Anfang Juni debütierte die Direktbank-Tochter der Commerzbank am Neuen Markt. Nach einem Ausgabepreis von 31 Euro starteten die Papiere bei 38 Euro. Über dem magischen Niveau des Ausgabepreises konnte sich Comdirect auch tatsächlich bis in den Oktober hinein halten. Und dies, obwohl sich das Börsenumfeld mehr und mehr eintrübte und auch die fundamentalen News beim Discountbroker bedenklich stimmten. Im vergangenen Quartal legte die Anzahl der Depotkunden nur noch um knapp 4 % zu.

Die Veröffentlichung dieser Zahlen blieb nicht ohne Wirkung. In der Folge konnte sich der Kurs fast zwei Wochen lang immerhin wie auf einer Schiene über der 29-Euro-Marke halten. Vermutlich wollte die „Mutter“ Commerzbank das „Junge“ noch nicht gänzlich allein dem rauhen Börsenalltag aussetzen und griff zur Kursstabilisierung schützend ein. Offenbar wurde in den vergangenen Tagen aber der Druck übermächtig: Auf einen Schlag brach die Kursstütze weg, und die Comdirect sackte am Dienstag zeitweise über 10 % auf 25,55 Euro ab. Ohne Mutterschutz sind die Comdirect-Papiere dem Marktgeschehen endgültig ausgeliefert. Daß 75 % des Emissionsvolumens, das an Privatanleger ging, eigenen Kunden zugeteilt wurde, dürfte sich wohl als Bumerang-Effekt erweisen – willkommen im Börsenalltag!

Nicht besser erging es dem ersten deutschen Fußballclub an der Börse, der Dortmunder Borussia. Schon die Plazierung der Papiere bei Privatanlegern verlief schleppender als ursprünglich angenommen. Demnach soll sich ein Großteil der 13,5 Mio. Papiere noch immer bei den Konsortialbanken Deutsche Bank, WGZ-Bank und Dresdner Bank befinden. Doch die wiegeln ab und betonen, daß sie lediglich über einen Bestand verfügen, der für den täglichen post-IPO-Handel notwendig ist. Der Handelsbestand ist nicht meldepflichtig, lediglich der Eigenbestand.

Der Kurs der Kicker-Aktien ist seit der Emission am 31. Oktober kontinuierlich gefallen. Die Dortmunder Spieler erwiesen ihren Aktionären darüber hinaus am letzten Wochenende einen Bärendienst, indem sie gegen das Bayern-Ensemble wie Bezirksliga-Debütanten wirkten und mit 2:6 wieder nach Hause geschickt wurden. Bis zum Jahresende könnte jedoch auch Ungemach von Seiten der Konsortialbanken drohen – und diese leiten es dann weiter an die Aktionäre. Große Handelspositionen werden im Rahmen der dann wieder anstehenden Risiko-Prüfung nicht besonders gerne gesehen. Abgabedruck durch die anstehenden Umschichtungen wären die Folge.

Der „Rosa Riese“ Deutsche Telekom hat in den letzten vier Jahren bewiesen, wie wichtig eine gute Kurspflege ist, damit man in naher Zukunft weitere Tranchen an den Mann oder die Frau bringen kann. Telekom-Aktionäre behielten vor der Emission der zweiten und dritten Tranche das Vertrauen und orderten die neuen Papiere – und das, obwohl auch hier die Fundamentals nicht mehr besonders überzeugend waren und auch das Pricing bei Institutionellen eher Stirnrunzeln hervorrief.

Beim Börsengang der Deutschen Post können Anleger wohl ebenfalls mit der erhofften Kursstütze rechnen. Dem Bund ist an einer stabilen Entwicklung des Schützlings gelegen, schließlich sollen auch hier weitere Tranchen folgen. Während sich die Comdirect- und erst recht die Borussia-Papiere nicht als Volksaktien eignen, dürften zukünftige Post-Aktionäre bedeutend ruhiger in die Zukunft schauen können. Sowohl die fundamentale Entwicklung als auch die – eventuell erforderlichen Stabilisierungsmaßnahmen in einem unruhigen Börsenklima – sollten aber im Auge behalten werden.

Grundsätzlich stellt sich jedoch die Frage, ob es für die Konsortialbanken nicht sinnvoller ist, auf ein faires Pricing zu drängen, als danach den Ärger mit der Kurspflege zu haben. Die Gier ist zwar menschlich, lohnt sich offensichtlich aber nicht immer.

Die GoingPublic-Kolumne erscheint börsentäglich in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

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