Das Unternehmen aus Redmond, USA, ist eine der erste Adressen, wenn es um schlagzeilenträchtige Hackerattacken geht. Hacker und Cracker, denen es gelingt, beim hochmütigen Software-Riesen einen „Wirkungstreffer“ zu landen, wird erfahrungsgemäß große Ehre in Hackerkreisen zuteil. Ähnlich beliebte Angriffsziele sind nur die Rechner-Bastionen der NASA und von Finanzbehörden.

Welchen Schaden der Wurm Qaz.Trojan über Wochen hinweg bei Microsoft angerichtet haben könnte, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch gar nicht abzusehen – und das ist sehr beunruhigend. Vor allem ist noch nicht deutlich geworden, was die Späher in den Microsoft-Systemen eigentlich gesucht haben. Selbstverständlich bemühte sich ein Unternehmenssprecher, den Vorfall herunterzuspielen und Schadensbegrenzung zu betreiben. Das gelang aber nur dürftig, die Überzeugungsarbeit schlug fehl. Der Windows-Quellcode könnte in den richtigen Händen ähnlich bedeutsam sein wie das bestgehütete Geheimnis der Amerikaner: die Coca Cola-Formel.

Unverständlich ist vor allem, wie die Ungezieferplage bei Microsoft überhaupt einkehren konnte. Der Qaz.Trojan-Wurm ist schon seit Juli bekannt, funktionstüchtige Abwehrmaßnahmen stehen seitdem bei Virenherstellern zum Download bereit. Für Privatanwender im übrigen sogar kostenlos. Nach dem Eindringen in das System tarnt sich der Wurm als Notepad, eine herkömmliche Windows-Anwendung, und öffnet anschließend böswilligen Eindringlingen unerkannt die Hintertür in das System. Wichtige Informationen können auf diese Weise leicht in unbefugte Hände gelangen. Böse Menschen planen böse Dinge – daher muß man erst abwarten, was die Attentäter mit dieser Spionageleistung herausgefunden haben und gegen wen sie diese Kenntnisse anwenden wollen. Alles in allem keine besonders vertrauenerweckende Situation, wenn man bedenkt, daß die ohnehin störanfälligen Microsoft-Anwendungen durch die weggekarrten Informationen noch wackeliger werden könnten.

Plänen des Ex-CEO Bill Gates zufolge sollen die vorhandenen Internet-Infrastrukturen nach und nach durch Microsoft-Produkte ersetzt werden, so der Inhalt der zukunftsgerichteten „NET-Strategie“ von Microsoft. Klar, daß eine komplette Vernetzung der Betriebssysteme und Programme im Sinne von Gates ist – zuvor hatte er schließlich auch schon die Vision, den Fernseher wie auch andere Haushaltsgeräte internetfähig werden zu lassen (mit Microsoft-Produkten natürlich). Vielleicht sollte er statt dessen vorher über die richtige Netzwerksicherheit nachdenken. Oder sie jemandem überlassen, der etwas davon versteht. In einer Zeit des voranschreitenden e-Business müssen Verteidigungsmaßnahmen gegen unerwünschten Datenklau denselben Stellenwert besitzen wie die Entwicklung neuer Produkte. Davon wird in nicht unerheblichem Maße abhängen, ob die breite Masse der User zukünftig bereit sein wird, Zahlungen und Finanzgeschäfte online durchzuführen.

Interessant ist hingegen die Kursentwicklung der Microsoft-Papiere nach Bekanntgabe des Sicherheitslecks. Der Kurs brach nicht etwa ein. Am Tag des Wurmbefalls stieg die Microsoft-Aktie kräftig um über 5 %. Vielleicht hatten Anleger ja die visionäre Vorstellung, daß die Datendiebe – möglicherweise die Russen? – das Windows-Betriebssystem verbessern und endlich funktionstüchtig machen könnten…

Die GoingPublic-Kolumne erscheint börsentäglich in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

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