Die schönste Geschichte ist diejenige vom Tausendfüßler. Der läuft tagein und tagaus durch die Gegend, und es funktioniert alles ganz prächtig. Doch eines schönen Tages kommt er plötzlich auf die Idee, zu hinterfragen, wie das eigentlich funktioniert, seine tausend Füße so zu koordinieren, dass er sich nicht selbst permanent auf die Füße tritt. Von diesem Tag an hat ihn niemand mehr laufen sehen. Und ist das nicht bei Börsianern ebenso?

Was können wir jetzt nicht alles für Sorgen haben: Die Blase ist noch da, die Bewertungen sind noch viel zu hoch, private Pleiten und Firmenkonkurse stehen erst am Anfang, die Arbeitslosigkeit wird noch weiter ansteigen, die staatlichen Programme verpuffen im Konsum, die Inflation regiert, wird nur falsch gemessen. Die Unternehmen bekommen keine Kredite und investieren nicht, die Privaten ebenfalls nicht, zudem sind überall noch Überkapazitäten zu beobachten. Die staatlichen Investitionen sind viel zu gering, da die Ausgaben zu einem Großteil nur aus Transferzahlungen bestehen.

Einzig gut ist die expansive Geldpolitik, doch auch dieses Positive wendet sich ins Negative, wenn bald die Inflation heftig anspringt. An die Sparrate gar nicht zu denken, die zwar ebenfalls positive Auswirkungen hat, aber leider zu hundert Prozent zu Lasten des Konsums finanziert wird. Und wenn dann bald die Notenbanken wieder anfangen, das ganze Geld einzusammeln, dann … oh je, wehe, wehe, wenn ich an das Ende sehe.

Man kann es jedoch auch ganz anders machen und sagen: Don’t fight the Fed and don’t fight the Budget! Geld- und Fiskalpolitik sind gegenwärtig so expansiv wie niemals zuvor in der Geschichte. Wirtschaft und die Börse sind heftig eingebrochen. Man könnte daher auch folgendermaßen argumentieren und agieren: Alle Bedenken auf einen Zettel schreiben, ihn zerknüllen und wegschmeißen. Und dafür an die Wand schreiben: Wenn sich in den nächsten Jahren die Wirtschaft und die Börsen nicht kräftig erholen und neue Höchstleistungen bringen, dann fresse ich einen Besen.

Ich bin ziemlich sicher, diese Mahlzeit bleibt Ihnen erspart.

Bernd Niquet

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