Wie war jetzt von einem Experten zu vernehmen: „Möglicherweise funktioniert die Geldpolitik nicht mehr richtig“. Die geldpolitische Transmission sei gestört, die Realwirtschaft lasse sich durch niedrige Zinsen nicht im üblichen Maße ankurbeln, so heißt es zumindest im Konjunkturbericht des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) in Bezug auf Deutschland. Diese Einsicht der Experten kommt reichlich spät. Dabei hätte man anhand der Realtime-Experimente in Japan und seit 2001 auch in den USA durchaus früher neue Schlüsse ziehen dürfen.

So sieht das RWI Deutschland am Rande einer Rezession. Unnötig zu erwähnen, daß die neuesten Prognosen für das deutsche Wirtschafts“wachstum“ schon wieder hinfällig sind, noch bevor eine brandneue Studie überhaupt auf den Markt kommt.

Der Entscheid der EZB, die Zinsen in der letzten Woche nur zaghaft um einen Viertel Punkt zu senken, wurde fast einhellig abgeurteilt, sowohl von Ökonomen als auch von den Börsen: zu spät und zu zögerlich. Skepsis über den Konsens bleibt wie üblich angebracht. Denn zeitgleich erfährt die Tapas-Fraktion des vermeintlich neuen Europas, Spanien, einen Anstieg der Verbraucherpreise im Februar um 3,8 %, nach bereits 3,7 % im Januar, jeweils gegenüber dem Vorjahresmonat. Schon im letzten Jahr lag die Inflation in Spanien bei 4 %. Dabei blieben die Teuerungen keinesfalls auf den Ölpreis-gebeutelten Transportsektor beschränkt, sondern zogen sich quer durch alle Branchen. Da zudem fast 90 % der Bewohner der ibererischen Halbinsel auf ein eigenes Haus schwören, explodieren nicht zuletzt die Wohnungskosten.

Die strukturellen Ungleichgewichte in der EU-Zone sind schon jetzt groß. Deutschland ist der mit Abstand größte Ausgleichszahler, wird aber als Rote Laterne und Wachstumsbremse Europas verhöhnt. Dabei könnten die transferierten (und hier fehlenden) Milliarden hier zu Lande mit am besten gebraucht werden. Industrie- und Agrar-Nationen unter eine gemeinsame (Wirtschafts-)Politik zu packen, scheint schon mit den bisherigen Teilnehmern zu einem Eigentor zu avancieren, und das erst recht, wenn noch strukturschwächere Länder des Ex-Ostblocks oder noch weiter entfernt in Kürze dazustoßen sollen.

So ist jedem klar, daß die jüngste Euro-Stärke natürlich keine ist, sondern ausschließlich eine US-$-Schwäche. Sollte sich am Markt die Meinung durchsetzen, daß die US-Wirtschaft doch besser im Tritt bleibt als die Euro-Zone, so wird die europäische Gemeinschaftswährung wieder unbarmherzig nachgeben. Wie auch immer, auch im Euro-Raum funktioniert die Geldpolitik nicht richtig, wenn auch aus gänzlich anderen Gründen als in Japan oder in den Vereinigten Staaten.

Die GoingPublic Kolumne erscheint zweimal wöchentlich in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

 

Autor/Autorin