Damit trennt sich der neue Eigentümer Vodafone Airtouch nach der Integration der für ihn interessanten Telekommunikationsgesellschaften (D2, Arcor, Omnitel, Infostrada) von dem Großteil der sonstigen Aktivitäten von Mannesmann, die immerhin 62 % des Gesamtumsatzes ausmachen.

Die Basis für diese Übernahme wurde bereits am 20.03. gelegt, als Siemens und Mannesmann ein weitreichendes Joint-Venture ihrer Automobiltechniksparten vereinbarten, wobei beide Seiten jeweils 50 % der Anteile halten sollten. Der wesentliche Punkt war jedoch, daß sich Siemens ein Vorkaufsrecht für die restlichen 50 % sicherte, falls Atecs an einen Dritten wie etwa Thyssen-Krupp verkauft werden sollte. Damit sicherte sich Siemens unabhängig von dem höheren Gebot schon einmal den Zugriff auf die Perlen VDO und Sachs, auf die es natürlich auch der Mitbieter abgesehen hatte.

Im Übernahmevertrag zwischen Vodafone Airtouch und Mannesmann wurde zwar grundsätzlich ein Börsengang für die Sparten Automotive und Enginneering vorgesehen, weshalb aus den einzelnen Firmen innerhalb kürzester Zeit das neue Kunstgebilde Atecs Mannesmann AG gezimmert wurde. Doch die Übernahmeofferten von Siemens/Bosch sowie Thyssen-Krupp kamen dem neuen Eigentümer gerade recht: Durch einen Verkauf konnte er wesentlich schneller Kasse machen als bei einem Börsengang. Von daher war die Entscheidung des neuen Aufsichtsratsvorsitzenden Chris Gent abzusehen, der nach der Genehmigung der Mannesmann-Übernahme durch die EU-Kommission in der letzten Woche nun auch formal das Ruder in Düsseldorf übernommen hat.

Der noch amtierende Mannesmann-Chef Klaus Esser steht somit erneut als Verlierer da, weil er den von ihm präferierten Börsengang von Atecs nicht im Aufsichtsrat durchsetzen konnte. Er scheiterte damit auch an dem Minimalziel, das Automobil- und Engineering-Geschäft von Mannesmann als eigenständige börsennotierte Gesellschaft zu erhalten, und wird sich in die Erkenntnis fügen müssen, daß die Tage des Traditionsunternehmens Mannesmann wohl nun für alle Zeiten gezählt sind. Nach der Verkaufsentscheidung wird Atecs Mannesmann von Siemens und Bosch zwar formal als paritätisches Joint Venture weitergeführt. Was von dem ehemaligen Firmenkonglomerat jedoch in der Realität übrigbleibt, steht auf einem anderen Blatt: Siemens und Bosch werden die Filetstücke untereinander aufteilen und in ihre jeweiligen Bereiche eingliedern. So will Siemens seine Automobilsparte mit Mannesmann VDO zusammenführen, und Bosch beabsichtigt, seine Automatisierungstechnik mit Mannesmann Rexroth zusammenzulegen. Andere Atecs-Firmen, wie Dematic und Krauss-Maffei, die nicht in das Konzept der neuen Eigentümer passen, werden voraussichtlich nach einer Schonfrist von drei Jahren, für die der Erhalt der jetzigen Strukturen vertraglich zugesichert ist, verkauft werden. Der gerade mit viel Marketingaufwand eingeführte Name Atecs Mannesmann wird spätestens dann wieder verschwinden.

Was für Mannesmann getreu dem Motto „back to the roots“ bleibt, ist ein stark zyklisches Röhrengeschäft, aus dem sich der frühere Montankonzern überdies längst peu-à-peu zurückgezogen hat. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis Chris Gent auch diesen für ihn uninteressanten Bereich versilbert. Das wird dann das Ende sein eines über 100-jährigen Traditionskonzerns, der wie kein anderer wegweisend war für den Wandel der deutschen Nachkriegswirtschaft: Von den Anfängen im traditionellen Stahl- und Röhrengeschäft, über die Diversifikation zu einem Maschinen- und Anlagebaukonzern bis hin zum Aufbau eines der größten Telekommunikations- und Mobilfunkanbieters in Europa.

Das Tragische ist, daß ausgerechnet die ehrgeizige Modernisierungs- und Wachstumsstragie seit Mitte der 90er Jahre, die eng mit dem Namen Klaus Esser verbunden ist, dazu geführt hat, daß der erfolgsverwöhnte deutsche Konzern, der vorher massenweise andere Unternehmen geschluckt hatte, nun selbst das Opfer eines noch größeren Mitspielers geworden ist. Für die ehemaligen Aktionäre bleibt der Trost, daß sie bei der Annahme der Übernahme-Offerte durch Vodafone oder bei Verkauf der Mannesmann-Aktie über die Börse einen guten Schnitt gemacht haben. Für Klaus Esser bleibt als Entschädigung eine stattliche Abfindung in Höhe von ca. 30 Mio. Euro. Und die verbleibenden ca. 10.000 Mitarbeiter sehen einer ungewissen Zukunft entgegen.

Die GoingPublic-Kolumne erscheint börsentäglich in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

Autor/Autorin