Mit Schwung setzte sich das IPO-Geschäft in den Frühjahrsmonaten April und Mai fort. Damit konnte das Momentum des ersten Quartals fortgesetzt und – noch wichtiger – gehalten werden. Vor Beginn der eher ruhigen Sommermonate ist allein das ein starkes Indiz für die Robustheit des Marktes, der sich auch von Krisen wie der in der Ukraine oder im Irak nicht beirren lässt. Stattdessen steigt der Risikohunger der Anleger, die plötzlich bereit sind, auch in eher exotischere Geschäftsmodelle zu investieren. Der milliardenschwere Börsengang des chinesischen Internetkaufhauses JD.com ist hierfür sicherlich ein prominentes Beispiel. Bei der Preisgestaltung sind lediglich in Einzelfällen Übertreibungen zu entdecken. Ansonsten bleiben die Bewertungen durchaus fair und angemessen. Ein Wermutstropfen findet sich dann aber doch noch: So lag das Underpricing zuletzt auf einem 12-Monats-Tief. Ob die rückläufigen Zeichnungsgewinne in den kommenden Monaten wieder anziehen, hängt vor allem von der Entwicklung des Gesamtmarktes und der Attraktivität der IPO-Kandidaten ab.

Anzahl IPOs letzte 12 Monate. Stand: 1.6.2014
Anzahl IPOs letzte 12 Monate. Stand: 1.6.2014

Internet-IPOs aus Fernost

Während sich mit dem Börsengang von Alibaba ein in vielerlei Hinsicht rekordverdächtiges IPO ankündigt, haben im Mai schon andere chinesische B2C-Firmen die Aufnahmebereitschaft der US-Investoren durchaus erfolgreich getestet. Hierzu zählt die auf Beauty-Produkte spezialisierte Jumei International. Das Unternehmen betreibt die in China größte Webseite für Schönheitsprodukte und Kosmetik. Gerade in dieser Nische erwarten Beobachter in den kommenden Jahren ein anhaltend hohes Wachstum, wobei zunehmend das Geschäft vom klassischen Einzelhandel in den Online-Bereich abwandert.

IPO Scoreboard 2014Stand: 1.6.2014. Quelle: GoingPublic Research
IPO Scoreboard 2014Stand: 1.6.2014. Quelle: GoingPublic Research

Knapp 250 Mio. USD sammelte Jumei im Zuge des IPOs ein. Das Debüt an der NYSE verlief derweil recht überzeugend. So startete die Aktie mit einem Aufschlag von rund 23% in den Handel. Etwas gebremster fiel der Auftakt beim Online-Einzelhändler JD.com aus. Hier summierte sich der Zugewinn am ersten Tag auf knapp 15%. JD.com ist der – gemessen am Bruttoumsatz von über 20 Mrd. USD – zweitgrößte Internethändler Chinas. Die hohe Nachfrage erlaubte es, den Ausgabepreis 1 USD über die zunächst kommunizierte Spanne von 16 bis 18 USD anzusetzen. Damit flossen JD.com Bruttoeinnahmen von knapp 1,8 Mrd. USD zu, womit diese bislang den dritten Platz in der Rangliste der größten Börsengänge des Jahres einnehmen.

Zahltag für Private Equity?

Von der regen Emissionstätigkeit versuchen auch die großen Private-Equity-Adressen zu profitieren. Im aktuellen Umfeld lassen sich schließlich auch umfangreichere Exits realisieren. Erst kürzlich reichte der im Besitz von TPG befindliche Reifenhändler American Tire Distributors (ATD) die hierfür notwendigen Zulassungsunterlagen ein. Auch wenn darin nur von einem Emissionserlös von bis zu 100 Mio. USD die Rede ist, sehen Beobachter in dem Antrag lediglich einen Platzhalter. Tatsächlich könnte TPG bis zu 500 Mio. USD einsammeln. ATD befand sich zuletzt im Frühjahr 2010 in den Vorbereitungen auf einen Börsengang, wurde dann jedoch vorher von dem Private-Equity-Unternehmen für 1,3 Mrd. USD aufgekauft. Schon Ende Juni könnte das IPO des auf Deko- und Kunsthandwerksbedarf spezialisierten Einzelhändlers The Michaels Companies über die Bühne gehen. Hinter diesem stehen die Private-Equity-Häuser Bain und Blackstone. Auf Basis der genannten Preisspanne dürfen beide mit Bruttoeinnahmen von bis zu 500 Mio. USD rechnen. Der Börsenwert des Unternehmens würde sich in diesem Fall auf bis zu 3,8 Mrd. USD belaufen. Auch für den 2006 aufgekauften Einzelhändler wäre es der zweite Anlauf innerhalb recht kurzer Zeit. Zuletzt scheiterte ein Börsengang im Frühjahr 2012 am mangelnden Interesse der Anleger. Für das Anfang Mai zu Ende gegangene Geschäftsjahr 2013/14 weist Michaels einen Gesamtumsatz von 4,6 Mrd. USD aus.

Monatliche Zeichnungsgewinne in % (definiert als Differenz zwischen Schlusskurs des ersten Handelstages und Emissionspreis)
Monatliche Zeichnungsgewinne in % (definiert als Differenz zwischen Schlusskurs des ersten Handelstages und Emissionspreis)

Die großen Vier

Interessant ist der Branchenmix der Börsenneulinge in diesem Jahr. So entfallen über 80% aller IPOs auf die vier Sektoren Technologie, Energie, Healthcare und Finanzen. Unter die bis zuletzt 44 Healthcare-IPOs fallen sämtliche Börsengänge von Biotechunternehmen. Weil diese zumeist eher zweistellige Millionenbeträge einsammeln, liegen die anderen drei Branchen in der Zwischenabrechnung vor dem gemessen an der Zahl der Börsengänge führenden Gesundheitssektor. Spitzenreiter bleibt wie schon im Vorjahr der Technologiebereich, der in diesem Jahr bislang Einnahmen von 6,5 Mrd. USD erzielen konnte. Auf den Plätzen 2 und 3 folgen Energie (5,8 Mrd. USD) und Finanzen (5,6 Mrd. USD). Betrachtet man die Performance-Kennzahlen, so liegen auch dort Technologie-IPOs vorne. Mit einem Zeichnungsgewinn von durchschnittlich 24,7% lassen diese alle anderen Sektoren weit hinter sich. „Best of the rest“ sind die Branchen Consumer (+15,8%) und Healthcare (+13,9%).

Fazit

Das IPO-Geschehen zeigt sich weiterhin in einer recht robusten Verfassung. Allein die etwas rückläufigen Zeichnungsgewinne dürften manchen Investoren nicht wirklich gefallen. Ansonsten demonstriert der Markt eine hohe Aufnahmebereitschaft, die auf ein gesundes Fundament schließen lässt. Vor Beginn der ruhigeren Sommerzeit lassen sich zumindest keine Störfeuer oder größeren Brandherde erkennen. Auch die Pipeline an potenziellen Neuzugängen bleibt gut gefüllt, was bereits heute auf ein ebenfalls starkes drittes Quartal schließen lässt.

 

 

Autor/Autorin