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EY-Studie bestätigt: IPOs weltweit in Warteposition

Angesichts anhaltender geopolitischer Spannungen, steigender Zinsen und einer hohen Volatilität an den Weltbörsen verharren laut aktuellem EY-Barometer zahlreiche IPO-Kandidaten in Wartestellung: Insgesamt wagten im ohnehin traditionell schwachen dritten Vierteljahr weltweit 355 Unternehmen den Sprung aufs Parkett – 41% weniger als im dritten Quartal des Rekordjahres 2021. Das Emissionsvolumen sank gar um 56% auf 50,6 Mrd. USD.

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Am stärksten betroffen war der Börsenplatz USA: Im Vergleich zum dritten Quartal des Vorjahres sank in den Vereinigten Staaten die Zahl der Börsengänge um 69% auf 32, das Emissionsvolumen schrumpfte sogar um satte 92% auf 2,6 Mrd. USD. In ­Europa ging die Zahl der Börsengänge um 71% auf 30 zurück, das Emissionsvolumen sank jedoch nur um 29% auf 10,8 Mrd. USD. Direkt zum Redaktionsschluss wertet der Rekordbörsengang von Porsche die Statistik noch erheblich auf: Es war der zweitgrößte weltweit in diesem Jahr, der größte weltweit im dritten Quartal, der größte innerhalb Europas innerhalb der letzten elf Jahre sowie schließlich der größte in Deutschland seit dem Börsengang der Telekom vor 26 Jahren. In China (einschließlich Hongkong) ging im dritten Quartal zwar das Emissionsvolumen um 5% zurück, die Zahl der Börsenneulinge stieg indes um 3% auf 158. Der Marktanteil Chinas am weltweiten IPO-Markt kletterte entsprechend stark von 26% im Vorjahresquartal auf 45%.

Sandoz-Börsengang: Novartis will sich spezialisieren

Novartis will seine Generika- und Bio­similars-Division Sandoz ausgliedern und als eigenständiges Unternehmen in der Schweiz an die Börse bringen. Dieser Schritt soll es dem Schweizer Pharmaunternehmen ermöglichen, sich auf die Entwicklung neuer Medikamente zu konzentrieren. Der Pharmakonzern will sich auf innovative Arzneimittel fokussieren und damit auch ein besseres Finanzprofil erhalten.

Novartis stellt derzeit das Geschäft mit den patentgeschützten Arzneien – Innovative Medicines – geografisch neu auf und richtet sie stärker auf den bedeutenden US-Markt aus. Bislang ist es nach Therapiegebieten ausgerichtet.

Sandoz soll den Unternehmenssitz in der Schweiz haben und an der SIX Swiss Exchange sowie per American Depositary Receipts in den USA börsennotiert werden. Der Prozess soll im zweiten Halbjahr 2023 abgeschlossen werden.

Novartis-CEO Vas Narasimhan zufolge unterstützt die Abspaltung von Sandoz die Strategie, einen fokussierten, innovativen Medikamentenhersteller aufzubauen, der in fünf therapeutischen Kernbereichen stark ist und über starke Technologieplattformen verfügt.

Sandoz ist in mehr als 100 Märkten weltweit vertreten und erzielte im vergangenen Jahr einen Umsatz von 9,6 Mrd. USD, somit knapp ein Fünftel des Novartis-Umsatzes.

Mit einem von Analysten taxierten Börsenwert von mindestens 20 Mrd. USD wäre Sandoz der größte Neuzugang an der Schweizer Börse seit Alcon: Das ebenfalls aus dem Novartis-Konzern abgespaltene schweizerisch-amerikanische Augenheilunternehmen brachte es bei seinem Debüt im Jahr 2019 auf 28 Mrd. USD.

SCHOTT Pharma: Carve-out als Vorbereitung für IPO

SCHOTT hat sein Pharmageschäft rechtlich verselbstständigt, um seine Wachstumsstrategie weiter voranzutreiben. Seit dem 1. August geht der Geschäftsbereich im Rahmen eines Carve-outs unter dem Namen SCHOTT Pharma AG & Co. KGaA an den Start. Bis Ende des Jahres soll der Carve-out-Prozess abgeschlossen sein. Demnach wird auch über einen anschließenden Börsengang nachgedacht.

Die Pharmasparte des internationalen Technologiekonzerns ist in den vergangenen Jahren stärker als der Markt gewachsen. In einem dynamischen Markt mit hohen Eintrittsbarrieren sei SCHOTT Pharma optimal positioniert, neue Potenziale zu erschließen, so das Unternehmen.

Wachstumstreiber sind aktuell u.a. steigende Arzneimittelausgaben in Indien und China, die wachsende Nachfrage nach Biopharmazeutika, das Aufkommen neuartiger, auf der mRNA-Technik basierender Mittel oder der Trend in der Medizin zu „Ready-to-use-Lösungen“.

Dabei lässt die Konstruktion einer AG & Co. KGaA dem Unternehmen, das zu 100% der Carl-Zeiss-Stiftung gehört, die Gestaltungsmehrheit auch nach einem mög­lichen Börsengang. In Finanzkreisen wird kolportiert, dass die Deutsche Bank, die Bank of America und BNP Paribas für das IPO mandatiert wurden und der ­Börsengang in Frankfurt über die Bühne gehen solle.

Next.e.GO Mobile: Börsenpräsenz via SPAC angestrebt

Der deutsche Elektroautohersteller Next.e.GO Mobile SE, der 2015 aus der RWTH Aachen hervorgegangen ist, strebt nun offiziell via SPAC an die New Yorker Börse. Durch die Verschmelzung auf den dort gelisteten Firmenmantel Athena Consumer Acquisition Corp. sollen Next.e.GO 285 Mio. USD zufließen, wie Athena mitteilte. Nach ursprünglichen Schätzungen einer Bewertung von bis zu 2 Mrd. USD soll diese nun bei 913 Mio. USD liegen.

Neue Investoren sollen daran nicht beteiligt sein. Stattdessen soll Athena neben dem Geld der eigenen Anleger einen Kredit über 50 Mio. USD für Next.e.GO bereitstellen. Die Eigentümer von Next.e.GO sollen ebenfalls investiert bleiben.

In seiner „Micro-Factory“ in Aachen hat das Unternehmen seit 2019 mehr als 1.000 kleine Elektroautos produziert. Athena ­zufolge liegt das Potenzial der Anlage eher bei 30.000 Fahrzeugen pro Jahr. Der Bau einer zweiten Fabrik dieser Art soll noch in diesem Jahr in ­Lowetsch, Bulgarien, beginnen.

Die Mittel aus dem Börsengang sollen in die Entwicklung von Fahrzeugen und das Produktionsnetzwerk investiert werden. Zusätzlich zu seiner Aachener Produktionsstätte hat Next.e.GO Verein­barungen zum Bau von Fabriken in Griechenland und Mexiko unterzeichnet und will demnächst einen dritten europäischen Standort vorstellen.

Alibaba: Primärlisting in Hongkong

Alibaba strebt ein Primärlisting an der Börse Hongkong an. Mit dem Listing, das bis Ende 2022 erfolgen solle, hätte Alibaba dann Primärnotierungen in Hongkong und New York, wie der Konzern mitteilte. Ziel des Unternehmens ist es offi­ziell, damit mehr Investoren aus dem asiatischen Raum anzulocken. Bislang verfügt Alibaba in der asiatischen Finanzmetropole nur über ein Sekundärlisting.

Durch ein Primärlisting können die Aktien dann auch über Shanghai-Hong Kong Stock Connect an den chinesischen Festlandbörsen in Shanghai und Shenzhen gehandelt werden.

Das Unternehmen erhofft sich aber nicht nur eine Ausweitung der Investorenbasis. Der Schritt dürfte auch ein Zugeständnis an die chinesische Regierung sein, die vor einiger Zeit den Druck auf ­Internetriesen des Landes massiv erhöht hat, um seine Macht und die ihrer Eigen­tümer zu begrenzen.

Alibaba vollzog im September 2014 sein IPO an der NYSE. Das Emissions­volumen betrug knapp 21,8 Mrd. USD – bis dato ­einer der größten Börsengänge überhaupt.

Derweil hat Alibaba die Wachstums­ziele für das US-Geschäft zusammen­gestrichen. Um auch weltweit mit dem Handelsriesen Amazon mitzuhalten, hatte Alibaba vor drei Jahren die Business-to-Business-Plattform Alibaba.com gestartet – mit dem Ziel, mehr als eine Million kleine Unternehmen als Kunden an Bord zu holen. Nun wird nur noch angestrebt, jährlich 2.000 US-Unternehmen für die Plattform zu gewinnen.

SoftBank: Pläne für Arm-IPO in London zurückgezogen

Offiziell aufgrund der politischen Situation in der britischen Regierung hat die japanische SoftBank ihre Pläne für einen Börsengang des britischen Chipdesigners Arm an der London Stock Exchange (LSE) ­zurückgezogen. Ob die neue politische Lage in UK den Plan nun doch wieder reakti­viert, ist bislang nicht bekannt.

Die Rücktritte des Investitionsministers Gerry Grimstone und des Digitalministers Christopher Philp, die entscheidende Rollen in den Gesprächen führten, hatten SoftBank dazu bewogen, die Pläne einzufrieren. Auch Boris Johnson selbst hat persönlich dazu bei SoftBank-Gründer Masayoshi Son vorgesprochen.

Ursprünglich wollte SoftBank den Chipdesigner erst nur an der NASDAQ listen, hatte zuletzt aber auch London ins Auge gefasst. Nun wird wieder ein IPO lediglich in New York avisiert. Unabhängig davon hatte der japanische Konzern jedoch bereits im Mai kundgetan, einen Mehrheitsanteil an Arm behalten zu wollen. Auch Qualcomm (zusammen mit weiteren Wettbewerbern) hat angekündigt, einen Anteil an Arm erwerben zu wollen.

Mitte Juni hatte es geheißen, Arm könne bei einem Börsengang mit bis zu 60 Mrd. USD bewertet werden. Der Schritt ist vor März 2023 geplant. Ursprünglich wollte SoftBank Arm für 80 Mrd. USD an den Grafikkartenspezialisten NVIDIA verkaufen, war damit aber gescheitert. Die Japaner hatten Arm 2016 für 32 Mrd. USD gekauft.

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