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Zum 10.Mal seit 2014 führte GBC 2023 eine Befragung unter börsennotierten Gesellschaften von MDAX, SDAX bis hin zum m:access durch. Die Ergebnisse sind ermutigend: Die meisten Unternehmen nehmen die Transformation zu einem nachhaltigeren Wirtschaften sehr ernst.

Die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsfaktoren spielt für Unternehmen eine immer größere Rolle, insbesondere um den nachhaltigen Unternehmenserfolg mit den globalen Energie- und Klimazielen sowie den UN-Nachhaltigkeitszielen (17 SDGs) für nachhaltiges Wirtschaften und Wachstum in Einklang zu bringen. Die Manifestierung gesetzlicher Rahmenbedingungen wie die EU-Taxonomie (European Green Deal) oder die Offenlegungsverordnung sollen als elementare Richtschnur für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft dienen, um das Erreichen der global avisierten Nachhaltigkeitsziele zu ermöglichen.

So fordern auch Investoren und Ratingagenturen zunehmend, dass die ESG-spezifische Kapitalmarktkommunikation von Unternehmen transparenter und umfassender wird. Im Rahmen der diesjährigen Nachhaltigkeitsbefragung lag der thematische Schwerpunkt auf der Bedeutung und Umsetzung von Nachhaltigkeitsaspekten zur Erreichung globaler Nachhaltigkeitsziele. In diesem Zusammenhang wurden im Rahmen eines Nachhaltigkeitssurveys von GBC börsennotierte mittelständische Unternehmen aus MDAX, SDAX bis hin zum Segment m:access der Börse München befragt. Die Datenauswertung erfolgte anhand von 70 vollständig beantworteten Fragebögen.

Die Konzeption des diesjährigen Nachhaltigkeitsfragebogens basiert im Wesentlichen auf den Themenfeldern der ökologischen, sozialen und ökonomischen Nachhaltigkeit.

Zunächst wurden die Unternehmen gefragt: „Wie schätzen Sie den Stellenwert von Nachhaltigkeit und ESG in Ihrem Unternehmen ein?“ Ein Großteil der Unternehmen stufte die Bedeutung als sehr hoch (31,34%) oder hoch (49,25%) ein.

Des Weiteren wurde gefragt: „Warum verfolgt Ihr Unternehmen das Thema Nachhaltigkeit/ESG?“ Als Hauptgründe wurden die strategische Unternehmenspolitik/eigene Unternehmensphilosophie (74,6%), gesetzliche Vorgaben (68,7%) und ESG-Investmentkriterien der Aktionäre (47,8%) genannt.

Abb. 1: Warum verfolgt Ihr Unternehmen das Thema Nachhaltigkeit/ESG?
Quelle: GBC AG

Die Unternehmen wurden auch um Auskunft gebeten, was Nachhaltigkeit für sie konkret bedeutet. 70,1% der Befragten verbinden damit eine Verbesserung des Umweltschutzes als Unternehmensziel. Darüber hinaus verbinden 65,7% der Unternehmen Nachhaltigkeit mit Ressourcenschonung und 62,7% mit Engagement im sozialen Bereich.

Abb. 2: Was bedeutet Nachhaltigkeit in Ihrem Unternehmen
Quelle: GBC AG

Konkrete Beiträge zum Klima- und Umweltschutz: Ökostrom und E-Mobilität

Das Thema Umweltschutz wird im Jahr 2023 eine immer wichtigere Rolle spielen als bisher. Aus der Nachhaltigkeitsbefragung geht hervor, dass für 70,31% der Befragten der Umweltschutz grundsätzlich eine wichtige Rolle spielt. In diesem Zusammenhang wurden die Unternehmen gefragt, ob sie bereits CO2-Daten messen, was mehr als drei Viertel (76,6%) bejahten. Zusätzlich wurden die Unternehmen gefragt, ob sie ihre CO2-Emissionen kompensieren. Hier ergab sich ein gegensätzliches Ergebnis zur CO2-Datenerfassung: 75,81% der Unternehmen gaben an, dass sie die verursachten CO2-Emissionen (Scope 1 bis 3) nicht kompensieren.

Auch der konkrete Beitrag des jeweiligen Unternehmens zum Umweltschutz wurde ersucht. Auf die Frage „Welchen zusätzlichen Beitrag leistet Ihr Unternehmen zum Umweltschutz?“ gab ein Großteil von 66,67% an, Ökostrom als bevorzugte Energiequelle zu nutzen.  Weiters gaben 63,5% der Befragten an, durch den Umstieg auf E-Mobilität in Form von vermehrter Nutzung von E-Autos und E-Bikes einen Beitrag zum Umweltschutz zu leisten.

Soziale Nachhaltigkeit: Ausbildung, Weiterbildung, Betriebszugehörigkeit

Im Hinblick auf die soziale Nachhaltigkeit wurden die Unternehmen gefragt: „Inwieweit steht der Mensch im Mittelpunkt Ihres Unternehmens?“ 90,0% der Befragten gaben an, dass der Faktor Mensch eine wichtige Rolle im Unternehmen einnimmt. Demnach bedeutet nachhaltigkeitsorientiertes Handeln auch, die Ressource Mensch zu fördern. Entsprechend gab die Mehrheit (83,33%) an, dass im Unternehmen ausgebildet wird. Zudem setzen die befragten Unternehmen auch auf eine nachhaltige Personalentwicklung und bieten daher ein breites Spektrum an Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen an. Konkret zählen IT-Schulungen (78,3%), das Angebot von Sprachkursen (71,7%), duale Studienangebote (51,7%) sowie Schulungen zum Verständnis von CSR/Nachhaltigkeitsberichterstattung (41,7%) zu den am häufigsten genannten kostenlosen Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten für die Mitarbeiter.

Auf die Frage „Wie hoch ist die durchschnittliche Betriebszugehörigkeit Ihrer Mitarbeiter?“ antwortete mehr als ein Drittel (38,33%), dass die Betriebszugehörigkeit der Mitarbeiter mehr als zehn Jahre beträgt, bei weiteren 38,33% liegt die Betriebszugehörigkeit zwischen sechs und neun Jahren.

Eine lange Betriebszugehörigkeit und damit eine geringe Fluktuation ist häufig Ausdruck eines guten Betriebsklimas. Auf die Frage „Welche Maßnahmen gibt es in Ihrem Unternehmen für ein besonders nachhaltiges Arbeitsumfeld?“ antworteten die Unternehmen mehrheitlich mit Homeoffice/Remote Work (91,7%), Gleitzeit/Flexible Arbeitszeitgestaltung (90,0%), Teilzeitstellen für Mitarbeiter mit Kindern (85,0%) sowie Gesundheitsangebote wie Rückenprogramme, Stressseminare etc. (83,3%).

Abb. 3: Welche Maßnahmen gibt es in Ihrem Unternehmen für ein besonders nachhaltiges Arbeitsumfeld?
Quelle: GBC AG

Soziale Nachhaltigkeit und Verantwortung spiegelt sich auch in der Entlohnung der Mitarbeiter wider. Deshalb haben wir die Unternehmen gefragt: „Wie stehen Sie zum Thema Lohngerechtigkeit? Die Mehrheit der Befragten (71,67%) gab an, dass eine leistungsgerechte und damit faire Entlohnung im Unternehmen üblich ist.

Nachhaltige Unternehmensführung: Investition in Mitarbeiter, Technologie und Kundenbindung

Im Bereich der ökonomischen Nachhaltigkeit haben wir bewertet, inwieweit die Unternehmensführung und die Unternehmensstrategie auf Nachhaltigkeit ausgerichtet sind.

Eine nachhaltigkeitsorientierte Unternehmensführung soll im Idealfall den Unternehmenserfolg langfristig sichern. Aus diesem Grund haben wir die Unternehmen gefragt: „Welchen Stellenwert haben Forschung und Entwicklung bzw. Zukunftsinvestitionen in Ihrem Unternehmen?“ Konkret gaben fast drei Viertel der Unternehmen (72,41%) an, dass Zukunftsinvestitionen perspektivisch eine hohe Bedeutung haben. Ebenso gaben sie an, welche Zukunftsinvestitionen getätigt werden, um das Unternehmen nachhaltig auszurichten und weiterzuentwickeln – dies sind Investitionen in Mitarbeiter (82,8%), in neue Technologien (81,1%) oder zur Verbesserung der Produktionsprozesse (62,1%).

Eine nachhaltig orientierte Unternehmensführung spiegelt sich letztlich in der Langfristigkeit der Geschäftsbeziehungen zu den Kunden wider. Daher haben wir die Unternehmen nach der durchschnittlichen Kundenbindungsdauer in Jahren gefragt. Dabei zeigt sich, dass 41,38% der Unternehmen eine Kundenbindung von mehr als zehn Jahren aufweisen.

Transparenz und ESG-bezogene Kommunikation bereits weit verbreitet

Mit Blick auf die nachhaltigkeitsorientierte Kapitalmarktkommunikation wurde gefragt, seit wann und ob die Unternehmen einen Nachhaltigkeitsbericht erstellen. Laut Umfrage erstellen bereits 72,4% der börsennotierten mittelständischen Unternehmen einen sogenannten Non-Financial Report bzw. Nachhaltigkeits-/ESG-Bericht, um nachhaltigkeitsrelevante Unternehmensdaten transparent an die jeweiligen Share- und Stakeholder zu kommunizieren. In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass die meisten Unternehmen den Nachhaltigkeitsbericht nach den anerkannten GRI-Standards erstellen. Ebenso geht aus der Nachhaltigkeitsumfrage hervor, dass 84,5% der befragten Unternehmen die Empfehlungen des Deutschen Corporate Governance Kodex befolgen.

Selbsteinschätzung: Luft nach oben

Abschließend wurden die Unternehmen zur Umsetzung des Themas Nachhaltigkeit befragt und abschließend um eine Selbsteinschätzung gebeten. Die Selbsteinschätzung in Form der Schulnotenskala von eins bis sechs und fällt selbstkritisch aus. So geben sich nur ca. 5% die Note eins und 43% die Note zwei. Rund 40% geben sich derzeit erst die Note drei und 7% die Note vier und sehen somit noch Luft nach oben.

Quelle: GBC AG

 

Autor/Autorin

Marcel Schaffer

Marcel Schaffer ist Finanzanalyst, seit 2019 bei der GBC AG mit Fokus auf den börsennotierten Mittelstand, ESG-/Nachhaltigkeitsanalyse, Marktanalyse sowie Unternehmensbewertung und hat einen M.Sc. mit Schwerpunkt auf Finance & Accounting.