Knut Wichering, Büroleiter Hamburg, EquityStory AG

War der Online-Geschäftsbericht vor wenigen Jahren noch die Ausnahme, ist er nun die Regel. Heute entscheiden sich die Unternehmen ganz selbstverständlich für einen Online-Bericht. Doch mit dem Siegeszug von iPad, iPhone, Blackberry und Android-Smartphones hat sich das Nutzungsverhalten dramatisch verändert und segmentiert. Das Internet ist mobil, die Nutzer sind es auch. Die Unternehmen stehen nunmehr vor der Herausforderung, nicht nur die Inhalte zielgruppengerecht aufzubereiten, sondern auch die Form der Online-Kommunikation zu berücksichtigen. Um diese wachsende Gruppe der mobilen Nutzer zu erreichen, bieten sich nun – in Ergänzung zum Online-Bericht – zusätzliche Möglichkeiten, um dem geänderten Nutzungsverhalten gerecht zu werden.

1. Optimierung für kleinere Bildschirme

Der bisherige HTML-Geschäftsbericht wird z.B. auf den kleineren Bildschirm eines iPad optimiert. Der Aufwand ist in der Regel finanziell und in der Konzeption überschaubar. Mit der iPad-Optmierung bieten Sie rund 60% der User eines Tablet-PC (Marktanteil iPads nach ausgelieferten Geräten; Strategy Analytics Juli 2011) eine auf ihr Nutzungsverhalten abgestimmte Variante. In der abgelaufenen Berichtssaison haben davon bereits die ersten Unternehmen Gebrauch gemacht. Beispiele hierfür sind die Allianz SE oder die comdirect bank AG. Herausforderung: Das iPad hat den Anfang gemacht, in den nächsten Monaten werden weitere Tablet-PCs (vor allem mit Android-Betriebssystemen) ebenfalls auf dem Markt reüssieren bzw. sind schon heute am Markt. Damit einhergehend wird die technische Ausstattung der Tablet-PCs signifikant variieren, z.B. Browser, Bildschirmgrößen, nutzerabhängige Einstellungen, Einsatz von Flash. Hier ist eine geräteabhängige Optimierung in der Darstellung erforderlich.

2. Erste Schritte zur „GB-App“

Zusätzlich zum „klassischen“ Online-Geschäftsbericht wird eine spezielle Geschäftsberichts-App angeboten. Auch hier haben beispielsweise mit Bertelsmann, AUDI und dem OTTO Versand die ersten Unternehmen Erfahrungen sammeln können. Mit einer speziellen Geschäftsberichts-App können Sie Ihre Inhalte auch für die Nutzer mobiler Endgeräte individuell zuschneiden, gestalterische Highlights setzen. Nicht immer wird dabei der gesamte Inhalt des Geschäftsberichts eigens für die App konzipiert und umgesetzt, sondern nur ausgewählte Themen.

Commerzbank AG Geschäftsbericht 2010 – iPad-Version; Fotos: EquityStory AG

 

Die Herausforderungen einer speziellen App für den jeweils aktuellen Geschäftsbericht dürften neben dem Preis besonders in der Optimierung für die einzelnen mobilen Endgeräte sowie im nicht punktgenau steuerbaren Veröffentlichungszeitpunkt aufgrund des Veröffentlichungsprozesses über den App-Store von Apple liegen. Während der klassische Online-Geschäftsbericht üblicherweise browseroptimiert ist und damit sowohl in den aktuellen Versionen von Internet Explorer, Firefox und weiteren Browsern korrekt angezeigt wird, gibt es quasi keinen einheitlichen Standard bei der wachsenden Zahl der mobilen Endgeräte. Liegt die Kontrolle über die punktgenaue Veröffentlichung eines klassischen Online-Berichts in der Hand der Unternehmen, müssen bei einer Geschäftsberichts-App eventuell Abstriche gemacht werden. Trotz eines umfangreichen Projektmanagements für den Print-Bericht können Änderungen bis zur letzten Minute möglich sein. Beim klassischen Online-Geschäftsbericht stellt dies kein Problem dar, auch hier können Änderungen „kurz vor knapp“ vorgenommen werden. Eine Geschäftsberichts-App hingegen muss gegebenenfalls zur Autorisierung durch den App-Store-Betreiber schon ein paar Tage bis Wochen vor dem geplanten Veröffentlichungstermin an diesen versendet werden. Hierbei ergeben sich zum einen mögliche Fallstricke aufgrund des Zugangs zu noch nicht veröffentlichten Informationen an einen beschränkten Nutzerkreis. Zum anderen ist es möglich, dass die App erst deutlich später verfügbar ist als der Online-Geschäftsbericht auf der eigenen Website. Gerade für einen Online-Geschäftsbericht gilt aber, dass das höchste Nutzerinteresse am Beginn der Veröffentlichung zu verzeichnen ist. Eine mögliche Lösung: Nicht der gesamte Geschäftsbericht wird als App eingereicht, sondern „nur“ der allgemeine Rahmen. Ähnlich wie bei einer App für eine Tageszeitung, in der täglich neue Nachrichten „eingespielt“ werden, können dann die finalen Inhalte ergänzt werden – ohne den Autorisierungsprozess des App-Store-Betreibers erneut durchlaufen zu müssen.

Commerzbank AG Geschäftsbericht 2010 – iPad-Version; Foto: EquityStory AG

Ein wesentlicher Nachteil einer App liegt derzeit noch in der langen Ladezeit bzw. dem hohen Datenvolumen. Wird die GB-App beispielsweise mit einem Video ergänzt, so kann sich die Datenmenge schnell auf einige Dutzend MB erhöhen. Dies kann schnell zur Frustration bei den Nutzern führen, gerade dann wenn der Nutzer – wie in Deutschland üblich – einen volumentarifgebundenen Vertrag mit seinem Telekommunikationsanbieter abgeschlossen hat.

3. (Noch) Nichts für Smartphones

Geschäftsberichts-Apps für Smartphones haben sich bislang nicht durchgesetzt. Hier dürfte vor allem das kleine Display eines Smartphones die Hauptrolle spielen. Umfangreiche Geschäftsberichtsberichte sind daher nicht adäquat darstellbar.

4. Die allgemeine IR-App

Als Königsweg könnte sich eine allgemeine Investor-Relations-App erweisen. Diese wird – reduziert auf wesentliche Inhalte der IR – dem mobilen Nutzerverhalten gerecht und kann beispielsweise auch einen aufbereiteten Extrakt aus dem Geschäftsbericht beinhalten. Angereichert um Kursdaten, die aktuellen Nachrichten und ausgewählte IR-Informationen bietet sich in dieser Kombination ein tagesaktueller Mehrwert in der Kommunikation, die sich speziell an Tablet-PC- und/oder Smartphone-orientierte Nutzer richtet. Für die grundlegende, tiefgehende Informationsrecherche wird dann weiterhin auf die klassische Unternehmenswebsite verwiesen. Ein weiterer Vorteil der nativen IR-App liegt in der Unabhängigkeit von bestimmten Betriebssystemen, d.h. die IR-App kann auf allen gängigen Systemen ohne Verluste im Design/Darstellung abgebildet werden.

 

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