Natürlich besitzt das Auf und Ab der größten Volkswirtschaft der Welt massiven Einfluss auf jede andere ökonomische Einheit, doch der alte Spruch, demzufolge die Weltwirtschaft Lungenentzündung bekommt, wenn die US-Märkte husten, könnte mittlerweile übertrieben sein. Mindestens besteht aber eine reelle Chance für die europäische Wirtschaft moderat weiter zu wachsen, selbst wenn zwischen Los Angeles und New York eine harte Landung hingelegt wird.

Das ist wenn man so will die positive Seite der Globalisierung. Mit China, Indien und den Ölstaaten am Golf sind wirtschaftliche Mächte erwachsen, die mittlerweile erhebliche Nachfrage generieren. Zweistellige Wachstumsraten in den Boomregionen Asiens basieren nicht mehr in der Hauptsache auf statistischen Effekten aufgrund geringer Basen, sondern sind durch handfeste Volumina hinterfüttert. Die immensen Aufträge jener Staaten mit hohen Erdölgewinnen bei deutschen Maschinenbauern, aber generell europäischen Konzernen, sind ein Beispiel dafür. Das erhöht prinzipiell die Attraktivität europäischer Aktien.

Hinzu kommt, dass in den vergangenen Jahren die Wettbewerbsfähigkeit gerade europäischer Staaten gestiegen ist. Die aktuelle Liste des Weltwirtschaftsforums weist die Schweiz vor Finnland und Schweden als „Medaillengewinner“ aus. Mit Dänemark (4.), Deutschland (8.), Niederlande (9.) und Großbritannien (10.) finden sich gleich sieben europäische Staaten unter den Top Ten. Die Rahmenbedingungen stimmen also, und die Unternehmen haben im Sinne der Gewinnfähigkeit ohnehin ihre Aufgaben gemacht – einige sind dabei sogar über das Ziel hinausgeschossen, weil sie den sozialen Frieden gefährden; ein weicher Standortfaktor, der im WEF-Ranking durchaus Beachtung findet.

Die Gefahr, dass sich bei weiterem Eintrüben der Wachstumsaussichten in den USA auch die hiesigen Aktienindices auf den Weg nach Süden machen ist nicht zu leugnen, es besteht aber durchaus die Chance, dass andere Regionen und Märkte gemeinsam die Rolle der Weltkonjunktur-Lokomotive einnehmen. Aus diesem Blickwinkel erscheinen europäische Aktien aktuell attraktiver als amerikanische.

Stefan Preuß

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