Trotzdem liegt der Wert im Plus, und was geschieht? Der Kurs klettert weiter und zwar mit zunehmender Dynamik. Bis Mittag ist schon ein Zuwachs von über 15 % zu verzeichnen, und es immer noch geht es nach oben. Mit großen Sätzen legt die Notierung nun zu und erreicht kurz vor Handelsschluß schließlich ein Plus von 25 %!

Keine Angst, Sie haben nichts verpaßt. Das oben Geschilderte ist bloß ein Beispiel. Dennoch steht es exemplarisch für das, was sich auf dem Kurszettel des Neuen Marktes nicht selten abspielt: Irgendein Wert, und sei das dahinterstehende Unternehmen auch noch so schlecht, beginnt auf einmal zu laufen und legt eine Performance hin, die bei vielen Marktbeobachtern nur noch Kopfschütteln verursacht.

Was aber steckt hinter einem solchen Phänomen? Falls fundamentale Ursachen, wie oben genannt, keine Rolle gespielt haben, es also rational nicht begründbar ist, muß es anders erklärt werden. Es bleibt nur noch die Erklärung aus psychologischer Sicht, oder besser gesagt, massenpsychologischer Sicht. Der französische Arzt und Psychologe Gustave Le Bon beschrieb schon Anfang des 20. Jahrhunderts Charaktereigenschaften und Verhaltensweisen der Masse, hier die Summe der Börsenteilnehmer. Le Bon stellte fest, daß sich „die Wendung aller Gefühle und Gedanken der Gesamtheit nach einer übereinstimmenden Richtung“ vollzieht – in unserem Fall also das Gefühl, unbedingt in FortuneCity investieren zu müssen.

Das Besondere an dem Gefühl des Einzelnen innerhalb einer Masse ist darüber hinaus, daß er als Teil einer Masse meist völlig anders fühlt, denkt und handelt, als er es von sich heraus tun würde. Seien Sie ehrlich, möchten sie nicht auch mit von der Partie sein, wenn ein Kurs in die Höhe schnellt? Da spielt es doch keine Rolle mehr, daß der Wert, fundamental betrachtet, eigentlich miserabel ist. Getreu dem Motto „Dabei sein ist alles“ werfen viele ihren gesunden Menschenverstand über Bord und kaufen in den begonnenen Trend hinein. Andere folgen, und schon ist er da, der Anstieg um 20% oder mehr.

Die alles entscheidende Frage ist nun: Soll man solch einem Trend wider besseren Wissens folgen („Egal, andere kaufen auch!“) oder überlegen lächelnd dem schnellen Anstieg – auf den meist ein mindestens genauso schneller Abfall des Kurses folgt – zusehen, mit der Überzeugung, durch fundiertes Aktienresearch dafür langfristig auf der Gewinnerseite zu stehen?

Es sei einmal so ausgedrückt: Wenn Sie mit dem Begriff „Zocken“ nichts Negatives verbinden, dann können Sie durchaus solche Kurskapriolen mitmachen, auch auf die Gefahr hin, viel zu verlieren. Verstehen Sie aber ihre Anlageentscheidung als Investment, das auf einem fundierten Research basiert, dann sollten Sie sich von diesen Kursausschlägen nicht aus der Fassung bringen lassen, denn wie heißt es doch so schön: „Wer zuletzt lacht, lacht am besten!“

Die Kolumne erscheint börsentäglich in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

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