Wer hätte das gedacht. Der deutsche Kleinanleger investiert wieder. Die als ausgestorben gewähnte Spezies, sie existiert noch und erfreut sich bester Gesundheit. Totgeglaubte leben eben doch länger. Zugegeben, es verwundert schon ein wenig. Was haben die Direktbanken nicht gejammert. Ihre Umsätze brächen weg, keiner wolle mehr handeln, alle hätten die Nase voll von Aktien.
Verständlich konnte man da nur sagen, hat der Neue Markt und all die sogenannten Volks-Aktien den Börsen-Neueinsteigern doch in aller Deutlichkeit gezeigt, was Börse wirklich ist und daß die Oma ihren Sparstrumpf besser nie gegen Gigabell-Aktien eingetauscht hätte. Hat sie aber, und all jene, die auf schnellen Gewinn gesetzt haben, mußten noch schnellere Verluste feststellen.
Verständlich also, daß sich viele von der Börse wieder zurückzogen, die vorher per Direktinvestment in Aktien oder als Fondsanleger engagiert waren. Um so bemerkenswerter ist deswegen das Ergebnis, welches die neueste Studie, die Infratest im Auftrag vom Deutschen Aktieninstitut (DAI) durchgeführt hat, zutage förderte. Der seit zwei Jahren anhaltende Abwärtstrend der Zahl der (direkten und indirekten) Aktionäre hat sich im zweiten Halbjahr 2001 mit einem Rückgang bei 18 % nun weitgehend stabilisiert. Das für sich genommen klingt schon erfreulich. Die Anleger laufen also nicht mehr in Scharen davon.
Weit interessanter ist allerdings noch eine andere Tatsache. Wie die Studie zeigt, hat zwar die Zahl der Fondsbesitzer weiter abgenommen, von 13,9 % auf 13 % der Bevölkerung, die Anzahl der Anleger, die direkt in Aktien investieren, nahm dagegen im Vergleich zum ersten Halbjahr deutlich von 7,3 % auf 8,3 % der Bevölkerung zu. Das ist zwar immer noch weniger als zu den Höchstständen im Jahr 2000, aber dennoch ein beruhigendes Signal – und eines zum Schmunzeln sowieso. Denn die Ergebnisse deuten darauf hin, daß eine nicht unerhebliche Zahl von Kleinanlegern mit der Performance der Fonds, die ihnen von allen Seiten aufgeschwatzt wurden, nicht wirklich zufrieden waren. Hohe Gebühren und trotzdem schlechte Performance – da wird jetzt wieder auf eigene Faust gemanagt. Obendrein mit mehr Analyse, wie es heißt.
Das läßt hoffen, ein Garant für eine Abkehr vom alten Phänomen des Herdentriebs ist das freilich nicht. Analyse ist ein weiter Begriff – nicht jeder wird nur auf seriöse Studien zurückgreifen, geschweige denn, sich immer auch wirklich intensiv mit seinem Anlageobjekt auseinandersetzen. Genauso wenig ist durch die Studie geklärt, mit welcher Summe die neuen Kleinanleger an den Markt gehen. Ist das ganze eine Investment-Entscheidung oder doch eher Spieltrieb, der mit etwas „Casino-Geld“ am heimischen PC ausgelebt wird. Und zu guter Letzt ist das erste Quartal mit einer positiven Entwicklung noch keine Trendumkehr. Was in diesem Jahr geschieht bleibt daher weiterhin offen.
Das Deutsche Aktieninstitut macht Hoffnung mit seiner Studie. Der deutsche Kleinanleger ist am Leben – und hat vielleicht sogar seine Lektion aus dem Boom der vergangenen Jahre gelernt. Die aktuelle Entwicklung steht auf tönernen Füßen, sollte sie sich aber festigen, wäre die nächste Feuertaufe – nicht die erste – bestanden.
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