Eine Rückkehr zur wie auch immer gearteten Normalität scheint auf absehbare Zeit nicht in Sicht zu sein. Nahezu jeden Tag gibt es neue Rekorde zu vermelden: Nach der Crash-Woche vom 10. bis zum 14. April, in der der Nasdaq gleich viermal dreistellige Einbußen hinzunehmen hatte, folgte die Woche der Erholung mit zwei aufeinander folgenden Rekordanstiegen von zuerst 214 Punkten (+6,6 %) und dann 254 Punkten (+7,2 %).

Allein in diesem Jahr stehen die zehn größten Punkteeinbrüche im Nasdaq zu Buche. Zwar hat sich das Gewicht dieser Veränderungen aufgrund des mittlerweile höheren Indexstandes dementsprechend relativiert, doch sind für Platz 10 immerhin schon 153 Punkte notwendig. Aus diesen Flop 10 stammen wiederum gleich die vier größten aus dem April, was zeigt, daß das Ausmaß der Unsicherheit gerade in letzter Zeit noch weiter zugenommen hat.

Den bisherigen Gipfel der Abnormität konnte man am 4. April beobachten, als der Nasdaq-Index zur Mitte der Sitzung um 574 Punkte (-13,7 %) einbrach. Vordergründige Erklärungen machten zunächst den für Microsoft wenig angenehmen Schiedsspruch von Richter Jackson verantwortlich. Genauso schnell, wie der Nasdaq in sich zusammenbrach, erholte er sich aber auch wieder. Innerhalb einer Stunde schoß der Index bis fast auf den Vortagesstand nach oben, am Ende des Tages stand ein recht mildes Minus von nur noch 75 Punkten.

Steigende Kurse waren bis Mitte März der beste Grund für weiter steigende Kurse, zogen neue Käufer an, wie das Licht Motten anzieht. Phantasie wurde gehandelt – oftmals für viele Jahre im voraus – und teuer erkauft. Immer wieder wurde betont, daß das Umfeld für Aktien optimal sei, es eigentlich keine ernstzunehmende Alternative gebe.

Nur einen Monat später ist die Stimmung gekippt, der Nasdaq-Index zwischenzeitlich 34 % von den Höchstständen eingebrochen. Während virtuelle Unternehmen vor wenigen Wochen noch vor realen Zinsanhebungen scheinbar keine Angst verspüren mußten, sieht das Meinungsbild derzeit schon ganz anders aus. Die jüngste Ernüchterung traf vor allem die Gewinner der vorherigen Euphoriephase, die B2Bs und Biotechs. Zuvor schien kein Preis für Aktien aus diesen Sektoren zu hoch.

Auf den Vollrausch folgte der jüngste Kater. Statt Einsicht zu zeigen, ging es danach wieder von vorne los. Das bewiesen schon die beiden neuesten Rekorde von zusammen 468 Punkten Plus in zwei Handelstagen. Die jüngsten Kurskapriolen sind Ausdruck für eine komplette Orientierungslosigkeit im Bereich der High Techs. Zwar ist die nächste Feier sicherlich schon angekündigt, fraglich ist nur das Wo und Wann. Und vielleicht sollten Anleger beachten, was im normalen Leben ohnehin jeder weiß: Benebelt ist es schwer, den richtigen Kurs zu finden, nüchtern fährt es sich deutlich besser!

Die GoingPublic-Kolumne erscheint börsentäglich in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

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