Katharina Ariane Beyersdorfer, Referentin, DIRK
Katharina Ariane Beyersdorfer, Referentin, DIRK

Das Vertrauen der Bürger in staatliche und in wirtschaftliche Institutionen schwindet. Je größer ein Unternehmen, desto größer ist aber die öffentliche Wahrnehmung und umso wichtiger auch seine Akzeptanz in der Gesellschaft – beispielsweise um seine Reputation aufrecht zu erhalten oder unternehmerische Entscheidungen durchzusetzen. Das Unternehmen muss deutlich machen, dass es mit seinen Produkten und seinem Werteverständnis einen gesellschaftlichen Nutzen schafft. Hinzu kommt der Trend, dass der Kunde/Käufer vermehrt auf die Herkunft eines Produkts achtet und somit die Produktion über die gesamte Wertschöpfungskette eine Rolle spielt. Besonders die sozialen und ökologischen Komponenten der Herstellung rücken dabei verstärkt in den Mittelpunkt. Der dritte Aspekt ist eine allgemeine gesellschaftliche Tendenz: Der Bürger möchte im Vorfeld gehört und einbezogen werden. Nur wer seine Stakeholder versteht, integriert und wertschätzt, bindet sie langfristig und steigert dadurch auch ihre Loyalität dem Unternehmen gegenüber. Beispiele wie der Flughafenausbau Berlin oder Stuttgart 21 zeigen, dass der Stakeholder-Dialog vermehrt an Bedeutung gewinnt.

Der Status quo Zunächst geht es bei der gestiegenen Nachfrage nach dem gesellschaftlichen Engagement um die Unternehmensphilosophie. Die eigenen Werte müssen für die strategische Positionierung des Unternehmens formuliert und in der Organisation verankert werden, und zwar für jeden einzelnen Aspekt (Organisationseinheit, Wertschöpfung), bevor sie veröffentlicht und den Stakeholdern mitgeteilt werden können. Unter den Schlagworten „Corporate Citizenship“, „Corporate Social Responsibility“ und „Nachhaltigkeit“ wagt man dann einen Blick aus dem Unternehmen heraus. Das Bestreben, sich öffentlich verantwortlicher als der Wettbewerb zu zeigen, ist häufig das Ziel bei Sponsorings, Engagements in Kulturfragen oder ökologischen Projekten. Durch das Aufgreifen von Themen wie Müllentsorgung, Stromerzeugung oder Energieeffizienz vermittelt das Unternehmen, dass es auf die drängenden gesellschaftlichen Herausforderungen der Zeit eingeht.

Beyersdorfer Abbildung Doch es gibt nicht nur positive Beispiele. So kam es zu ersten Enttäuschungen über die vielversprechenden CSR-/Nachhaltigkeitsaktivitäten von Unternehmen und das häufig praktizierte „Greenwashing“. Denn Glaubwürdigkeit entsteht eben nicht durch das Drucken und Verteilen einer Hochglanzbroschüre. Pseudo-Nachhaltigkeitsprojekte können allenfalls kurzfristig helfen. Wenn kommunizierte Inhalte und Realität auseinanderklaffen, funktioniert dies auf Dauer nicht. Der entstandene Schaden durch den Reputationsverlust ist oft erheblich größer als die positive Öffentlichkeitswahrnehmung zuvor. Es gilt der Grundsatz: Um nach außen glaubhaft zu kommunizieren, muss intern überdacht werden, wie ich überzeugen und eine Stimmigkeit der Aussagen erzielen kann.

Viele Unternehmen haben das Thema Nachhaltigkeit in unterschiedlicher Weise und Intensität aufgegriffen und engagieren sich aktiv. Allerdings veröffentlichen erst 2.000 bis 3.000 Unternehmen von den weltweit rund 45.000 börsennotierten Unternehmen einen Bericht mit Nachhaltigkeits-Informationen (Quelle: Driving ESG Reporting Progress Through Dialogue – Report, NAEM, Juni 2011).

Das Integrated Reporting Das Konzept des Integrated Reportings versucht, den Zusammenhang zwischen finanziellen und nicht finanziellen Leistungsindikatoren herzustellen. Aus zwei nebeneinander stehenden Finanz- und Nachhaltigkeitsberichten soll im Idealfall ein Unternehmensbericht entstehen. Ziel ist es, einen gesteigerten Informationsnutzen der Berichterstattung für Investoren und andere Stakeholder des Unternehmens zu erreichen, indem eine ganzheitliche Einschätzung der Unternehmensleistung sowie der voraussichtlichen Entwicklung inklusive Chancen und Risiken ermöglicht wird. Ist das zu leisten?

Der (Finanz-)Geschäftsbericht ist ein Grundpfeiler der Finanzkommunikation eines Unternehmens. Die Erstellung des Geschäftsberichts erfordert in der Regel einen erheblichen Mitteleinsatz, zumal Gesetzgeber und Standardsetzer die formalen und inhaltlichen Anforderungen an Lagebericht, Jahresabschluss inklusive Anhang und Corporate-Governance-Berichterstattung in den letzten Jahren stark ausgeweitet haben. Bislang ist nicht zu erkennen, dass diese Anforderungen im Rahmen der Integrated-Reporting-Initiative zurückgeschraubt würden. Es steht zu befürchten, dass die Erstellung eines Integrierten Berichts nicht zu einer Entlastung, sondern zu einer zusätzlichen Belastung der Unternehmen führt.

Die ganz überwiegende Mehrheit der börsennotierten und nicht börsennotierten Unternehmen in Deutschland, die regelmäßig Geschäftsberichte erstellen, sind im internationalen Maßstab kleinere und mittelgroße Unternehmen. Ihre personellen und finanziellen Ressourcen für das Reporting sind begrenzt. Viele IR-Abteilungen sind eine One-Man- oder -Woman-Show. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass vor allem große internationale Konzerne zu den Pionieren des Integrated Reporting gehören. Der von ihnen gesetzte Standard kann kein Maßstab für kleinere oder mittelgroße Unternehmen sein. Dennoch bewegen sich Unternehmen in einem engmaschigen gesetzlichen und regulatorischen Umfeld. Für Konzernlageberichte beispielsweise ist der neue DRS 20 erstmals für Geschäftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2012 beginnen, verpflichtend anzuwenden. Er vertieft die Vorgaben zur Berichterstattung über nicht finanzielle Leistungsindikatoren. Für viele Unternehmen bedeutet dies den Einstieg in die Nachhaltigkeits-Berichterstattung.

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