Nein, der Plot stammt nicht aus dem neuen Kabarett-Programm von Dieter Hildebrandt, Hagen Rether oder Georg Schramm, sondern tatsächlich aus dem aktuellen Steuergesetz: Wer vom Finanzamt wissen will, wie sich diese oder jene Investition, Übernahme oder gesellschaftliche Konstruktion auf die Steuerschuld niederschlagen werde, muss zahlen. Zur Kasse, Schätzchen, heißt das Motto, und zwar nach Gegenstandswert, oder, wenn ein solcher nicht bezifferbar ist, 50 Euro pro angefangene halbe Stunde.

Das heißt: 100 Euro die Stunde für die Arbeit eines deutschen Steuerbeamten, bei einer 42-Stunden-Woche also einen Tagessatz von mehr als 800 Euro. Was ist also der größere Skandal: Die Gebühr an sich, oder deren Höhe? Der Vergleich mit Gerichtsgebühren hinkt: Niemand muss einen Zivilprozess anstrengen, aber jeder mit Einkommen Steuern zahlen. Die Begründung für die Gebühr ist geradezu epochal, und auch sie stammt nicht von Hildebrandt, Rether oder Schramm, obwohl der Verdacht verdammt nahe liegt: Das Steuerrecht werde zunehmend komplizierter, von daher sei mit einer Steigerung bei den Anfragen zu rechnen. Überlastung drohe, eine Gebühr sei daher sachgerecht. Jeder klar denkende Mensch würde versuchen, den Sachverhalt durch eine Vereinfachung des Steuerrechts zu bereinigen. Die zuständigen Ministerialen und Politiker sind indes zu einem anderen Ergebnis gelangt.

Eigentlich könnte man auch für die Nutzung der Elster-Software Geld verlangen, und ´ne schicke 0190-er-Nummer für die Finanzamt-Zentrale, Stichwort „Ruf mich an!“, würde die Kostenstruktur des Amtes weiter verbessern. Das Finanzamt als Profitcenter, das lässt Raum für weitere Innovationen. Wer in Zukunft bei der Polizei anruft, Einbrecher seien im Haus, könnte vielleicht bald nach der Kreditkartennummer gefragt werden: Erst wenn 100 Euro abgebucht sind, macht sich die Streife auf den Weg. Mit Blaulicht kostet es 150 Euro. Wegen der vielen einsickernden Banden ist nämlich mit einer starken Steigerung bei den Einbrüchen zu rechnen, womöglich wären die Beamten bald überlastet. Da muss eine kleine Hemmschwelle aufgebaut werden, nicht wahr?

Am Ende der Entwicklung steht dann eine saftige Gebühr für das Wählen. Die Parteien lassen sich schon jetzt üppige Wahlkampfkosten erstatten, charmanter Weise auch für jene, die gar nicht zur Wahl gegangen waren. Das schreit nach Ausbau. 20 Euro bei Kommunalwahlen, bis zu 100 Euro bei Bundestagswahlen, das sollte es dem Bürger doch wert sein. Umsonst ist schließlich nur der Tod. Obwohl, so eine vorauseilende Sterbegebühr bei Erreichen der Volljährigkeit, das würde die Kassen ganz schön klingeln lassen. Ob das von der Steuer absetzbar wäre? Keine Ahnung – könnte man ja beim Finanzamt mal nachfragen…

Stefan Preuß

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