Nach einer zwischenzeitlichen Pause im Juli/August boomt der Markt für Mittelstandsanleihen wieder: Ähnlich wie im Frühjahr drängeln sich die Emittenten geradezu an den Markt. Das ist weder vorteilhaft für die Unternehmen noch für potenzielle Investoren. Stuttgarts Bondm hat sich den Schneid abkaufen lassen vom Frankfurter Entry Standard – das Überholmanöver steht bevor. Und was sonst noch auffiel …

Wie aus Abb. 1 ersichtlich, gingen die Marktanteile von Bondm in diesem Jahr deutlich zurück: Den Entry Standard für Anleihen wählten doppelt so viele Emittenten wie Bondm. Beim Volumen betrug der Marktanteil gar 63% bis dato. Der mittelstandsmarkt Düsseldorf dagegen gilt weiter als bevorzugte Herberge der Markenartikler – und honoriert das seinerseits mit hohen Kursen: Von den 14 aktuell notierten Anleihen finden sich nur drei unter pari (100%) wieder, und das sind mit friedola, hkw Personalkonzepte und GIF just drei der wenigen non-Marken an der rheinischen Börse. Den Vogel schießt Bastei Lübbe ab mit einem Kurs von 110% und damit korrespondierend einer rechnerischen Rendite von weniger als 3,7% bis zum Ende der Laufzeit.

Alles Marke… ohne Marke ist alles nichts?

An dem Markenartikler-Phänomen scheiden sich mittlerweile die Geister. Vergleichbare Anleihen notieren und rentieren absolut unvergleichbar: Seidensticker 107,50%, Rating BB+ und 5,6% Rendite; Steilmann-Boecker 99,40%, Rating BBB und 6,9%; eterna Mode 103,50%, Rating BB- und 7,2%. Ein Muster oder gar eine plausible Erklärung ist hier nicht zur Hand. Vor allem erkennt man keinen wirklichen Zusammenhang zwischen Rating, Kurs, Rendite und Beliebtheit einer Emission.

Dann wäre da noch beispielsweise die Karlsberg-Brauerei, eine Emission vom September. Die notiert bei 106% und rentiert damit unter 6% per annum, Rating BB-. Nicht nur Spötter vertreten die Meinung, dass Karlsberg mit K bei der Emission massiv von der Verwechslungsmöglichkeit mit der fast gleichnamigen dänischen Carlsberg mit C profitiert habe. Aber Karlsberg ungleich Carlsberg. Egal – Haarspalterei?

Was zieht? Man ahnt es.

Wonach sich vor allem Privatanleger bei ihren Anleihe-Präferenzen richten, bleibt ein gewisses Mysterium. Sowohl eterna Mode wie auch Hahn Immobilien, Karlsberg und Berentzen gingen weg wie warme Semmeln, während getgoods, BDT Automation, Identec und KTG Energie zumindest teilweise nicht minder interessant/attraktiv erschienen, jedoch fast keine allgemeine Bekanntheit vorweisen konnten. Kann das aber das ausschlaggebende Kriterium für eine Investition sein? Man will hoffen, dass dem nicht so ist, doch ahnt schon, dass doch. Und, was wir hier schon oft wiederholt hatten: Das Rating spielt keinerlei Rolle. Zuweilen nicht mal der Kupon – so bot Hahn Immobilien nur magere 6,25%, eterna Mode lediglich ein halbwegs mittelmäßiges Rating, Karlsberg insgesamt eine nur brühwarme Story. Es half alles nichts: Alle drei schlossen am ersten Tag überbucht ihre Orderbücher und genauso vorhersehbar notieren alle drei weit über pari.

Endhaltestelle Bookbuilding auch für Anleihen

Man muss sehen, wo das hinführt. Eigentlich wäre damit das Bookbuilding-Verfahren, wie schon häufiger gefordert, die natürliche Weiterentwicklung: Kupon, Ausgabepreis, Volumen werden nur im groben Rahmen angekündigt und erst nach Zeichnungsende festgelegt. Wie attraktiv die Anleihe ist, entscheidet sich also erst final nach Schließen der Orderbücher. Das dürfte den einen oder anderen reinen Markennamenfetischisten einigermaßen effektiv abschrecken.

… und was sonst noch so auffiel – unsere Prognosen

  • Der Entry Standard wird Bondm alsbald endgültig den Rang ablaufen.
  • Der Fetischismus für Markenartikel-Emittenten ist absolut abnorm. Enttäuschungen werden, ja müssen folgen.
  • Mehr und mehr Emittenten werden angesichts der Opportunitäten zu Folgeanleihen versucht sein und die Gunst der Stunde ausnutzen.
  • Implizit gehen nach unseren Schätzungen 2/3 bis ¾ der Emittenten davon aus, dass sie nach Ablauf der Laufzeit ihrer Anleihen einfach Folgeanleihen auflegen werden.
  • Dass es diesen Markt für Mittelstandsanleihen gibt, ist gut; welche Macken er hat, wird großflächig ignoriert; dass das nicht gut enden kann, ist vorprogrammiert.

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