Als Mannesmann seine Automobilsparte veräußerte, wollte Cromme diese unbedingt ersteigern – ohne Erfolg. Die letzten Zahlen wurden schlecht aufgenommen, die Aktie ist im freien Fall und nun platzte auch noch das IPO der Thyssen Krupp Steel. Was nun, Herr Cromme?

Thyssen Krupp hat das 1,5 Mrd. Euro IPO der Thyssen Krupp Steel abgesagt. Wie das Unternehmen gestern bekanntgab, sei die Marktlage für Stahlaktien momentan einfach zu schlecht. Nun wird es immer wahrscheinlicher, daß der Stahlbereich von Thyssen mit einem anderen Unternehmen fusioniert wird.

Es stimmt durchaus, daß Stahl-Aktien sehr niedrig bewertet sind. Europäische Vergleichsunternehmen sind seit Jahresanfang um 40-50 % gefallen – ähnlich wie Thyssen Krupp selbst. Die Anteilscheine von Unternehmen wie Usinor, Corus oder VA Stahl befinden sich seit Jahresanfang im Abwärtssog. Durchschnittlich werden diese Papiere nur noch mit einem 2001er KGV von 7 gehandelt.

Die Strategie von Thyssen Krupp ist klar. Der Stahl-Bereich ist zyklisch, weist niedrige Margen auf und ist an der Börse nicht sexy. Durch die Verabschiedung aus diesem Segment und die Focussierung auf den Maschinenbau möchte Thyssen eine höhere Attraktivität für Investoren gewinnen. An diesen Plänen werden die Thyssen Manager weiterhin festhalten. Die Einbringung von Thyssen Krupp Steel in ein Joint Venture mit einem Konkurrenten wird deshalb immer wahrscheinlicher. Ein reiner Verkauf der Sparte, sei nicht geplant, so das Unternehmen. Die IPO-Pläne dürften ebenfalls auf Eis liegen. Ein zweiter Versuch eines Börsengangs könnte wohl erst im Frühjahr 2001 durchgeführt werden – so lange wird Cromme kaum warten wollen.

Seit längerem sind Gerüchte im Markt, wonach Thyssen Krupp Steel mit der französischen Usinor zusammengehen könnte. Ein Plan, der in Brüssel kaum auf große Gegenliebe stoßen dürfte. Das Gemeinschaftsunternehmen wäre nämlich die weltweite Nr.1 im Stahlbereich, vor der süd-koreanischen Posco. Weltweit ist Thyssen Krupp derzeit der drittgrößte Stahlproduzent. Auf der anderen Seite ist auch die japanische Kawasaki Steel in Gesprächen mit Usinor. Jeder spricht mit jedem, und die Konsolidierungswelle im Stahlbereich dürfte noch einige Zeit anhalten.

Nichts läuft nach Plan für Thyssen Krupp. Der Traum vom reinen Engineering-Unternehmen, mit hohen Margen, muß noch auf sich warten lassen. Im Übrigen müßte Thyssen im Maschinenbau-Bereich noch einige Zukäufe tätigen, um dort eine kritische Masse und entsprechend attraktive Margen zu erreichen. Nur hartgesottene „Bottom-Fisher“ oder überzeugte Contrarians sollten die derzeit niedrigen Kurse zum Aufbau einer Position nutzen. Aufdrängen tut sich ein solches Engagement jedenfalls nicht.

Die GoingPublic-Kolumne erscheint börsentäglich in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

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