Erklärungsversuch der Ratingagenturen
Als Begründung für die vergleichsweise positiv ausfallenden Ratings im mittelständischen Segment führt Dr. Michael Munsch, Vorstand der Creditreform Rating AG, die unterschiedlichen Perspektiven der Ratingagenturen an. So haben die internationalen Agenturen eine andere Sichtweise auf das deutsche Mittelstandssegment in Bezug auf die Risikoanfälligkeit deutscher Unternehmen oder aber der prognostizierten Insolvenzwahrscheinlichkeiten. Weiterhin könnte ein möglicher Unterschied in der Auswahl der Peergroups zu finden sein, da die Benchmark-Kennzahlen und Branchenvergleiche der internationalen Agenturen zu einem überwiegenden Teil auf der Beurteilung von Großkonzernen beruhen und diese andere Risikoprofile aufweisen (siehe BondGuide Interview – „Ausfälle sind nicht auszuschließen“, Dr. Michael Munsch, in BondGuide Ausgabe 17/2011).
Fazit
Die Subjektivität der Ratingprozesse und unterschiedliche Datenquellen der Ratingagenturen verhindern, dass Rating-Ergebnisse unmittelbar vergleichbar sind. Problematisch ist, dass die Ratingagenturen bei der Bewertung von Mittelstandsanleihen dasselbe „Labeling“ für die Bonitätsstufen verwenden wie die internationalen „Big 3-Agenturen“ für Großunternehmen. Aus Kommunikationssicht verursacht dies eine Irreführung der Privatanleger, da diesen die Sicherheit beispielsweise eines DAX-Konzerns suggeriert wird. Die von der Stuttgarter Börse lancierte Einführung eines speziellen Risikomaßes für Mittelstandsanleihen geht in die richtige Richtung: Dieses dynamische Risikomaß löst sich vom klassischen Notensystem und wird darüber hinaus fortlaufend aktualisiert.