Mal ganz davon abgesehen, daß der Bericht über das Fiskaljahr 2001, welches am 30. September endete, erst nach sechs Monaten präsentiert werden konnte. Die Auditoren hatten ihre liebe Mühe den vorgelegten Report überhaupt abzusegnen. Warum sie es dann doch getan haben, bleibt ihr unliebsames Geheimnis.

Wurde im letzten Herbst noch ein Budget-Überschuß von 127 Mrd. US-$ prognostiziert, so liest sich das real eingetretene Defizit wie eine mittelschwere Katastrophe. Denn wie US-Finanzminister Paul O´Neill einräumen mußte, hätte Corporate America im letzten Jahr ein Minus von 515 Mrd. US-$ eingefahren, sofern er dieselben Bilanzierungsrichtlinien benutzen würde wie sie für „normale“ Unternehmen gang und gäbe sind. Klar, daß dieser Zahl schnell ein Platz unter dem Teppich beschert war.

Dieses Defizit kam ans Tageslicht, nachdem die US-Regierung u.a. Kosten für Militärangehörige im Ruhestand und für Veteranen mit einbezogen hatte. Das wurde bislang „vergessen“. Selbst damit sind aber noch zahlreiche Ausgaben für Sozialleistungen ausgeklammert, was das wahre Bild des US-Finanzzustandes weiterhin verzerrt.

Um dem 2001er Report die Krone aufzusetzen, muß festgestellt werden, daß nicht weniger als 17,4 Mrd. US-$ fehlen. Sie sind einfach nicht da. Die beiden Seiten der G&V stimmen nicht überein. Immerhin handelt es sich dabei um einen Betrag, der gut halb so hoch ist wie die von Präsident Bush durchgedrückte Steuerrückzahlung des letzten Jahres, um die so ein Palaver gemacht wurde.
 
In einer Fußnote im 130seitigen Bericht ist man verlegen um Erklärungen für diesen horrenden Schwund an Steuergeldern. Mögliche Fehlerquellen laut Bericht: unsaubere Bilanzierung von Behörden innerhalb der Regierung, nicht mehr nachvollziehbare Transaktionen von Behörden oder einfach auch zeitliche Diskrepanzen beim Reporting. Wie auch immer: wenig vertrauenerweckend. Im übrigen waren ein Jahr zuvor knapp 5 Mrd. US-$ zuviel verbucht, was natürlich auch nicht unbedingt überzeugend wirkt.

Es ist daher wohl kein Wunder, daß die US-Regierung im Kampf gegen Unternehmensbetrügereien (Stichwort: Enron) kaum bis gar nicht vorankommt, wenn nicht mal das eigene Haus richtig organisiert werden kann. Vor diesem Hintergrund sollte niemand überrascht sein, wenn die Untersuchungen im Enron-Umfeld und die Bemühungen um die Entflechtung des US-GAAP-Bilanzierungswirrwarrs über kurz oder lang im Nichts enden. Dort treffen sie dann vielleicht auf die fehlenden 17,4 Mrd. US-$.

Die GoingPublic Kolumne erscheint jeweils montags, mittwochs und freitags in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

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