Und im Bereich Inkubatoren übernimmt die Alpenrepublik mittlerweile sogar die Vorreiterrolle. Die Bereitschaft österreichischer Unternehmen, Finanzinvestoren an Bord zu holen, steigt sprunghaft an. Das war auch dringend notwendig, denn Österreich ist mit einem Fondsvolumen von knapp 200 Mio. Euro in einem westeuropäischen Ranking am untersten Ende zu finden: Nur 0,4 % des europäischen Investitionsvolumens entfielen auf Österreich – da kommt sogar der österreichische Aktienmarkt – gemessen an seiner Kapitalisierung – mit nur 1 % auf einen höheren Prozentsatz. Schwachstellen gibt es besonders auf Investorenseite: Die österreichischen Institutionellen haben sich vielfach im Rahmen ihrer Anlagepolitik noch überhaupt nicht mit dieser alternativen Asset Class beschäftigt.

Gegenwärtig gibt es in Österreich 29 Beteiligungs-Financiers, seit 1998 hat sich damit die Zahl der Wachstumsförderer beinahe verdoppelt. Beherrscht wird die Szene zur Zeit von den unabhängigen Investoren, wobei Thomas Lenzinger (Go Equity) und Michael Tojner (GEP) besonders von sich reden machen konnten: Die beiden hatten zwar mit einer gemeinsamen Gesellschaft begonnen, gingen später aber eigene Wege. Inzwischen kommt es jedoch immer wieder zu Co-Investments, wie sie in der Venture-Branche üblich sind.

Eines dieser Co-Investments war die Salzburger Handy-Service-Firma EMTS, die im Juni an den SWX der Schweizer Börse geführt wurde. Lenzinger und Tojner konnten ihren Einsatz vervielfachen. Dazu ein kleiner Sidestep: EMTS ist das zweite Austro-Unternehmen an der Schweizer Börse; das erste war 1996 der Villacher Chipzulieferer SEZ, bei dessen IPO Falk Straschegs Technologieholding aus München einen Wertzuwachs von 5.000 % einfahren konnte. Das hatte in Österreich eine Art initialzündende Wirkung. Doch back to Vienna: Ein weiterer Referenzdeal der GEP war das IPO des Internet-Wettanbieters betandwin.com (Partner der Deutschen Fußball-Bundesliga) im März. Zusammengefaßt sind die GEP-Investments im Beteiligungsfonds HTA, der ebenfalls an der Wiener Börse notiert. Der jüngste Streich Tojners mit GEP/HTA nennt sich stage1.cc, ist seit Juli an der Wiener Börse gelistet und begründet ein eigenes Kapitel.

stage1.cc ist der erste börsenotierte Technologie-Inkubator Zentraleuropas. Das Ziel ist ambitioniert: stage1.cc will dank des First Mover-Vorteils zum Marktleader in Zentraleuropa aufsteigen. Konkurrenz hat stage1.cc (die Aktie legte in den ersten Tagen gleich um 40 % zu) bisher überraschenderweise weniger aus Deutschland, sondern vielmehr aus dem eigenen Land erhalten: Mit Blue-C (notiert mittlerweile am Neuen Markt), red-stars.com, YLine, E-Nition und marchfifteen (an dem die seit kurzem in Wien notierte JoWooD beteiligt ist) tummeln sich gleich mehrere ambitionierte Player am kleinen österreichischen Markt. Der riesige osteuropäische Markt läßt aber allen Chancen offen – Chancen, die auch deutsche Gesellschaften nicht ungenutzt lassen wollen. Gut informierten Börsenkreisen zufolge wird bereits in wenigen Wochen der erste deutsche Inkubator sein IPO durchziehen. Und zwar an der Wiener Börse – und nicht in Frankfurt.

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