Der Spruch zählte zu der Art markiger Unternehmens-Prosa, wie sie typischer für das Öl-Business kaum sein könnte: Die Steinzeit sei nicht aus Mangel an Steinen zu Ende gegangen, sondern weil die Menschheit bessere Werkstoffe nutzbar machen konnte, hieß es bislang. Und wenn das Ölzeitalter zu Ende gehen sollte, dann nicht aus Mangel an Öl, sondern aus anderweitigen Gründen. Die Realität sieht anders aus. Es wird Zeit, eine Tatsache schlicht zur Kenntnis zu nehmen: Das Maximum der weltweiten Ölförderung ist erreicht.

Dabei ist es völlig unerheblich, ob der Peak nun bei den täglich 81,6 Mio. Barrel, die 2007 gefördert worden sind, liegt, oder ob in den kommenden Jahren noch ein paar Barrel mehr aus dem Gestein gequetscht werden können. Die weltweite Nachfrage lässt sich nicht mehr decken. Insofern ist es nicht mutig, Preise von 200 oder 300 USD pro Fass vorauszusagen, sondern eher ängstlich. Nach wie vor gibt es keine Nachfrageelastizität mehr. Das ist im Übrigen eine Ausgangslage, von der Spekulanten nur träumen können. Ja, es wird auch noch in zehn Jahren Öl geben. Und in 20 Jahren auch. Aber nur für jene, die immense Preise zahlen können.

In dieser Phase um 10 oder 20 Gramm  Kohlendioxid hin oder her zu feilschen ist einigermaßen verantwortungslos, denn es erweckt den Eindruck, dass es die nächsten Jahrzehnte so weitergeht wie bisher. Wird es aber nicht. Forderungen, die Ökosteuer zu kippen oder die Mehrwertsteuer auf Destillate zu senken sind von geradezu atemberaubender Kurzsichtigkeit. Sie wecken aber bei den Bürgern die Hoffnung, der Spuk hoher Energiepreise sei vorübergehend. Streikaktionen wie die französischer Fischer oder spanischer LKW-Fahrer, die für billigen Diesel demonstrierten, sind Zeugnis dieses so geweckten verzweifelten Optimismus. Die Fischer hätten genauso gut das Meer auspeitschen können und die LKW-Fahrer die Autobahn, das Ergebnis wäre das Gleiche.

Aufgabe der Politik wäre es, die Abhängigkeit vom Öl mit wirklich allen denkbaren und auch heute noch weniger denkbaren Mitteln zu reduzieren und entsprechende Anreize zu schaffen. Die halbherzigen Wärmegesetze, die zum Beispiel Bestandsimmobilien von der Pflicht zur teilweisen Nutzung erneuerbarer Energien ausnehmen, sind nichts weiter als Ausweis von Verzagtheit. Tatkraft sieht anders aus. Und die Industrie? Kommt nur mit sehr kleinen Schritten voran. Ganz offenbar ist der Leidensdruck noch immer nicht hoch genug. Dabei gibt es bewährte Technologien, die noch nicht einmal subventionierter Vergütungen bedürfen. Groß-Wärmepumpen können bis zu 15 % des Gesamtenergiebedarfes der Industrie in Deutschland zur Verfügung stellen. Im Bereich der Nutzwärme, also der Energie für das Beheizen und Kühlen von Produktions-, Lager- oder Büroräumen, ist ein Anteil von 30 % realistisch. Das ist das Ergebnis einer breit angelegten Potenzialanalyse des Institutes für Energiewirtschaft & rationelle Energieanwendung (IER) der Universität Stuttgart, die jetzt während eines Symposiums des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) vorgestellt wurde. In der Realität wurden keine 100 solcher Anlagen im Jahr 2007 in Deutschland gebaut.

Statt um den CO2-Ausstoß von Fahrzeugen zu feilschen – der geht wegen des Mangels und der Verteuerung des Öls ohnehin zurück –, sollten Politik und Wirtschaft wesentlich härter daran arbeiten, die Transformation ins Nach-Öl-Zeitalter zu gestalten. Nur die, die das zuerst verstehen und dann umsetzen, haben eine Chance, zu den Gewinnern von morgen zu gehören.

Stefan Preuß

Die GoingPublic Kolumne ist ein Service des GoingPublic Magazins, Deutschlands großem Kapitalmarktmagazin. Bezogen werden kann das Magazin unter www.goingpublic.de. GoingPublic ist allein für die Inhalte der Kolumne verantwortlich. Informationen zu einzelnen Unternehmen stellen keine Aufforderung zum Kauf bzw. Verkauf von Aktien dar. Die Kolumne erscheint wöchentlich in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

Autor/Autorin