierten Prime-Standard-Anleihen bereits kraft Gesetzes gelten.

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