Das Wort an sich ist ja schon eine ausgesprochen geschickte Schöpfung, denn es verniedlicht den Sachverhalt, um den es geht: Dass etliche Staaten, Inseln und Fürstentümer sich auf Kosten anderer Gemeinwesen auf hinreichend unappetitliche Art schlicht bereichern. Das funktioniert auf unterschiedlichen Wegen: Dubioses Stiftungsrecht, spitzfindige Gesetzgebung, die zwischen Steuerhinterziehung und -betrug unterscheidet, absurd niedrige Steuersätze für Vermögende, rudimentäres Gesellschaftsrecht, vorsätzlich fehlende Finanzkontrolle und so weiter.

Gerne wird nicht nur von neo-liberalen Vertretern darüber schwadroniert, dass Steuersätze zu hoch und die Abgabenbelastungen im Allgemeinen nicht vereinbar mit dem Anspruch seien, demzufolge sich Leistung lohnen müsse. Die aktuelle Finanzkrise zeigt indes: Der Staat als solcher ist so unnütz nicht, und im Falle des Falles wird er ja ganz gerne mal gerufen. Es dürfte weitgehend Einigkeit darüber herrschen, dass Staatsunternehmen in Bereichen wie Telekommunikation, Versorgung oder Transport allenfalls die zweitbeste Lösung sind. Bleibt als Einnahmequelle in der Hauptsache also die Erhebung von Steuern.

Wenn man so will, unterminieren die Liechtensteins, Guernseys, Bermudas und Schweiz dieser Welt die Handlungsfähigkeit anderer Staaten. Das ist völlig inakzeptabel. Man kann über die Diktion von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück und seinen Zuckerbrot-und-Peitsche-Vergleich in Richtung Schweiz geteilter Meinung sein – in der Sache kann es keine Zweifel geben, dass sein Anliegen berechtigt ist. Es muss in den aktuellen Verhandlungen gelingen, die Steueroasen auszutrocknen.

Dabei geht es um die gemeinen Steuerhinterzieher, aber auch praktische Steuerfreiheit für Hedgefonds oder andere Kapitalgesellschaften, die sich mit einem Briefkasten zum Beispiel in der Karibik ansiedeln. Aktuell ist die Gelegenheit günstig, durch gemeinsamen Druck zu internationalen Regelungen zu kommen. Das gilt auch für Länder wie Österreich, Belgien oder Luxemburg, die bisher keine Informationen über Zinseinkünfte von EU-Sparern an deren Heimatfinanzbehörden weiterleiten. Diese Länder erheben stattdessen eine anonyme Quellensteuer. Auch dieses intransparente Vorgehen muss der Vergangenheit angehören.

Stefan Preuß

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