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Seit Gründung der Bundesrepublik bilden mittelständische Unternehmen das Rückgrat der deutschen Volkswirtschaft. So stellte schon der erste Kanzler der Bundesrepublik, Konrad Adenauer, fest: „Der Mittelstand ist eigentlich das Gesündeste an einem Staatskörper. Aus ihm müssen die Leute hervorgehen, die den Staat um einer Idee willen stützen und tragen.“

Vor allem als Arbeitgeber besitzt der Mittelstand hohe Bedeutung. So werden mehr als die Hälfte aller deutschen Arbeitsplätze hier geschaffen und zudem über 80% der Auszubildenden qualifiziert. Unter diesen Firmen befinden sich zahlreiche Hidden Champions mit hoher Innovationskraft. Gut 1.300 Unternehmen bilden in der Bundesrepublik knapp die Hälfte aller verborgenen Weltmarktführer und tragen so entscheidend zu einem der führenden Plätze Deutschlands bei der Exportweltmeisterschaft bei. In der Öffentlichkeit weitestgehend unbekannt und oft inhabergeführt, streben immer mehr dieser Unternehmen eine Börsennotierung an – zum Teil im Rahmen von Nachfolgelösungen. Eine echte Chance für eine zukunftsweisende Partnerschaft zwischen Banken und Mittelstand.

Herausforderungen für den Mittelstand

Um eine erfolgreiche Partnerschaft zu implementieren, ist ein Blick auf die aktuellen Herausforderungen des Mittelstands nötig. Beim „Zukunftspanel Mittelstand“ des IFM Bonn stellten alle Beteiligten fest, dass das Thema der Liquidität für mittelständische Unternehmen im Zuge der Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs zur obersten Priorität wurde. Der Aus- und Umbau der Hygienemaßnahmen, Zurückhaltung bei den Kunden, die Sicherung von Arbeitsplätzen und Entscheidungen in Sachen Finanzierungs- und Investitionsverhalten lassen das Thema der Unternehmensfinanzierung mehr als zuvor in den Fokus rücken. Bei der Aufrechterhaltung der Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit spielen Investitionen in Digitalisierung, Internationalisierung und den Ausbau der Produktpalette unverändert zentrale Rollen.

Diese hohen Investitionen sowie verkürzte Innovationszyklen machen die Verfügbarkeit finanzieller Ressourcen mehr denn je zur Existenzfrage. Studien führender Wirtschaftsinstitute haben diesbezüglich aufgezeigt, dass die Nachfrage nach Krediten mittlerer und kleinerer Unternehmen stark ansteigt. Doch für stark wachsende Mittelständler sollte das Wachstum vielmehr über die Erhöhung des Eigenkapitals stattfinden.

Will der Mittelstand also seine Spitzenposition verteidigen und Eigenkapital erhöhen, braucht er häufig einen Zugang zum Kapitalmarkt. Der Erlös aus einem Börsengang kann u.a. verwendet werden, um die Wachstumsstrategie und den geografischen Ausbau des Geschäftsmodells weiter zu beschleunigen.

Eine gelingende Partnerschaft

Börsengänge stellen eine Chance für Unternehmen dar, Eigenmittel und den Bekanntheitsgrad zu erhöhen. Bereits bestehende Kunden und solche, die es werden können, erfahren auf diesem Wege mehr über das Unternehmen. Die hohe Komplexität eines IPOs verlangt Banken eine klare Ausrichtung auf die Bedürfnisse der Emittenten ab. Die Zusammenarbeit zwischen engagierten und erfahrenen Corporate-Finance-Experten bei der Emissionsbank und dem Management der Emittentin ist nötig, um eine erfolgreiche Transaktion für den Emittenten und seine Hauptaktionäre zu gewährleisten. Wichtig ist es, eine Emissionsbank mit an Bord zu nehmen, deren DNA stark mit diesem Unternehmenssegment verwoben ist.

Die Emissionsbanken müssen die Emittentin im Rahmen des Prozesses, u.a. bei einer umfassenden Beratung im Vorfeld der Transaktion, einer passgenauen Strukturierung des Angebots (Kapitalerhöhung vs. Abgabe von bestehenden Anteilen) und insbesondere bei der Platzierung der Aktien unterstützen. Die frühzeitige Einbeziehung des beratenden Teams ist unerlässlich, um alle Aspekte des Börsengangs zu berücksichtigen. Gemeinsam mit der Emittentin müssen darüber hinaus im Vorfeld die Ziele des IPOS identifiziert werden, beispielsweise die Höhe der Kapitalerhöhung bzw. Umplatzierung oder die Entscheidung über das Listingsegment. Besonders für kleinere Unternehmen, die eine eher überschaubare Emissionserlöshöhe anstreben, steht eine Notierung im Segment Scale der Deutschen Börse zur Verfügung. Dieses erleichtert mit seinen auf KMU zugeschnittenen Einbeziehungsvoraussetzungen und -folgepflichten die Kapitalbeschaffung und öffnet den Weg zu nationalen wie auch internationalen Investoren. Die Antragstellung erfolgt immer durch einen Deutsche Börse Capital Market Partner.

„Ein IPO stellt in vielen Fällen nur den ersten Schritt am Kapitalmarkt dar.“

Während des gesamten Prozesses muss die Kommunikation offen und vertrauensvoll sein. Wer also eine erfolgreiche Partnerschaft zwischen Emissionsbank und Mittelstand implementieren möchte, benötigt ein kompetentes, dediziertes Corporate-Finance-Team mit entsprechendem Track Record, Verständnis für die Bedürfnisse des Mittelstands sowie ein breit gefächertes Investorennetzwerk. Denn nicht selten wird ein solches Unternehmen von der Gründerfamilie geführt – ein Aspekt, der eine besondere Berücksichtigung bei der Platzierungsstrategie erfordert.

Begleitung und Beratung

Im Zuge eines IPOs wird die Investorenbasis deutlich erweitert und mit verschiedenen Arten von Investoren diversifiziert. Das primäre Ziel besteht darin, stabile, langfristige Investoren zu treffen, die das Unternehmen über lange Zeit begleiten werden. Um diese zu identifizieren muss die begleitende Bank über ein breit aufgestelltes Investorennetzwerk verfügen, das bereits in der Frühvermarktung angesprochen wird. Hierbei wird eine begrenzte Anzahl von Investoren herausgefiltert, die passgenau auf das IPO-Unternehmen zugeschnitten sind. Diese befinden sich typischerweise in Deutschland, der Schweiz, Frankreich, Großbritannien sowie den USA und kennen bzw. schätzen den deutschen Mittelstand. In einem weiteren Schritt wird ein erweiterter Investorenkreis durch den Research-Analysten angesprochen, der mit seiner Studie die Gründe für den Börsengang, das Geschäftsmodell und die Bewertung des Unternehmens detailliert vorstellt, gefolgt von einer Roadshow des Topmanagements.

Post-IPO-Betreuung über den eigentlichen Börsengang hinaus

Neben der klassischen Investor-Relations-Arbeit und Konferenzteilnahmen als börsennotiertes Unternehmen spielt die kontinuierliche Begleitung durch die Emissionsbank eine zentrale Rolle: Denn ein IPO stellt in vielen Fällen nur den ersten Schritt am Kapitalmarkt dar. Maßgeschneiderte Empfehlungen und enger Kontakt sind dabei von großer Bedeutung.

Autor/Autorin

Christophe Tadié

Christophe Tadié ist Partner der ODDO BHF Group, Vorstandsmitglied der ODDO BHF AG und seit 2019 verantwortlich für den Geschäftsbereich Corporates & Markets. Zuvor war er CFO und CRO der ODDO BHF Group.

Christian Eiteneyer

Christian Eiteneyer verantwortet das Aktien- und M&A-Geschäft bei der Commerzbank. Angefangen 2005 im Bereich Corporate Finance & Origination, begleitete er über mehr als 15 Jahren eine Vielzahl von Kapitalmarkttransaktionen in einem breiten Spektrum mittelständischer und Blue-Chip-Unternehmen.