Der Handy-Boom in Europa machte es möglich. Hersteller und Händler brüsteten sich mit immer neuen Verkaufsrekorden. Bald würde so gut wie jeder zu den immer Erreichbaren gehören, so das einmütige Credo. Daran ist soweit auch nichts auszusetzen, denn Handys erfreuen sich tatsächlich einer immensen Beliebtheit.

Das aber war nicht alles. Findige Köpfe arbeiteten bereits an der Verschmelzung von Handy und Internet. WAP oder „Wireless Application Protocol“ lautete die Zauberformel eines zukünftigen Milliardenmarktes. Mit dem Handy ins Internet und dort alles das tun können, was mit dem PC möglich ist, das war die große Vision. Das britische Marktforschungsunternehmen Ovum rechnete bis 2005 mit 500 Mio. Besitzern Wap-fähiger Handys, die rund 200 Mrd. US-$ im Internet ausgeben würden – letzte Zweifel am Erfolg der neuen Technik waren ausgemerzt. Eilig feilte nicht nur das Gros der Internet-Firmen an passenden Angeboten. Niemand wollte sich nachsagen lassen, er hätte den nächsten Boom verpaßt.

Soweit die Angebotsseite. Trotz oder vielmehr wegen der vollmundigen Anpreisungen der WAP-Angebote kann die bisherige Nachfrage die angebotsseitige Euphorie allerdings kaum bestätigen. Marktführer T-Mobil und Mannesmann verzeichneten bis Juli zusammen rund 1,1 Mio. WAP-Handy-Kunden. Im Vergleich zu den deutlich über 30 Mio. Mobiltelefonen in Deutschland, die nur SMS-tauglich sind, ist das ein verschwindend geringer Anteil. „Zu langsam, zu teuer, zu viele Fehlermeldungen und zu unattraktiv“ ist das vernichtende Urteil vieler Nutzer. Wer vollendete Internet-Seiten in Miniaturformat erwartet, wird enttäuscht. Eher an das alte Btx erinnern die Seiten. Die Darstellungsmöglichkeiten sind mangelhaft, und die Bedienerfreundlichkeit läßt zu wünschen übrig. Ganz zu schweigen von dem Preis, der in etwa 10mal so hoch ist wie der für die normale Internet-Nutzung.

Ohne wenn und aber auf WAP zu setzen, hat sich also bisher nicht ausgezahlt. Davon dürfte Wapme Systems ein Lied singen können. Seit Anfang Juli notiert die WAP-Aktie am Neuen Markt, und die Kursentwicklung spricht Bände: Der Emissionspreis von 20 Euro ist gleichzeitig auch All Time High; wohl dem, der bei der Zeichnung nicht berücksichtigt wurde! Die Aktie hat mittlerweile rund die Hälfte ihres Wertes eingebüßt und bewegt sich unter hoher Volatilität seitwärts. Neben der überzogenen Bewertung zur Emission ist sicherlich die verhaltene Nachfrage nach WAP-Dienstleistungen ein Hauptgrund für die miserable Kursentwicklung.

Fazit: WAP ist keine Zauberformel, sondern die falsche Rezeptur für das richtige Gericht. Der mobilen Nutzung des Internets gehört die Zukunft, darüber bestehen wenig Zweifel. Was momentan fehlt, sind die richtigen Zutaten. Dazu zählt die richtige Ergonomie der Endgeräte, eine Übertragungsgeschwindigkeit, die Freude macht, eine Gebühr, die keinem Tränen in die Augen treibt und zu guter letzt Inhalte, die einen wirklichen Mehrwert bieten. Aber kein Grund zur Sorge, wir können unbesorgt in die Zukunft blicken. Die neue Zauberformel heißt UMTS, oder etwa nicht?!

Die GoingPublic-Kolumne erscheint börsentäglich in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

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