Die Auswirkungen der Mitte der neunziger Jahre gestartete Liberalisierung der Märkte und der Abbau von Handelsstrukturen versprächen nun ein neues Zeitalter für die japanische Wirtschaft. Mit knapp 20.000 Punkten notiert der Nikkei Index zur Zeit mehr als 50 % über seinem Tief vom Oktober 1998. Anleger haben den japanischen Markt wiederentdeckt, es wird schon mal das Aufleben der zweitgrößten Wirtschaftsnation der Welt gefeiert. Aber es gibt auch kritische Stimmen.

Während für die anderen Wirtschaftsregionen USA und Euroland ein Wirtschaftswachstum von 3 % oder mehr prognostiziert wird, wird Japan, wenn überhaupt, im abgelaufenen Jahr nur einen Zuwachs von 1 % erreichen. Und daß sich Japan streng genommen in einer technischen Rezession befindet, wollen wohl die wenigsten Anleger wissen. Die technische Definition einer Rezession sind zwei aufeinanderfolgende Quartale mit negativen Bruttosozialproduktzuwachs.

Für die am kommenden Mittwoch erwarteten berichtigten Zahlen für das dritte Quartal 1999 wird nicht von einem Wachstum in dieser Periode ausgegangen. Auch für das 4. Quartal wird auf Grund von niedrigerer Nachfrage aus dem privaten Sektor und geringeren Investitionen ebenfalls mit einem Rückgang gerechnet. Die Konsumenten sind aufgrund der relativ hohen Arbeitslosigkeit und der Sorge um die Altersversorgung immer noch äußerst zurückhaltend. So liegt die Arbeitslosenquote Japans erstmals über der der Vereinigten Staaten. Der industrielle Sektor weist zwar einen deutlich höheren Produktionanstieg auf, aber dies ist vor allem auf die milliardenschweren Konjunkturprogramme der Regierung zurückzuführen. Problematisch ist für Japan der deutliche Anstieg des Yen, der die Exportwerte in Mitleidenschaft zieht, außerdem kommen die Restrukturierungen auf Unternehmensebene viel zu langsam voran. Negativ werten Experten zudem den weiterhin bestehenden Mangel an politischem Willen, umfassende wirtschaftliche Reformprogramme durchzusetzen.

So waren es auch in Japan einmal mehr die High-Tech-Aktien wie Softbank oder Mobilephone Technologie International, die den japanischen Aktienmarkt beflügelten und über die doch nicht ganz so gesunde Wirtschaft Japans hinwegtäuschten. Während sich die Aktie von Softbank seit August 1999 etwa verfünffachte, sah die Entwicklung der großen Unternehmen ganz anders aus. Unternehmen wie der Autohersteller Nissan sind hochverschuldet und verzeichneten im gleichen Zeitraum einen Kursrückgang von etwa 20 %.

Auch hier in Japan heißt es also für den Investor: die richtigen Aktien auswählen. Denn im Land der aufgehenden Sonne wird es ebenso wie an allen anderen Märkten in den nächsten Monaten neben strahlenden Highflyern auch sinkende Sterne geben.

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