Bisher war von „falsch verbuchten“ 3,8 Mrd. US-$ die Rede, aber das könnte nur die Spitze des Eisbergs gewesen sein. Schwamm drüber, es rechnet ohnehin fast jeder damit, daß wohl noch die eine oder andere Milliarde mehr den Weg alles Vergänglichen gegangen ist.

In einer Pressekonferenz trat gestern Interims-CEO John Sidgmore vor die Kameras und forderte von Kunden, Aktionären und der Presse Geduld und Vernunft ein. Natürlich – wie schon bei Enron – will Sidgmore von rein gar nichts gewußt haben. Und das, obwohl er seit fünf Jahren Vizepräsident ist.

Die größte existentielle Bedrohung geht für WorldCom von denjenigen Kunden aus, die sich angesichts des Debakels verabschieden. Und hoppla, da findet sich auch die US-Regierung mit einem Spezialauftrag in mehrstelliger Milliardenhöhe. Dabei geht es um den Ausbau von sensiblen Datennetzen und deren Betrieb innerhalb und außerhalb wichtiger US-Regierungsstellen. Nichts, was man an die große Glocke hängt.

Diesen Großauftrag hatte die Bush-Regierung erst vor nicht allzu langer Zeit an WorldCom vergeben. Und zwar, weil das ursprünglich beauftrage Unternehmen für diese heikle Angelegenheit, nämlich Global Crossing, vor wenigen Monaten seinerseits schlapp achte – insolvent. Die US-Regierung wechselte zwar den Auftragnehmer, doch die Misere bleibt. Die Branche bricht derzeit aus allen Fugen.

WorldCom wird den Spezialauftrag mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht behalten, dafür wird schon der öffentliche Druck sorgen. Doch wohin damit? Ein Telecom-Unternehmen nach dem anderen, das in den Zeiten des Größenwahns Ende der 90er Jahre sich selbst, den Kurs und die Erwartungen (und die Bilanzen?) aufgepumpt hatte, geht jetzt die Luft aus. Man darf also gespannt sein, wer als nächstes das Vertrauen der US-Regierung gewinnt – vielleicht ein Kontra-Indikator?

Die GoingPublic Kolumne erscheint jeweils montags, mittwochs und freitags in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

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