Allerdings spielt jetzt die ausgewählte Braut Dresdner Bank offenbar nicht mehr ganz mit. Geht der Bankenpoker letzten Endes aus wie das Hornberger Schießen? Eigentlich schade, daß eine schlafmützige Behörde, über deren Zukunft das letzte Wort zum Glück noch nicht gesprochen ist, Einfluß auf den marktwirtschaftlichen Prozeß der Konsolidierung in einer Branche nehmen kann. Es erscheint zudem unverständlich, daß man einem Aktionär, zumal einem Institutionellen mit ausgewiesener Branchenerfahrung und Expertise, das Stimmrecht so mir nichts dir nichts entziehen kann, nur weil der Geschäftsführer in der Vergangenheit bei der privaten Einkommensteuer geschummelt hat. Fachlich ist Hansgeorg Hofmann jedenfalls nichts vorzuwerfen. Der ehemalige Dresdner-Vorstand dürfte im Gegenteil aufgrund seiner Erfahrung und seiner weitreichenden Kontakte in der Londoner Bankenszene prädestiniert dazu sein, die festgefahrenen Strukturen auf dem deutschen Bankenmarkt aufzubrechen und die Bankenbosse in ihren Frankfurter Glaspalästen wachzurütteln, wenn nicht gar von ihrem hohen Roß herunterzustoßen.

Wenngleich es Hofmann zwar bisher noch nicht gelungen ist, auf dem internationalen Parkett einen geeigneteren Partner für die Commerzbank zu finden, so haben er und die hinter ihm stehenden Investoren immerhin den Stein ins Rollen gebracht. Die Entscheidung des BAKred hat den unmittelbar Beteiligten der Fusionsgespräche zwar wieder etwas Luft verschafft. Während man bei der Commerzbank jedoch weiter Verhandlungsbereitschaft zeigt, hat sich die Dresdner auf Bewertungsspielchen verlagert, um ihren eigenen Einfluß zu vergrößern und wahrscheinlich auch, um möglichst viele Vorstandssessel für die eigene Seite herauszuschinden. Dies kann aber weder im Interesse des eigenen Institutes noch im Interesse der Aktionäre sein. Der Kurs der Dresdner Bank-Aktie hat zwar zwischenzeitlich etwas zugelegt, ein langfristiger Wertzuwachs ist mit einer Blockade-und Schacher-Strategie jedoch noch lange nicht gesichert. Das mußte die Dresdner ja dieses Jahr bereits am eigenen Leibe erfahren, als die Fusion mit der Deutschen aufgrund von Egoismen auf beiden Seiten scheiterte. Dem Aktienkurs hat dies jedenfalls nicht gut getan.

Es sollte also im Interesse aller Beteiligten versucht werden, in absehbarer Zeit eine vernünftige Lösung zu finden, anstatt sich wieder über pingelige Bewertungsfragen zu zerstreiten. Ob die Bewertung bei einer Vollfusion zwischen Dresdner und Commerz nun 55 % zu 45 % oder 60 % zu 40 % beträgt, ist im Nachhinein ziemlich gleichgültig. Bewertungen sind erstens angesichts volatiler Märkte eh nur eine Momentaufnahme und spiegeln zweitens den wahren Wert einer Fusion nur unzureichend wider. Wie das Beispiel HypoVereinsbank gezeigt hat, schlummern oft bei einem der Beteiligten, wenn nicht sogar bei beiden, noch Leichen im Keller, die das Tauschverhältnis im Nachhinein ungerechtfertigt erscheinen lasse. Andererseits ist das Ganze oft aber auch mehr wert als die Summe seiner Teile. So könnte das neu geschaffene Institut durch eine neu überdachte Marken- und Produktstrategie einen erheblich höheren Nutzen schaffen.

Dazu wäre es indes erforderlich, alte Zöpfe abzuschneiden. Einen Anfang müsste man schon mit dem Namen machen: Statt „Dresdner und Commerzbank“ sollte man sich tunlichst etwas Neues einfallen lassen. Zumal die Markenwerte der beiden Institute nicht gerade berauschend sind. Eine Holding-Lösung hätte den Vorteil, unter dem Dach einer neuen Marke die alten Namen beibehalten zu können, in etwa: „Dresdner Bank – Die Beraterbank für Geschäftskunden“, „Dresdner Kleinwort Benson – Die Investmentbank“ und „Commerzbank – Die Privatkundenbank“. Die Versicherungsholding Ergo hat bereits erfolgreich vorgemacht, wie so etwas funktioniert. Zusätzlich hätte diese Holding den Charme, offen für weitere Partner aus dem In- und Ausland zu sein. So hätten also auch sämtliche „Wahlverwandten“ der Commerzbank sowie die strategischen Partner der Dresdner die Möglichkeit, an das neu entstandene Institut anzudocken.

Derweil übt man sich beim Dresdner-Großaktionär Allianz in vornehmer Zurückhaltung: Nachdem die Münchener beim geplatzten Deal zwischen Deutscher und Dresdner als die großen Verlierer dastanden, will man sich nicht noch einmal blamieren und wartet daher nach außen hin erst einmal die Sondierungsgespräche ab. Klar ist indes jedoch, daß die Allianz gleich in dreifacher Hinsicht an einer Lösung interessiert ist: Zum Ersten will Finanzvorstand Paul Achleitner das Beteiligungsportfolio entzerren und daher das Dresdner-Engagement möglichst schnell abbauen. Zweitens will der ehemalige Versicherungsriese seine Stellung als einer der Global Player im Asset Management weiter ausbauen. Dazu wäre ihm eine Fondsgesellschaft als Mitgift der Braut (oder des Bräutigams) gerade recht, sei es die ADIG oder der DIT. Und Drittens ist man in München auch an einem gut ausgebauten Filialnetz interessiert, um den Vertriebskanal für eigene Produkte weiter ausbauen zu können.

Auch die Allianz täte also letzten Endes gut daran, sich etwas stärker in diesem Fusionsprozeß zu engagieren und nicht nur abzuwarten, ob sich Dresdner und Commerz von selbst einigen. Schließlich tragen auch Eltern immer noch eine gewisse Verantwortung, selbst wenn ihre Kinder schon längst volljährig sind. Und eine Heirat sollte schließlich erst recht den Segen der Eltern haben.

Die GoingPublic-Kolumne erscheint börsentäglich in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

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