Die Durchführung einer Kapitalerhöhung zum Unternehmenserwerb bedeutet, dass im Hinblick auf die Kapitalaufbringung die strengen aktienrechtlichen Regeln eingehalten werden müssen. Foto: PantherMedia / Sergej Khackimullin

 

Dr. Laurenz Wieneke, LL.M., Rechtsanwalt und Partner, Noerr LLP

Der Zugang zu Akquisitionsfinanzierungen gestaltet sich als Folge der Finanzkrise gerade für mittelständische Unternehmen weiterhin schwierig. Trotz einer Börsennotierung ist vielfach auch der Zugang zu Eigenkapital zu attraktiven Konditionen nicht möglich. In einem solchen Fall ist ein Unternehmenskauf mit Aktien eine attraktive Gestaltungsoption. Aufgrund der für die Schaffung der neuen Aktien geltenden Kapitalaufbringungsregeln sind die rechtlichen Rahmenbedingungen gegenüber einer normalen M&A-Transaktion allerdings erheblich komplexer.

Wachstumsfinanzierung mit Aktien

Auch nach einem gelungenen Börsengang stellt die Wachstumsfinanzierung gerade für kleine und mittlere börsennotierte Unternehmen vielfach eine Herausforderung dar. Selbst wenn sich die Geschäfte seit der Börseneinführung gut entwickelt haben und der Emittent die Erwartungen des Kapitalmarkts im Großen und Ganzen erfüllt hat, sind häufig erneute Kapitalaufnahmen durch Aktienemissionen im Sekundärmarkt schwierig. Die Gründe hierfür sind unterschiedlich und können etwa in der geringen Liquidität der Werte, der fehlenden Coverage durch Analysten oder dem allgemein reduzierten Interesse von Investoren an kleineren Werten liegen. Auch Banken sind bei der Kreditfinanzierung von Akquisitionen nach wie vor zurückhaltend.

Vor diesem Hintergrund rückt insbesondere für Unternehmenskäufe durch börsennotierte Gesellschaften die Möglichkeit des Erwerbs durch Ausgabe eigener Aktien in das Blickfeld. Man spricht hier von „share for share“-Transaktionen oder einem Unternehmenskauf durch Aktien. Der wesentliche Vorteil einer solchen Transaktionsstruktur besteht für den Emittenten darin, dass er seine Liquidität schonen kann, da er vollständig oder jedenfalls teilweise mit neu geschaffenen eigenen Aktien zahlt. Vorteile ergeben sich aber auch für den Verkäufer. Er erhält für sein Unternehmen fungible Anteile, die an der Börse bewertet und veräußert werden können. Zudem ist die Veräußerung unter bestimmten Bedingungen für ihn steuerfrei.

Ausschluss des Bezugsrechts

Rechtstechnisch handelt es sich in der Regel um eine Kapitalerhöhung, bei der die Anteile oder Vermögenswerte der Zielgesellschaft im Wege der Sacheinlage in den erwerbenden Emittenten eingebracht werden. Nur in Ausnahmefällen wird der Emittent über hinreichende eigene Aktien verfügen, die er als Akquisitionswährung nutzen kann. In jedem Fall ist ein Ausschluss des Bezugsrechts der bestehenden Aktionäre erforderlich. Für die Schaffung neuer Aktien kann zwar die erforderliche Kapitalerhöhung durch die Hauptversammlung beschlossen werden, der Prozess ist dann allerdings sehr zeitaufwändig und bietet aufgrund nach wie vor bestehender Anfechtungsrisiken keine hinreichende Transaktionssicherheit. Deshalb werden Sachkapitalerhöhungen fast durchweg aus genehmigtem Kapital durchgeführt. Seit der „Siemens-Nold“-Entscheidung des BGH sehen die genehmigten Kapitalia börsennotierter Gesellschaften regelmäßig die Ermächtigung zum Bezugsrechtsausschluss für den Erwerb von Unternehmen oder Unternehmensteilen vor. Ein Emittent, der sich die Option einer „share for share“-Transaktion offen halten will, sollte daher die erforderliche Ermächtigung vorhalten. Wird der Hauptversammlung die Erneuerung der Befugnis zum Bezugsrechtsausschluss vorgeschlagen, ist darauf zu achten, dass etwaige Bezugsrechtsausschlüsse aus dem vergangenen Geschäftsjahr noch einmal in der Hauptversammlung erläutert und begründet werden.

Das Unternehmen als Sacheinlage

Die Durchführung einer Kapitalerhöhung bedeutet, dass im Hinblick auf die Kapitalaufbringung die strengen aktienrechtlichen Regeln eingehalten werden müssen. Im Ergebnis muss für jede neu geschaffene Aktie eine Einlage in Höhe des (rechnerischen) Nominalwerts der Aktien – in der Regel 1,00 EUR – oder eines höheren Ausgabebetrages erbracht werden. Dieser Wert muss nicht nur durch einen gerichtlich bestellten Prüfer bestätigt werden, er muss auch tatsächlich vorliegen. Dieses starre, dem Gläubigerschutz dienende Prinzip der Kapitalaufbringung verträgt sich an verschiedenen Stellen nicht mit den Marktstandards, die für einen Unternehmenskauf gelten. M&A-Transaktionen sind zwar einerseits durch umfangreiche, aber beschränkte Gewährleistungskataloge gekennzeichnet, die den Käufer, hier den Emittenten, schützen. Andererseits ist die Haftung des Verkäufers aber üblicherweise zeitlich und betragsmäßig beschränkt. Widersprechen solche Klauseln der Kapitalaufbringung, sind sie unwirksam.

Zudem ist zu berücksichtigen, dass auch der Verkäufer der Zielgesellschaft bei wirtschaftlicher Betrachtung in den Emittenten investiert. Auch in umgekehrter Richtung liegt daher eine M&A-Transaktion vor. Das liegt auf der Hand, wenn der Verkäufer nach der Kapitalerhöhung eine substanzielle Beteiligung an dem Emittenten hält. Dann wird auch er eine Due Diligence machen wollen und im Zweifel dieselben Zusicherungen vom Emittenten verlangen, die auch er abgeben muss. Aus gesellschaftsrechtlicher Sicht gefährden solche Zusicherungen allerdings die Kapitalaufbringung, weil es im Zusammenhang mit der Kapitalerhöhung zu einer Schmälerung der Einlage kommen kann.

Fazit

Ein Unternehmenskauf mit Aktien kann in Zeiten beschränkter liquider Mittel eine willkommene Gestaltungsoption darstellen. Die Parteien müssen allerdings mit einer erhöhten rechtlichen Komplexität rechnen.

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